Fragliche Investitionen Was wird aus "grünem" Stahl und den Chipfabriken?
Die Haushaltskrise hat massive Auswirkungen auf den Umbau der Wirtschaft. Milliarden sollen in Klimainvestitionen in der Stahlbranche und neue Chipfabriken fließen. Nun könnte es schwierig werden, wie das Beispiel Saarland zeigt.
Es ist wie aus dem Lehrbuch für gelungenen Strukturwandel: Auf der Fläche eines ehemaligen Steinkohlekraftwerks im saarländischen Ensdorf soll eine Chipfabrik entstehen. Der deutsche Automobilzulieferer ZF und der US-Chipkonzern Wolfspeed wollen hier ab 2027 Siliziumkarbid-Halbleiter produzieren.
Zur Präsentation der Pläne Anfang des Jahres kam extra Olaf Scholz angereist. "Viel spricht dafür, dass Halbleitern aus Siliziumkarbid die Zukunft gehört, auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien, in der Telekommunikation und ganz besonders bei der Elektromobilität", so der Kanzler damals.
"Es geht um Vertrauen und Glaubwürdigkeit"
Im Saarland hatte man lange gewartet: Denn zuerst musste die EU-Kommission im Sommer beihilferechtlich grünes Licht geben, damit staatliche Fördergelder in den Aufbau der Chipfabrik fließen können. Insgesamt will Wolfspeed im Saarland 2,5 Milliarden Euro investieren, Bund und Land sollten bis zu 25 Prozent der Kosten übernehmen.
Auch ohne endgültigen Förderbescheid hat man in Absprache mit der Bundesregierung das Bauen begonnen. Seit dem Bundesverfassungsgerichtsurteil und der seitdem unklaren Fördersituation dränge die Zeit noch mehr, sagt der saarländische Wirtschaftsminister Jürgen Barke. "Wir sind da in intensiven Verhandlungen mit dem Unternehmen", so der SPD-Politiker. "Es sind erste Investitionen in den Standort bereits getätigt worden." Das sei wichtig, denn es gehe hier "um Vertrauen und Glaubwürdigkeit von Politik".
Verfassungsrechtliche Bedenken auch im Land
In den USA pumpt die Regierung mit dem "Inflation Reduction Act" und dem "Chips Act" Milliarden in die Förderung von Computerchips, E-Mobilität und den Wasserstoffausbau. Und seit dem Wochenende ist klar, dass beispielsweise Großbritannien ebenfalls Milliarden in strategisch wichtige Industrien steckt. Und in Deutschland kann Wirtschaftsminister Robert Habeck die Unternehmen bislang nur mit Worten bei der Stange halten. "Der entscheidende Satz ist, alle Projekte, die wir konzipiert haben, müssen möglich gemacht werden", so der Minister.
Die Bundesregierung muss schnell eine neue Finanzierungslösung finden. Und auch das Saarland, das selbst ein kreditfinanziertes Sondervermögen zur Transformation der Wirtschaft aufgelegt hat, muss nacharbeiten. Denn auch hier gibt es verfassungsrechtliche Bedenken. "Wir haben uns den Transformationsfonds geschaffen und werden da noch strukturell nacharbeiten", sagt Wirtschaftsminister Barke. "Wir sind in der Lage, unsere Anteile zur Finanzierung zu leisten, und im Übrigen: Wir waren mehrfach aufgefordert, auch gegenüber dem Bund zu garantieren, dass wir das können, und wir haben das schon mehrfach getan."
Förderzusagen nur für manche Konzerne
Das nächstes Problem sind mögliche Wettbewerbsverzerrungen, beispielsweise in der Stahlindustrie. Und auch hier ist das Saarland betroffen. Der Saarstahl-Konzern mit seinen 13.200 Mitarbeitern ist für den klimafreundlichen Umbau der Produktion mit einer dreistelligen Millionensumme in Vorleistung gegangen - und wartet jetzt auf Förderzusagen.
Fördermittel für den CO2-neutralen Umbau hat die Bundesregierung bislang erst einzelnen Stahlunternehmen wie Thyssenkrupp oder Salzgitter genehmigt. Der Geschäftsführer von Saarstahl, Stefan Rauber, fordert aber schnelle Lösungen: "Wir brauchen Pragmatismus und keine ordnungspolitischen Hardliner und keine wissenschaftstheoretischen Debatten, sondern wir brauchen schnelle Lösungen, besser morgen als übermorgen."
Stahl- und Halbleiterindustrie - das Saarland zeigt beispielhaft, wie dringend nach einer Finanzierungslösung für den milliardenschweren Umbau der Industrie gesucht wird. Ansonsten könnten alte Industriezweige verschwinden und neue Industriezweige anderswo in der Welt angesiedelt werden.