Dow & Co. leicht im Minus US-Investoren nehmen das Tempo raus
Nach uneinheitlich ausgefallenen Konjunkturdaten sind die Wall-Street-Investoren nicht aus der Deckung gekommen. Denn der weitere Zinskurs der Notenbank erscheint derzeit unklarer denn je.
US-Anleger haben sich am Aktienmarkt angesichts gemischter Konjunktursignale zurückgehalten. Die großen Aktienindizes der Wall Street schlossen leicht im Minus, wobei die Schwankungen insgesamt gering waren.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss am Ende bei 42.454 Punkten um 0,14 Prozent tiefer. Der breiter gefasste S&P 500 gab 0,21 Prozent auf 5.780 Zähler nach. Der Index der Technologiebörse Nasdaq schloss fast unverändert bei 18.282 Punkte, der Auswahlindex Nasdaq 100 ging bei 20.241 Punkten um 0,13 Prozent leicht schwächer aus dem Handel.
Während die Inflation im September mit 2,4 Prozent leicht höher als gedacht ausfiel, stieg die wöchentliche Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe überraschend kräftig um 33.000 Anträge auf 258.000 an. Erwartet worden waren lediglich 230.000. Bei den Inflationsdaten fiel auch die für die Notenbank wichtige Kernrate ohne die volatilen Preisänderungen für Lebensmittel und Energie mit 3,3 Prozent höher aus als erwartet. Ziel der Fed ist eine Inflationsrate von 2,00 Prozent.
Die Kernrate wird von der US-Notenbank Fed besonders beachtet. Sie gibt den allgemeinen Preistrend nach Meinung von Fachleuten besser wieder als die Gesamtrate. "Die US-Notenbank kann sich noch nicht bequem zurücklehnen, was die Inflationsrisiken angeht", meint LBBW-Ökonom Elmar Völker.
Die Anleger an der Wall Street traten angesichts der gemischten Konjunktursignale den Rückzug an. Die Daten seien "sicherlich eine verwirrende Botschaft für die Märkte", sagte Cameron Dawson, Anlagestratege bei NewEdge Wealth. "Ob das bedeutet, dass die Fed in der Lage sein wird, das volle Ausmaß ihrer erwarteten Zinssenkungen umzusetzen, ist eine gute Frage."
Damit bleibt der weitere Fortgang der Zinswende in den USA erst einmal unklar. US-Notenbanker Raphael Bostic dämpfte derweil Erwartungen, dass es in diesem Jahr noch zwei Zinssenkungen in den USA geben könnte.
Er würde sich "völlig wohl" dabei fühlen, bei der kommenden Sitzung der Notenbank eine Senkung auszulassen, sagte der Präsident des Fed-Ablegers von Atlanta am Donnerstag dem "Wall Street Journal". Die Unbeständigkeit der jüngsten Inflations- und Beschäftigungsdaten könnte es rechtfertigen, die Zinssätze im November nicht anzutasten. "Ich bin auf jeden Fall offen dafür", sagte Bostic.
Neben den Wirtschaftsdaten wenden die Anleger ihre Aufmerksamkeit nun auch der kommenden US-Berichtssaison zu. Der Auftakt der Bilanzsaison am Freitag dürfte ein gewisses Maß an Volatilität an die Märkte bringen, sagte Tim Ghriskey, Chefstratege beim Investitionsberater Ingalls & Snyder. Traditionell beginnen die Banken den Zahlenreigen mit ihren Quartalsberichten.
"Nachdem die Unternehmen aus dem S&P 500 ihre Gewinne im zweiten Quartal im Jahresvergleich um 13,2 Prozent ausgebaut haben, erwarten Analysten für die begonnene Berichtssaison ein Plus von 5,0 Prozent", schreibt Ulrich Stephan, Chefanlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. Aus den Wachstumssektoren IT und Kommunikationsdienstleistungen würden mit 15,1 und 12,3 Prozent die höchsten Gewinnanstiege erwartet. Energieunternehmen dürften hingegen mit minus 21,7 Prozent den größten Gewinnrückgang erfahren, so Stephan.
Der DAX hat nach den mit Spannung erwarteten US-Inflationszahlen mit leichten Verlusten reagiert, bleibt aber auf hohem Niveau. Der Index ging am Ende bei 19.210 Punkten um 0,23 Prozent niedriger aus dem Handel und bewegte sich im Tagesverlauf zwischen 19.145 und 19.285 Punkten. Insgesamt reagierten die Anleger damit gelassen auf die für die Zinsentwicklung wichtigen US-Inflationsdaten, die höher ausfielen als erwartet.
Die Inflationsrate von 2,4 Prozent ist die niedrigste seit Februar 2021, lag allerdings über den Analystenerwartungen, was die Optimisten am Nachmittag bremste. Im September hatte sie noch bei 2,5 Prozent gelegen.
Gestern war der DAX mit einem Plus von 1,0 Prozent auf 19.254 Punkten aus dem Handel gegangen. Der MDAX der mittelgroßen Werte gab hingegen stärker um 0,71 Prozent nach und schloss bei 26.745 Zählern.
"Die etwas höher als erwarteten Inflationsraten aus den USA sind von den Anlegern lediglich zur Kenntnis genommen worden", kommentierte Analyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets. "Große Verwerfungen blieben aus, auch weil die Daten die US-Notenbank Fed von ihrem Kurs, die Zinsen 'schrittweise' zu senken, nicht abbringen dürften." Große Schritte seien angesichts der starken US-Wirtschaft und den, wenn auch abgeebbten Inflationssorgen, nicht zu erwarten. Alles in allem aber bewege sich die Teuerung langsam aber sicher auf das Zwei-Prozent-Ziel der Fed zu, und "das ist, was zählt."
Im Fokus der Anleger standen heute neben den neuen US-Wirtschaftsdaten auch Meldungen aus dem Unternehmenssektor. So hielt die Telekom heute einen Kapitalmarkttag ab, auf den die Investoren schon lange warteten. Auch italienische Pressemeldungen, nach denen der ukrainische Präsident eine Waffenstillstand für möglich hält, bewegte die Anleger.
Die Devisenmärkte reagierten kaum die US-Daten. Zuletzt wurden im US-Handel 1,0936 Dollar für die Gemeinschaftswährung bezahlt. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,0932 (Mittwoch: 1,0957) Dollar festgesetzt. Am Ölmarkt stiegen die Notierungen deutlich um rund drei Prozent.
Deutlich nach oben ging es für die Aktien der Münchener Rück und der Hannover Rück, die im DAX fast drei Prozent fester notieren und damit an der Spitze standen. MüRü erreichten im Verlauf erstmals die Marke von 500 Euro und markierten damit ein neues Rekordhoch. Hannover Rück erreichten im Tageshoch 259,20 Euro und blieben damit nur knapp unter ihrer bisherigen Bestmarke bei 261,20 Euro. Auch die in Zürich notierten Titel von Swiss Re rückten um 2,8 Prozent vor.
Einem Börsianer zufolge hatte man mit noch schlimmeren Verwüstungen und Versicherungsschäden in Florida durch Hurrikan "Milton" gerechnet. Zudem setzten Investoren offenbar darauf, dass die Prämien von den Rückversicherern wegen der Hurrikans ab 2025 stark erhöht würden, sagte der Händler. Floridas Gouverneur Ron DeSantis äußerte die Hoffnung, dass die Tampa Bay, die als potenzielles Ziel des Sturms galt, von größeren Schäden verschont bleiben könnte.
Auf der Unternehmensseite stechen im DAX auch die Aktien der Deutschen Telekom heraus, die knapp 1,7 Prozent zulegte. Die Aussicht auf eine Dividendenerhöhung trieb die Titel am Nachmittag damit auf den höchsten Stand seit rund 23 Jahren. Der konsequente Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) und ein datengetriebenes Geschäftsmodell sollen das Wachstum des Unternehmens in den kommenden Jahren ankurbeln. "Wir zünden die nächste Stufe", kündigte Telekom-Chef Tim Höttges heute in Bonn anlässlich eines Kapitalmarkttages an.
Der Vorstand der Telekom plant konkret für 2024 eine Ausschüttung von 90 Cent je Aktie - 2023 waren es noch 77 Cent je Aktie gewesen. Im Jahr 2025 sollen dann noch Aktienrückkäufe im Volumen von 2,0 Milliarden Euro hinzukommen. Der Dividendenvorschlag muss noch auf der Hauptversammlung bestätigt werden.
Der Online-Händler Zalando hebt nach einem guten Start in die Herbst- und Wintersaison seine Jahresprognose an. Für 2024 werde nun ein Umsatzwachstum von zwei bis fünf Prozent auf bis zu 10,7 Milliarden Euro sowie ein bereinigtes operatives Ergebnis (Ebit) zwischen 440 und 480 Millionen Euro erwartet, teilte das DAX-Unternehmen am Abend nach Börsenschluss mit.
Zuvor hatte Zalando ein Ebit zwischen 380 und 450 Millionen Euro angepeilt sowie stagnierende Umsätze nicht ausgeschlossen. Doch vorläufigen Zahlen zufolge lief das dritte Quartal mit einem Umsatzplus von fünf Prozent auf 2,4 Milliarden und einer Vervierfachung des Ebits auf 93 Millionen Euro überraschend gut. Analysten hatten nach Angaben des Unternehmens im Schnitt nur mit 59 Millionen Euro Ebit gerechnet. Den vollständigen Quartalsbericht will Zalando am 5. November veröffentlichen. Die Aktie legte nachbörslich zu.
Neue Hoffnungsschimmer für Friedenspläne in der Ukraine setzen heute den Papieren von Rüstungshersteller zu. Wie die italienische Tageszeitung "Corriere della Sera" berichtete, soll der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu einem Waffenstillstand entlang der aktuellen Gefechtslinie bereit sein. "Der Krieg kann 2025 enden", zitierte das Blatt Selensky vor seinem Besuch bei Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Rom.
Selenskyj verfolge dabei das Ziel, Garantien zu erhalten für eine Mitgliedschaft der Ukraine in der Europäischen Union, hieß es weiter. Unter den Neuigkeiten litten die Aktien der Rüstungskonzerne, die seit dem Beginn des Ukraine-Krieges von den Aufrüstungen des Westens erheblich profitiert hatten. Rheinmetall rutschten um 3,4 Prozent ans DAX-Ende ab, Hensoldt sinken im MDAX um 1,5 Prozent.
Auch europaweit steht der Rüstungssektor unter Druck: BAE Systems in London etwa verlieren 2,6 Prozent, Leonardo in Mailand geben rund 2 Prozent nach.
Die Deutsche Pfandbriefbank zieht unter ihrem neuen Chef Kay Wolf Konsequenzen aus ihrem jüngsten Krisenjahr. Bis 2027 soll der Anteil der Büros im Kreditbestand deutlich sinken. Stattdessen baut Wolf stärker auf die Finanzierung von Rechenzentren, Hotels und Wohnanlagen für Senioren. Er dampft das verlustreiche US-Geschäft ein und will die Abhängigkeit der Bank von Zinseinnahmen verringern.
Das bisherige Mittelfrist-Gewinnziel seines Vorgängers Andreas Arndt kommt dabei unter die Räder. Das gefällt den Anlegern nicht, im SDAX verlor das Papier deutlich über neun Prozent und stand damit am Indexende.
Der irische Billigflieger Ryanair dünnt sein Angebot in Deutschland kräftig aus. Dortmund, Dresden und Leipzig werden ab Sommer 2025 nicht mehr angeflogen, wie die Fluggesellschaft mitteilte. Das Angebot in Hamburg werde im Sommer um 60 Prozent reduziert, das in Berlin um 20 Prozent. Insgesamt werde das Angebot in Deutschland im nächsten Sommer um zwölf Prozent im Vergleich zum Sommer dieses Jahres gekürzt. 22 Strecken fielen weg. Dass Ryanair sein Angebot am Hauptstadtflughafen BER reduzieren will, ist seit August bekannt.
Die Schwäche in China und die Auslieferungssperre wegen Problemen mit einem Bremssystem machen dem Münchner Autobauer BMW zu schaffen. Im dritten Quartal sank der Absatz um 13 Prozent auf gut 540.000 Fahrzeuge, wie BMW mitteilte. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Auslieferungssperren im Zusammenhang mit dem von Continental gelieferten Bremssystem, hieß es zur Begründung. Dazu komme die Marktschwäche in China. Allein in der Volksrepublik brach der Absatz von Juli bis September um 29,8 Prozent auf knapp 148.000 Autos ein.
Der weltgrößte Flugzeugbauer Airbus hat im September kaum mehr Verkehrsflugzeuge ausgeliefert als im Vormonat. Diesmal fanden 50 Maschinen den Weg zu den Kunden. Im August hatte der Hersteller nur 47 Stück ausgeliefert - nach 77 Stück im Juli. In den ersten neun Monaten hat der Hersteller damit 497 Jets geschafft und liegt damit über 200 Maschinen vor seinem kriselnden Konkurrenten Boeing aus den USA. Das Jahresziel liegt bei 770 Jets.