Risiken für die Finanzbranche Unterschätzen die Banken den Klimawandel?
Die Bundesbank kritisiert, dass sich deutsche Geldinstitute zu wenig mit den Gefahren durch die Erderwärmung auseinandersetzen. Was die Folgen sein könnten, zeigt ein "Klimastresstest" für die Branche.
Die staatliche Bankenaufsicht will Menschen bei nachhaltigen Geldanlagen helfen. "Anleger und Anlegerinnen ertrinken fast in Transparenz, aber sie haben keine Klarheit", sagte der Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Mark Branson, heute bei einer Tagung der Bundesbank in Frankfurt am Main. "Sie bekommen zu viele Informationen, die zu komplex sind." Für die BaFin sei es wichtig, für Klarheit zu sorgen, damit Anlegerinnen und Anleger vernünftige Entscheidungen treffen könnten.
Privates Geld für "grünen" Umbau
"Greenwashing zerstört Vertrauen", sagte Branson, "das ist eines der größten Risiken der Transformation". Denn für den grünen Umbau der Wirtschaft sei privates Kapital dringend nötig. Nur mit Bankkrediten gehe es nicht. "Grüne Kredite und grüne Anlagen sind nicht risikoarm", warnte Branson. "Viele Projekte werden scheitern. Das liegt in der Natur der Sache."
Als "dunkelgrün" bezeichnete Branson ökologisch und sozial einwandfreie Anlagen, die meist mit einem hohen Risiko verbunden sind, weil sie neu am Markt sind. Die meisten als nachhaltig verkauften Anlagen investierten dagegen in normale Unternehmen und schlössen lediglich Umweltverschmutzer aus. "Das hat eher geringe Wirkung für Nachhaltigkeit", urteilte Branson. Er schlug vor, eine dritte Anlageklasse anzubieten: Fonds, die in den Umbau von Unternehmen zu mehr Klimafreundlichkeit investieren. "Wir brauchen neue Wege, um privates Kapital für die Transformation von braun zu grün zu mobilisieren", sagte Branson.
"Die Handlung fehlt"
Wie der Klimawandel Banken direkt betrifft, zeigt ein "Klimastresstest". Die Bundesbank hat dabei einen drastischen Anstieg des Preises für CO2 simuliert und die Auswirkungen auf das Kreditgeschäft deutscher Banken errechnet. Insgesamt würden 16 Milliarden Euro verloren gehen, was als "eher moderat" gilt. Banken, die besonders klimaschädliche Unternehmen finanzieren, müssten bis zu zwei Prozent ihres Kreditgeschäfts abschreiben. Aber auch Volksbanken und Sparkassen, die Land- und Forstwirtschaft finanzieren oder in Überschwemmungsgebieten arbeiten, würden vom Klimawandel stark getroffen.
Die Bundesbank kritisiert, dass sich deutsche Bankmanager viel zu wenig mit Klimarisiken beschäftigen würden. "Die Handlung fehlt", sagte der Bankenaufseher Alexander Schulz. Künftig werde Nachhaltigkeit ein Schwerpunkt der Staatsaufsicht sein. Dabei gehe es nicht darum, politische Ziele durchzusetzen. Vielmehr würden Risiken des volkswirtschaftlich wichtigen Bankgeschäfts kontrolliert. "Wir machen keine Klimapolitik", sagte Susanne Korbmacher von der Bundesbank. "Unser Thema ist die Risikoperspektive."
Gefragt, ob Deutschlands Banken ihr Ergebnis des Klimastresstests erfahren könnten, verneinte Bundesbank-Aufseherin Korbmacher. Nur wenn es schlecht aussehe, werde man in Aufsichtsgesprächen mit Bankvorständen das Thema ansprechen.
Konflikte zwischen Banken und Staatsaufsicht
Die Bankenbranche fühlt sich zunehmend von Behörden gegängelt. Immer mehr Kontrolle nehme den Banken die Luft zum Atmen, kritisierte Marija Kolak, Präsidentin des Volksbanken-Verbandes unter Applaus von mehreren hundert Vertretern von Banken. Der Vorstand einer Volksbank mit 140 Vollzeitstellen berichtete am Rande der Tagung, vier Leute seien ausschließlich mit Meldungen, Berichten und Kennzahlen für die Staatsaufsicht beschäftigt. Karolin Schriever vom Sparkassenverband warnte vor einer Zukunft mit perfekter Bankenregulierung, in der für Nachhaltigkeit nichts gewonnen werde und Unternehmen nach Amerika abgewandert seien.
Der Chef der Bankenaufsicht bei der Bundesbank, Karlheinz Walch, zeigte sich unbeeindruckt. Er stellte ein neues System der Staatskontrolle vor: Die fast 1300 Banken und Sparkassen in Deutschland werden in vier Risikoklassen eingeteilt. Die beiden risikoarmen Banken würden von Anforderungen entlastet, damit bei den risikoreichen Instituten genauer hingeschaut werden könne. "Wir werden unseren aufsichtlichen Instrumentenkasten ausschöpfen", kündigte Walch an.