Händler an der New Yorker Börse
Marktbericht

Fed schürt Rezessionssorgen Deutliche Kursverluste nach Fed-Entscheid

Stand: 21.09.2022 23:17 Uhr

Die Zinsentscheidung der Fed hat an den Börsen für Unruhe gesorgt. Die Wall Street gab nach zwischenzeitlichen Gewinnen deutlich nach. Die Rezessionsgefahr ist gestiegen.

Lange Zeit wussten die Anleger nicht, wie sie den neuerlichen großen Zinserhöhungsschritt der Fed um 0,75 Prozentpunkte interpretieren sollten. Der Dow Jones gab nach dem Entscheid zunächst nach, drehte dann kurz ins Plus, bevor er schließlich wieder zurückfiel. Der Blue-Chip-Index büßte 1,7 Prozent ein. Auch der breiter gefasste S&P 500 verzeichnete ähnlich hohe Verluste. Der technologielastige Nasdaq 100 verlor 1,8 Prozent.

Die Währungshüter signalisierten in ihrem Zinsausblick, dass sie nachlegen und die Leitzinsen bis zum Jahresende im Mittel auf ein Niveau von 4,4 Prozent anheben wollen. Ende kommenden Jahres sollen dann beim Leitzins 4,6 Prozent erreicht werden. Gleichzeitig hob die Fed ihre Inflationsprognosen an. Für dieses Jahr wird eine Inflationsrate von 5,4 Prozent und für das kommende Jahr von 2,8 Prozent erwartet. Bisher lagen die Erwartungen bei 5,2 und 2,6 Prozent.

Die Erwartungen für das Wirtschaftswachstum schraubte die Fed deutlich nach unten - von 1,7 auf 0,2 Prozent in diesem Jahr. Und auch für 2023 rechnen die Währungshüter nur noch mit einem Zuwachs von 1,2 Prozent. Mit der strengen Geldpolitik der Fed wächst das Risiko, dass die Zentralbank die Wirtschaft bald so stark ausbremsen könnte, dass Arbeitsmarkt und Konjunktur abgewürgt werden.

Fed-Chef Jerome Powell räumte ein, dass der Kurs der hohen Zinsen eine Periode des verlangsamten Wachstums und der wachsenden Arbeitslosigkeit mit sich bringe. Doch nannte er die Eindämmung der Preissteigerung als wichtigstes Ziel: "Wir müssen die Inflation überwinden. Ich wünsche mir, es gäbe einen schmerzfreien Weg, dies zu tun. Aber den gibt es nicht." Powell betonte, dass aufgrund der historischen Erfahrungen eine vorzeitige Lockerung der Geldpolitik nicht ratsam sei. Die Fed werde deshalb ihren derzeitigen Kurs gegen die Inflation weiterverfolgen, "bis der Job erledigt ist". 

Vor dem Zinsentscheid hatte noch Optimismus geherrscht. Der DAX beendete den Xetra-Handel mit einem Plus von rund 0,8 Prozent. Damit machte er die anfänglichen Verluste vom Vormittag mehr als wett. Am Morgen war der DAX bis auf 12.520 Punkte, den tiefsten Stand seit zwei Monaten, abgerutscht.

Die von Kreml-Herrscher Wladimir Putin angekündigte erste Teilmobilmachung Russlands seit dem Zweiten Weltkrieg schürte die Sorge vor einer neuen Eskalation im Ukraine-Krieg und einer drohenden Rezession in Europa. "Die Nähe der europäischen Länder zur Ukraine lässt die Menschen darüber nachdenken, wie die Situation aussehen könnte, wenn der Krieg in der Ukraine zu etwas Größerem wird", sagte Danni Hewson, Finanzanalystin beim Börsenmakler AJ Bell.

Die russische Teilmobilmachung beendete die Entspannung am europäischen Erdgas-Markt. Der europäische Future stieg in der Spitze um 8,4 Prozent auf 212,50 Euro je Megawattstunde. Am Rohölmarkt zogen die Preise ebenfalls an. Öl der Sorte Brent verteuerte sich um mehr als drei Prozent auf 93,50 Dollar pro Barrel.

Angesichts der unsicheren Gemengelage flohen Anleger in den US-Dollar. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, sprang um 0,6 Prozent auf bis zu 110,87 Punkte und erreichte ein neues 20-Jahres-Hoch von 110,79 Punkten. Dagegen sackte der Euro um bis zu 0,9 Prozent auf 0,9883 Dollar ab. Das britische Pfund verlor bis zu 0,7 Prozent auf 1,1302 Dollar und fiel auf ein neues 37-Jahres-Tief.

Update Wirtschaft vom 21.09.2022

Anne-Catherine Beck, HR, tagesschau24

Am deutschen Aktienmarkt stand heute zudem die Verstaatlichung des Energieversorgers Uniper im Fokus. Der Bund teilte am Morgen mit, er habe sich auf ein Stabilisierungspaket verständigt, bei dem er 99 Prozent der Anteile an Uniper übernehmen werde. Danach ist eine Kapitalerhöhung bei Uniper in Höhe von acht Milliarden Euro zum Preis von 1,70 Euro je Aktie geplant. Die Uniper-Aktie stürzte um fast 40 Prozent ab.

Papiere des bisherigen Mehrheitgesellschafters von Uniper, der finnischen Fortum, reagierten dagegen mit einem Kurssprung auf die Nachricht von der weitgehenden Verstaatlichung Unipers. Die Finnen werden ihr Sorgenkind los.

Im DAX konnten die Energiekonzerne RWE und E.ON überdurchschnittliche Gewinne verbuchen. Bundeswirtschaftsminister Habeck hatte angekündigt, er wolle auch nach der Verstaatlichung von Uniper an der Gasumlage festhalten. E.ON hatte sich am Morgen für eine Beibehaltung der Gasumlage ausgesprochen. Klar im Minus notierte dagegen die Aktie der Deutschen Post, die von Goldman Sachs abgestuft wurde.

Die Ankündigung einer Teilmobilmachung Russlands gab den Rüstungsaktien europaweit Auftrieb. Die Titel von Hensoldt zogen um mehr als acht Prozent an, Rheinmetall legten um mehr als zehn Prozent zu. Der italienische Konzern Leonardo, der französische Verteidigungs- und Technologiekonzern Thales, die schwedische SAAB und das britische Verteidigungsunternehmen BAE Systems stiegen ebenfalls. Ein Händler sprach von "winds of war", die den Sektor antrieben.

Der Baustoffhersteller Heidelberg Cement benennt sich um in Heidelberg Materials. Auf Konzernebene werde der neue Markenname ab sofort eingeführt, teilte das DAX-Unternehmen gestern in Heidelberg mit. Die nationalen und internationalen Tochtergesellschaften würden ab dem Jahr 2023 schrittweise umbenannt. Der Vorstand erklärte den Schritt mit dem breiteren Leistungsspektrum des Konzerns und dem Ziel, das erste klimaneutrale Unternehmen der Branche zu werden. Ab dem Jahr 2024 will man CO2-freien Zement anbieten.

Nach einer knappen Kurshalbierung im laufenden Jahr büßten Papiere von Varta weiter ein, nachdem sie gestern in der Spitze um mehr als sieben Prozent gefallen waren. "Hinter vorgehaltener Hand bauen Hedgefonds ihre Short-Positionen auf Varta weiter aus", schreibt der Bernecker Börsenbrief. Danach wetten die Investoren auf fallende Kurse und setzen auf ein Scheitern der E-Mobility-Pläne des Batterieherstellers aus dem MDAX.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 21. September 2022 um 23:40 Uhr.