Umbau des Technologiekonzerns Bosch und seine vielen Baustellen
Der Stuttgarter Bosch-Konzern will weiter Kosten senken - und blickt wegen der Konjunkturflaute verhalten auf die kommenden Monate. Das Unternehmen steckt in einem tiefgreifenden Umbauprozess.
Ende März wurde es laut auf der Schillerhöhe, der sonst so idyllisch im Wald gelegenen Zentrale des Stuttgarter Technologiekonzerns Bosch. Gut 10.000 Demonstranten standen vor der Zentrale - symbolisch um fünf vor zwölf. Mit Trillerpfeifen, roten Mützen und IG-Metall-Fahnen. Sie protestierten lautstark gegen den angekündigten Stellenabbau bei Bosch, dem wohl mehrere tausend Jobs zum Opfer fallen werden Nicht nur in der wichtigen Automobilsparte des Konzerns.
Automobilgeschäft bringt den meisten Umsatz
Bosch will zwar mehr sein als ein "bloßer Automobilzulieferer". Das betonen sie gerade jetzt auf der Schillerhöhe. Und es stimmt ja: Auch die drei anderen Sparten des Konzerns, das Industriekundengeschäft, die Gebäudewirtschaft und die Haushaltsgeräte, erwirtschaften Milliardenumsätze und zählen in ihren Bereichen mit zu den Innovationstreibern und Marktführern. Sie erfüllen also die hohen, selbst gesteckten Ziele des Konzerns.
Bosch ist trotzdem vor allem der größte Automobilzulieferer der Welt. Die "Cash-Cow" im Konzern, der Umsatz- und Gewinnbringer, bleibt das Autoteilegeschäft: 56,3 Milliarden Euro hat man allein hier im Jahr 2023 erwirtschaftet. Das ist deutlich mehr als die Hälfte des Umsatzes des Gesamtkonzerns im abgelaufenen Geschäftsjahr von 91,6 Milliarden Euro.
Der Konzerngewinn stieg auf 4,8 Milliarden Euro, eine Milliarde mehr als im vorherigen Geschäftsjahr. Das gab Bosch-Chef Stefan Hartung heute bei der Vorstellung der Jahresbilanz in Renningen bei Stuttgart bekannt.
Wandel in der Industrie bedroht Jobs auch bei Bosch
Doch ausgerechnet in der Herzkammer des Konzerns - wo auch die meisten der rund 133.800 Bosch-Beschäftigten in Deutschland arbeiten -, droht Ungemach. Die Gewerkschaft hat den angekündigten Sparkurs und den beabsichtigten Personalabbau als "kurzsichtig" kritisiert. Bosch-Betriebsratschef Frank Sell warf der Geschäftsführung "brachiale Gewalt mit hohem Tempo" vor. Zuletzt war geplant, dass bis zum Jahr 2026 weltweit 3800 der insgesamt nahezu 430.000 Jobs gestrichen werden sollen.
Nun wurde bekannt, dass dieser Stellenabbau doch geringer ausfallen könnte als zunächst geplant. Die Gespräche hierzu zwischen Geschäftsleitung und Betriebsrat seien auf der Zielgeraden, so Bosch-Chef Hartung. Für das laufende Jahr 2024 bleiben die Aussichten von Bosch wegen der aktuellen Konjunkturflaute weiter verhalten. Man erwarte jedenfalls "keinen konjunkturellen Rückenwind", hieß es.
Gespräche mit dem Betriebsrat
Geschäftsleitung und Betriebsrat führen Gespräche darüber, wie der Umbau bei Bosch gestaltet werden soll. Nach dem Showdown Ende März sei man auf der Schillerhöhe nun auf einem guten Weg, teilt das Unternehmen mit. Man habe sich mit dem Gesamtbetriebsrat auf einen gemeinsamen Fahrplan für die laufenden Verhandlungen geeinigt. Bosch habe zugesagt, bis 2027 insgesamt rund 700 Millionen Euro in die Ausbildung und Qualifizierung seiner Mitarbeitenden in der Mobilitätssparte in Deutschland zu investieren.
Weitere vier Milliarden Euro sollen 2024 und 2025 in Maschinen und Anlagen sowie Forschung und Entwicklung an den deutschen Standorten der betroffenen Geschäftsbereiche fließen. Es ist ein erstes Zugehen auf die Arbeitnehmerseite. Klar ist: Mit der Herausforderung, die Transformation gut zu meistern, steht Bosch im Automobilgeschäft nicht allein.
Elektromobilität gerät ins Stocken
Viel Unsicherheit gibt es in der gesamten deutschen Automobilindustrie, bei Herstellern und Zulieferern wie Bosch, ZF Friedrichshafen oder dem Stuttgarter Kolbenhersteller Mahle. Der Hochlauf der Elektromobilität stockt.
Zwar ist das Ende des Verbrenners in der EU absehbar. Tatsächlich aber erleben Benziner und Diesel gerade ein erstaunliches Comeback bei den Kunden. Das zeigen unter anderem aktuelle Zulassungszahlen des Verbands der Deutschen Automobilindustrie.
Kunden zweifeln an E-Autos
Dafür gibt es viele Gründe: etwa die hohen Kosten von E-Autos gerade aus deutscher Produktion. Kunden zögern also. Sie wissen nicht, ob sie sich gerade ein neues Auto kaufen sollen - und falls ja, was für eins. Dieses Zögern bekommt die ganze Branche zu spüren, auch Bosch. Auch wenn der Konzern aufstrebende chinesisches Autobauer wie etwa BYD beliefert.
Bosch will sich unabhängiger von der Autosparte machen, die anderen Geschäftsfelder weiter ausbauen und stärken. An der Dominanz des Automobilgeschäft wird der Konzern nichts ändern. Doch auch in Zukunft die Position als größter Automobilzulieferer der Welt zu verteidigen, bleibt eine große Herausforderung.