Weiter Streit trotz Einigung Die Maut ist noch längst nicht durch
Der Maut-Kompromiss steht und wackelt zugleich. Sowohl Rechts- als auch Rechenexperten nehmen sich jetzt das Kleingedruckte vor. Der Streit geht also trotz der Einigung zwischen Berlin und Brüssel weiter.
Kaum hat die EU-Kommission die Maut-Ampel auf Grün geschaltet, droht nun Ärger mit den deutschen Nachbarn: Die niederländische Verkehrsministerin hat bereits angekündigt, gegen die deutsche Maut vor Gericht zu ziehen. Andere könnten sich womöglich anschließen.
"Die Maut ist europafeindlich"
Aus Österreich hieß es, zwar sei mit den neuen Plänen nun "etwas besser verschleiert", dass EU-Ausländer benachteiligt würden. Ausgeräumt sei diese Diskriminierung aber nicht. So sieht das auch der Verkehrsexperte der Grünen im EU-Parlament, Michael Cramer: "Belastet werden nur die ausländischen Autofahrer, die nach Deutschland fahren. Deshalb ist das europafeindlich."
Über Monate und sogar Jahre hatte die EU-Kommission Verkehrsminister Alexander Dobrindt genau deshalb ein tiefrotes Stopp-Schild entgegen gehalten, weil der die Deutschen eins zu eins über die KfZ-Steuer entlasten wollte. Dies versucht man nun durch einen Trick zu umgehen: Die besonders umweltschonenden "Euro-6-Autos" sollen sogar mehr Geld herausbekommen, als sie durch die Maut einzahlen. Damit will man den Verdacht entkräften, die Deutschen würden auf den Cent genau entlastet.
Dobrindt hat den Brüssel-Vorteil
"Es hat von beiden Seiten Bewegung bedurft," freute sich der Chef der größten Fraktion im EU-Parlament, der EVP-Abgeordnete Manfred Weber. "Aber jetzt liegt eine Europarechts-konforme Lösung vor.“ Weber ist gleichzeitig Dobrindts CSU-Parteifreund. Es könnte für Berlin bei drohenden Rechtsstreits sicher von Vorteil sein, Brüssel auf seiner Seite zu haben.
Aber nicht nur aus Sicht der deutschen Nachbarn bleibt die Maut juristisch angreifbar: Von Anfang an hatte die CSU in Wahlkampf-Bierzelten 2013 von einer "Ausländer-Maut" gesprochen. Genau das scheint sie nun auch zu bleiben. Denn Minister Dobrindt bekräftigte in Brüssel nochmal: "Es wird keine Mehrbelastungen für inländische Autofahrer geben."
Auch finanzielle Fragen offen
Der Grünen-Verkehrsexperte Cramer hingegen wundert sich sehr, dass die EU-Kommission zwar ein Problem damit hatte, dass die Deutschen von der Maut entlastet werden sollten. Aber offenbar nicht damit, dass sie nun noch mehr herausbekommen.
Neben der rechtlichen bleiben aber noch andere Fragen offen. Finanzielle zum Beispiel, warnt der SPD-Verkehrsexperte Ismail Ertug aus dem EU-Parlament im ARD-Hörfunk: "Das Versprechen war ja auch, dass substanziell mehr Geld in die Kassen gespült werden soll. Das war ja auch Minister Schäuble ein Anliegen. Ich denke, das wird definitiv nicht erreichbar sein, weil wir es hier offenbar mit einem großen Bürokratie-Monster zu tun haben."
Keine Maut vor der Bundestagswahl
Sowohl Rechts- als auch Rechenexperten werden sich also über das Kleingedruckte in den neuen Mautplänen beugen. Dass die Straßengebühr wirklich kommt, gilt angesichts dessen keinesfalls als sicher. Wenn sie aber doch kommt, dann gewiss nicht auf der Überholspur: Vor der Bundestagswahl 2017 rechnet selbst Verkehrsminister Dobrindt nicht mit ihr.