Beratungen über EU-Haushalt EU-Parlament will vier Milliarden Euro mehr für 2012

Stand: 26.10.2011 15:50 Uhr

Während in Brüssel um die EU-Gemeinschaftswährung gekämpft wird, geht es in Straßburg um den EU-Gemeinschaftsaushalt. Das Europaparlament hat über den Etat für 2012 beraten und ist zu dem Schluss gekommen: Die 129,1 Milliarden Euro, die die EU-Staaten dafür vorgesehen haben, reichen nicht.

Das EU-Parlament will im kommenden Jahr vier Milliarden Euro mehr ausgeben als die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten vorgesehen haben - hauptsächlich für Forschung und Bildung, die Flüchtlingsproblematik und eine grünere Landwirtschaft. Die EU-Parlamentarier stimmten in Straßburg für Ausgaben in Höhe von insgesamt 133,1 Milliarden Euro. Die EU-Regierungen wollen den EU-Haushalt 2012 auf 129,1 Milliarden Euro beschränken.

Bis Dezember muss ein Kompromiss gefunden werden

Im Dezember soll der Haushalt verabschiedet werden. Das EU-Parlament hat dabei ein Mitentscheidungsrecht. Das Parlament und der EU-Rat, der Regierungen der Mitgliedsstaaten repräsentiert, müssen sich somit bis Dezember auf einen Kompromiss einigen. Dazu soll im November ein Vermittlungsverfahren eingeleitet werden, an dem sich Vertreter des Parlaments und des Rats beteiligen.

Zu den wichtigsten Konfliktpunkten gehört der Kernfusionsreaktor ITER, der nach den Vorstellungen der Volksvertreter den EU-Haushalt nicht belasten sollte. Dieses Großprojekt im südfranzösischen Cadarache dürfte nach Schätzungen des Parlaments zwischen 700 und 800 Millionen Euro pro Jahr kosten und dies vielleicht für die nächsten drei Jahrzehnte. Die Abgeordneten wollen lieber die Wettbewerbspolitik und grüne Technologien fördern.

Die zusätzlichen Mittel sollen nach dem Willen des Parlaments unter anderem für die Palästinensergebiete und den Friedensprozess im Nahen Osten, für bessere Kontrollen an den EU-Außengrenzen im Mittelmeer und für den Umgang mit den Flüchtlingsströmen ausgegeben werden. Außerdem verlangen die Abgeordneten mehr Geld für Programme zur Ankurbelung der Wirtschaft, für Forschung und Innovation, für Entwicklungshilfe sowie für Subventionen für Gemüsebauern in der EU. Schließlich will das Parlament erreichen, dass die Lebensmittelhilfen für Bedürftige in bisheriger Höhe beibehalten werden. Einige Länder, darunter Deutschland, wollen diese Hilfen drastisch kürzen.

CDU-Haushaltexperte: "Maßvolle Erhöhung"

Der CDU-Haushaltsexperte Reimer Böge sprach von einer "maßvollen" Erhöhung und einem "seriösen" Haushaltsentwurf. Die nationalen Haushalte der EU-Staaten seien in den Jahren von 2000 bis 2010 um insgesamt 62 Prozent gestiegen, der Etat der EU sei im gleichen Zeitraum nur um 37 Prozent gewachsen. Die EU müsse die notwendigen Mittel haben, um ihre Wachstumsstrategie umzusetzen, verteidigte auch der portugiesische Konservative José Manuel Fernandes die Forderungen.

EU-Haushalt
Zur Finanzierung ihrer Ausgaben verfügt die EU über so genannte Eigenmittel, auf die sie einen rechtlichen Anspruch hat. Diese Mittel werden von den Mitgliedstaaten erhoben und für den EU-Haushalt bereitgestellt. Im Jahre 2010 verfügte die EU über Einnahmen von rund 123 Milliarden Euro.

Die Beiträge zum Haushalt werden in etwa proportional zur wirtschaftlichen Leistungskraft des jeweiligen Mitgliedstaates berechnet. Deutschland ist der größte Nettozahler der EU. 2010 zahlte Berlin nach Angaben der Kommission in die Gemeinschaftskasse 8,1 Milliarden Euro. Der Nettobetrag ist die Differenz aus den Einnahmen eines Landes aus der EU-Kasse und seinen Beitragszahlungen.