Diskussion über neue Benzinsorte Verwirrung um angebliche Risiken von E10

Stand: 07.03.2011 05:42 Uhr

Das überraschte sogar Bundeswirtschaftsminister Brüderle: Laut einem Medienbericht gibt es beim Autobauer BMW erhebliche Bedenken gegen die Einführung des neuen Treibstoffs E10. Und selbst wenn BMW dem inzwischen widersprach: Die Verbraucher sind maximal verunsichert. Viel zu tun morgen beim "Benzin-Gipfel".

Ein Bericht der "Welt am Sonntag" hat am Wochenende Verwirrung über die Unbedenklichkeit des neuen Kraftstoffs E10 ausgelöst. Denn angeblich, so schrieb das Blatt, soll E10 auch bei modernen Autos Probleme machen. Kronzeuge der "WamS" war der Leiter der Mechanikentwicklung bei BMW, Thomas Brüner. Durch den hohen Ethanolanteil von zehn Prozent im Benzin nehme die Wassermenge im Motor zu, soll Brüner der Zeitung zufolge gesagt haben.

Mehrkosten durch häufigere Ölwechsel?

Das Wasser kondensiere aus den Verbrennungsgasen und gelange ins Öl, das dadurch verdünnt werde und schneller altere, schrieb die "WamS" weiter unter Berufung auf Brüner. Das bedeute wiederum kürzere Ölwechselintervalle zulasten des Kunden. Um die 200 Euro koste so ein Ölwechsel bei einem Sechszylinder, rechnete die Zeitung vor.

BMW-Konzern: E10 unbedenklich

Der BMW-Konzern hatte allerdings erst vor kurzem erklärt, dass E10 für alle BMW-Pkw unbedenklich sei. Lediglich einige ältere Modelle benötigten unabhängig vom Ethanolgehalt aufgrund der höheren Oktanzahl Super Plus.

Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) äußerte sich denn auch "befremdet" über die Angaben Brüners. VDB-Geschäftsführer Elmar Baumann kritisierte auch, dass BMW weitere Tests, die das Unternehmen laut "WamS" gemeinsam mit dem Daimler-Konzern plant, nicht schon früher vorgenommen habe.

Derweil ist nicht klar, in welchem Zusammenhang Brüner seine Aussagen überhaupt gemacht hat. Nach Angaben des Branchendienstes "Auto-Reporter" soll sich Brüner nämlich über Kraftstoffqualität außerhalb der EU geäußert haben. "Auto-Reporter" zitiert den Entwicklungsvorstand des Konzerns, Klaus Draeger, mit der Aussage, an der Unterstützung von BMW für die Einführung von E10 habe sich nichts geändert.

Zitat
"Entgegen aktueller, anderslautender Medienberichte bekräftigen wir unsere Aussage, dass grundsätzlich in allen BMW Pkw Modellen sämtlicher Baujahre der unbedenkliche Einsatz von E10 Kraftstoffen möglich ist. Einige wenige ältere BMW Fahrzeuge benötigen aus Gründen der Klopffestigkeit Super Plus ROZ 98. Diese Fahrzeuge eignen sich daher unabhängig vom Ethanolgehalt nicht für Superkraftstoff."

Brüderle: "Bin irritiert"

Auf die in der "WamS" wiedergegebenen Äußerungen Brüners reagierte auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle im Bericht aus Berlin irritiert. Offenbar seien viele Informationen nicht weitergegeben worden. Brüderle forderte die Industrie auf, ihrer Informationspflicht nachzukommen: "Es ist Aufgabe der Mineralölwirtschaft, ihre Kunden über das zu informieren, was sie verkaufen. Die Fahrzeughersteller müssen klare Auskunft darüber geben, ob E10 für die Motoren geeignet sind, die sie verkaufen."

"Benzin-Gipfel" am Dienstag

Brüderle schloss nicht aus, dass das Kraftfahrtbundesamt die Halter anschreibt, deren Autos durch E10 beschädigt werden könnten. Morgen will Brüderle diese Maßnahme und das weitere Vorgehen auf dem "Benzin-Gipfel" erörtern. Teilnehmen werden Umweltminister Norbert Röttgen, Verbraucherministerin Ilse Aigner, Verkehrsminister Peter Ramsauer sowie Automobilverbände, die Autoclubs ADAC und AvD, Verbände der Mineralölwirtschaft, die Bioethanol-Branche, der Bauernverband und die Verbraucherzentralen.

Röttgen: "Weniger Abhängigkeit vom Öl"

Bundesumweltminister Röttgen verteidigte den neuen Kraftstoff erneut. "Die Einführung von Biokraftstoffen dient dazu, unsere Abhängigkeit vom Öl zu reduzieren. Darüber gibt es einen Konsens über die Parteigrenzen hinweg", sagte er. Röttgen widersprach der Behauptung, der mit biologisch gewonnenem Ethanol versetze Sprit würde zwangsweise eingeführt: "Die Politik verpflichtet die Industrie lediglich zur Einhaltung einer bestimmten Biokraftstoffquote, die zwar gestiegen, aber nicht neu ist und bislang immer so gut wie erfüllt werden konnte."

Brüderle sagte dazu im Bericht aus Berlin, der Ansatz, die Quote über die Einführung von E10 zu erfüllen, sei im Prinzip richtig. Er sei aber nicht richtig vorbereitet und umgesetzt worden: "Die EU macht die Vorgabe, dass 5,75 Prozent Biokraftstoffe den Kraftstoffen insgesamt beigemischt werden müssen. In Deutschland haben wir einen etwas höheren Ansatz von 6,25 Prozent. Rein theoretisch könnte man auch reine Biokraftstoffe anbieten und damit versuchen, die Quote zu erfüllen. Die wären aber sehr teuer und müssten massiv subventioniert werden."

E10 wird seit Beginn des Jahres in Deutschland eingeführt. Damit soll der Ausstoß des Klimagases CO2 reduziert werden - trotz der Mahnung von Umweltverbänden, die glauben, dass die Klimabilanz von E10 sogar negativ ist. Viele verunsicherte Autofahrer tanken nun Super Plus, obwohl dieser Kraftstoff teurer ist. Wirtschaftsminister Brüderle betonte, E10 werde nur ein Erfolg, wenn die Verbraucher davon überzeugt seien, dass dies für ihr Fahrzeug der richtige Treibstoff sei.