Gespräche zum Freihandelsabkommen EU und USA verhandeln wieder
Die sechste Runde der Gespräche zwischen der EU und den USA über das geplante Freihandelsabkommen hat begonnen. In Deutschland ist die Kritik daran groß. Und der Widerstand formiert sich.
Seit einem Jahr verhandeln die Teams aus Brüssel und Washington über das Handelsabkommen, aber von der Zielgeraden ist man noch meilenweit entfernt. Alles bewege sich noch in einem ziemlich frühen Stadium, sagt Lutz Güllner vom Expertenteam der EU-Kommission. "Wir haben noch keine Ergebnisse. Wir sind noch nicht mal richtig in medias res gegangen, etwa bei Fragen, welchen Text man vorantreiben möchte. Wir haben gerade die ersten Offerten ausgetauscht, das heißt, welche Zölle man sich gegenseitig anbietet."
Die EU hat sich in ihrer Offerte bereit erklärt, die Zölle auf US-Einfuhren zu 96 Prozent abzubauen, also fast vollständig. Die Amerikaner zeigen sich da wesentlich weniger entgegenkommend. Selbst auf dem Gebiet, das allgemein als das unproblematischste angesehen wird, sind beide Seiten noch weit voneinander entfernt.
Knackpunkte Dienstleistungen und Energie
In der sechsten Verhandlungsrunde wird es vor allem um Dienstleistungen, den Energiesektor und um öffentliche Ausschreibungen gehen. Auch da sind es eher die Amerikaner, die sich gegen eine Öffnung der Märkte sperren. So gilt in etlichen Bereichen immer noch, dass staatliche Behörden Aufträge nur an US-Firmen vergeben dürfen. Und es gibt Ausfuhrbeschränkungen für amerikanisches Gas und Öl nach Europa.
Für die Wirtschaft besonders interessant ist der Abbau von technischen Handelshemmnissen. Die Vorschriften, wie Produkte getestet werden, welche Anforderungen an die Sicherheit und den Umweltschutz sie erfüllen müssen, sind auf beiden Seiten des Atlantiks sehr unterschiedlich. "Und da wollen wir rangehen - also letztlich so eine Art transatlantischer Bürokratieabbau", sagt EU-Handelsexperte Güllner. Die europäische Wirtschaft, so haben es Ökonomen berechnet, könnte durch den besseren Zugang zum amerikanischen Markt um mehr als 100 Milliarden Euro im Jahr zulegen.
Noch ein langer Weg
Das ist zumindest das Ziel - ein sehr ehrgeiziges Ziel. Und das nicht nur, weil die Vorstellungen der Verhandlungspartner über den Vertragstext noch sehr weit auseinander liegen. Vor allem nimmt der Widerstand der Öffentlichkeit gegen das transatlantische Handelsabkommen immer mehr zu. Die Kritiker befürchten eine Absenkung sozialer und ökologischer Standards. Sie fürchten, dass die Amerikaner die Einfuhr von Chlorhähnchen, Hormonfleisch und genmanipulierten Lebensmitteln nach Europa durchsetzen.
Der Widerstand organisiert sich
Am Dienstag will daher ein Bündnis aus mehr als 100 zivilgesellschaftlichen Organisationen in Brüssel eine europäische Bürgerinitiative starten - mit dem Ziel, die EU-Kommission zur Einstellung der Verhandlungen zu bewegen. Die Organisatoren sind zuversichtlich, die notwendige Zahl von einer Million Unterschriften zusammen zu bekommen.
EU-Handelskommissar Karel De Gucht hat auf den Druck der Öffentlichkeit bereits reagiert. So legte er die Gespräche über einen besonders umstrittenen Punkt, den Schutz ausländischer Investoren durch unabhängige Schiedsgerichte, auf Eis und startete eine europaweite Konsultation. Die geht in dieser Woche zu Ende, und mehr als 100.000 Interessenten haben sich daran beteiligt.
Außerdem lädt die EU-Kommission auch während dieser Verhandlungsrunde wieder Vertreter der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft ein, um sie über den Stand der Verhandlungen zu informieren.
Ärger über Geheimniskrämerei
Aber ihre genaue Verhandlungsposition will die EU-Kommission nicht veröffentlichen. Etwas, was auch die eigentlich für das Abkommen eingestellte CSU-Europaabgeordnete Angelika Niebler ärgert: "Wenn diese Offenheit, wenn diese Transparenz nicht hergestellt wird, dann fürchte ich, dass es am Ende des Tages nie eine Mehrheit im Europäischen Parlament geben wird."
Und das Parlament muss dem Vertragstext am Ende zustimmen, ebenso wie die 28 EU-Staaten.