Übernahmespekulationen UniCredit greift nach der Commerzbank
Überraschend hat sich die italienische Großbank UniCredit einen Anteil von neun Prozent an der Commerzbank gesichert. Und offenbar wollen die Italiener noch mehr. Arbeitnehmervertreter zeigen sich alarmiert.
Die italienische UniCredit greift überraschend nach der Commerzbank. Die Italiener haben einen Aktienverkauf des Bundes genutzt und sich neun Prozent an der zweitgrößten börsennotierten deutschen Bank gesichert. Zugleich deuteten sie Interesse an einer Ausweitung ihres Engagements an. Die UniCredit ist bereits mit der Münchner HypoVereinsbank stark in Deutschland vertreten.
Der Bund hatte am Dienstagabend den Verkauf eines 4,49-prozentigen Pakets angekündigt. Heute teilte das Finanzministerium mit, dass das Paket komplett an die UniCredit gegangen sei, die das mit Abstand höchste Gebot von 13,20 Euro pro Aktie abgegeben habe. Den Erlös der Transaktion bezifferte das Ministerium auf 702 Millionen Euro. In Finanzkreisen hieß es, es sei sehr ungewöhnlich, dass alles an einen Käufer gehe. Auch die UniCredit als Käufer sei sehr überraschend.
"Möglichkeiten zur Wertsteigerung erörtern"
Die UniCredit erklärte, die Bank habe neben dem Paket des Bundes weitere Anteile am Markt erworben und halte nun einen Anteil von neun Prozent an der Commerzbank. Man werde zusammen mit dem deutschen Wettbewerber Möglichkeiten zur Wertsteigerung für die Aktionäre beider Banken erörtern. Wenn nötig, werde man regulatorische Genehmigungen für eine mögliche Ausweitung des Anteils auf mehr als 9,9 Prozent einholen.
Das löste an der Börse Spekulationen aus, die Commerzbank könne übernommen werden. Am Morgen gewann die Aktie zeitweise mehr als 17 Prozent an Wert.
Würde der Bund eine Übernahme zulassen?
Sollte die UniCredit tatsächlich eine Kontrolle der Commerzbank anstreben, käme dem Bund eine Schlüsselrolle zu. "Der Bund ist dem Gebot der Wirtschaftlichkeit verpflichtet", sagte eine Sprecherin des FDP-geführten Finanzministeriums zu dem Paketverkauf an die höchstbietenden Italiener. Ob dies aber auch für die beim Bund verbliebenen rund zwölf Prozent an der Commerzbank gilt, ist unklar.
Bekannt ist, dass der Staat seinen Anteil an der Commerzbank, den er im Zuge der Finanzkrise 2008/2009 erworben hatte, komplett abbauen will. Vor einem möglichen weiteren Engagement der UniCredit dürfte es aber eine umfangreiche kartellrechtliche Prüfung geben.
Ver.di will sich "mit allen Mitteln" wehren
Arbeitnehmervertreter zeigten sich angesichts der jüngsten Entwicklung bei der Commerzbank alarmiert. Ver.di-Gewerkschaftssekretär und Commerzbank-Aufsichtsrat Stefan Wittmann sagte dem "Handelsblatt", man werde sich mit "mit allen Mitteln" wehren. Er verwies auf die Übernahme der Münchener Hypo-Vereinsbank durch die UniCredit. Dort seien Tausende Arbeitsplätze gestrichen und viele Kompetenzen nach Mailand abgezogen worden.
Von der Bundesregierung verlangte Wittmann Hilfe: "Der Bund muss jetzt klare Kante zeigen und seine verbliebene Beteiligung von zwölf Prozent nutzen, um eine schädliche Übernahme der Commerzbank zu verhindern."
Die UniCredit ist an der Börse fast 60 Milliarden Euro wert - und könnte sich eine Übernahme der Commerzbank somit leisten. Der Börsenwert der Frankfurter liegt mit rund 15 Milliarden Euro lediglich bei rund einem Viertel davon. Schon in den vergangenen Jahren gab es Spekulationen über eine Übernahme durch die Italiener.
Vertrag von Vorstandschef Knof läuft aus
Kurzfristig kann der Bund ohnehin keine weiteren Commerzbank-Aktien abstoßen. Es bestehe nun erst einmal eine 90-tägige Sperrfrist, sagte die Sprecherin des Finanzministeriums. "Über den weiteren Umgang mit der verbliebenen Beteiligung von zwölf Prozent entscheidet der interministerielle Lenkungsausschuss zu gegebener Zeit."
Kurz vor Bekanntwerden des Paketverkaufs am Dienstagabend hatte die Commerzbank überraschend mitgeteilt, dass Vorstandschef Manfred Knof seinen Vertrag nicht verlängern wird und das Institut nach Ablauf seines laufenden Vertrags Ende Dezember 2025 verlässt.