Finanzminister warnt vor baldiger Zahlungsunfähigkeit Viele Griechen holen Ersparnisse von der Bank
Griechenlands Finanzminister Papakonstantinou macht Druck: Wenn nicht bald Rettungsgelder fließen, sei das Land zahlungsunfähig. Die Sorge um die Ersparnisse treibt immer Griechen dazu, ihre Bankeinlagen abzuheben. Eine Kapitalflucht ins Ausland würde die griechische Krise noch verschärfen.
Von Ulrich Pick, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Während Ministerpräsident Giorgos Papandreou den gesamten Tag über die Chefs der Oppositionsparteien über die gestrigen Privatisierungsbeschlüsse informiert, hat Finanzminister Papakonstantinou Rettungsgelder angemahnt. Wenn Griechenland nicht bald die nächste Tranche in Höhe von zwölf Milliarden Euro bekomme, müsse man in Athen – so wörtlich – "die Rollläden runtermachen".
Unterdessen holen immer mehr Griechen große Summen ihrer Geldeinlagen von den Banken. Nach Angaben der Bank von Griechenland sanken die Geldeinlagen von Privatpersonen zwischen Januar 2010 und April 2011 um mehr als 30 Milliarden Euro. Auch Unternehmen, so heißt es, zögen ihr Geld zurück. Während sie im Januar letzten Jahres 40,6 Milliarden Euro auf griechischen Banken hatten, waren es im April 2011 nur noch 33,6 Milliarden. Zudem haben auch Ausländer aus den benachbarten Balkanländern, die ihr Geld in Griechenland angelegt hatten, knapp acht Milliarden Euro abgehoben.
Flughäfen und Häfen vor dem Verkauf
Gestern hatte der griechische Ministerrat nach einer Marathonsitzung ein neues hartes Sparprogramm bekanntgegeben. Griechenland muss demnach noch in diesem Jahr sechs Milliarden Euro und bis Ende 2015 weitere 22 Milliarden Euro sparen.
Zudem wurde die Privatisierung von Staatsimmobilien und –unternehmen ins Auge gefasst. So sollen nach Worten von Regierungssprecher Petalotis die zwei größten Häfen des Landes Thessaloniki und Piräus ebenso veräußert werden wie zahlreiche Flughäfen. Darüber hinaus will man unter anderem die Restanteile der griechischen Telefongesellschaft OTE, die Postbank, die Staatslotterie OPAP, die Gaswerke DEPA und die griechische Waffenindustrie verkaufen. Durch diese Schritte, so glaubt man, könnten bis 2015 weitere 50 Milliarden in die Staatskassen fließen. Am morgigen Mittwoch werden die Kontrolleure der EU, der EZB und des IWF in Athen erwartet.