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Munition statt Autoteile Rheinmetall will mehr Standorte für Rüstung nutzen
Rheinmetall stellt nicht nur Militärgüter her, sondern auch zivile Komponenten für Fahrzeuge. Angesichts des Rüstungsbooms bei gleichzeitiger Schwäche der Autoindustrie will der Konzern Werke umwidmen.
Rheinmetall könnte zwei seiner Werke, in denen aktuell zivile Komponenten für Fahrzeuge gefertigt werden, auf die Produktion für den militärischen Bereich des Konzerns umstellen. "Im Rüstungsgeschäft nutzt Rheinmetall derzeit alle Möglichkeiten, um die Stückzahlen zu erhöhen, insbesondere im Munitionsbereich", teilte der Düsseldorfer Konzern mit.
Rheinmetall beabsichtige, an zwei deutschen Standorten, die bislang dem zivilen Unternehmensbereich zugehörig seien, künftig überwiegend Produkte oder Komponenten für die Sparte "Weapon and Ammunition" zu fertigen. Es gehe um die Standorte in Berlin und Neuss. "Endgültige Entscheidungen über die Ausgestaltung sind jedoch noch nicht gefallen", hieß es weiter.
Umsatz der Sparte "Power Systems" schrumpft
Die Werke in Berlin und Neuss gehören zur Sparte "Power Systems", die Produkte für die Automobil- und Energiewirtschaft anbietet. Das Geschäftsfeld leidet unter der Krise der Automobilindustrie. Das in Power Systems gebündelte zivile Geschäft verbuchte in den ersten neun Monaten 2024 im Gegensatz zu den anderen boomenden Geschäftsfeldern Rheinmetalls einen leichten Umsatzrückgang auf 1,543 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis schrumpfte um 3,8 Prozent auf 74 Millionen Euro.
Zum Vergleich: In der Sparte Weapon and Ammunition kletterte etwa der Umsatz im gleichen Zeitraum um 64,3 Prozent auf 1,554 Milliarden Euro, das operative Ergebnis verdoppelte sich fast auf 339 Millionen Euro. Insgesamt stieg der Umsatz im Rheinmetall-Konzern auf 6,2 Milliarden Euro von zuvor 4,6 Milliarden. Mitarbeiter in den zwei Werken könnten nun in die florierende Produktion von Waffen und Munition wechseln. Die Wirtschaftswoche hatte bereits über die Überlegungen berichtet.
"Wir müssen noch mehr wachsen"
Rüstungskonzerne verzeichnen angesichts der steigenden Verteidigungsausgaben westlicher Staaten nach dem russischen Überfall auf die Ukraine rasante Zuwächse. "Wir erleben ein Wachstum, wie wir es im Konzern noch nie hatten", sagte Rheinmetall-Chef Armin Papperger kürzlich der Nachrichtenagentur Reuters. Auch die Abkopplung der neuen US-Regierung von Europa sowie deren Druck auf Länder der NATO, mehr in die Rüstung zu investieren, könnten selbst bei einer Waffenruhe in der Ukraine für weiter volle Auftragsbücher sorgen. "Ich glaube, für unser Unternehmen bedeutet das, dass wir noch mehr wachsen müssen als bisher gedacht", so Papperger.
Der deutschen Autoindustrie bereitet dagegen der Übergang zur Elektromobilität Probleme, zudem lahmen die Verkäufe in China. Aber auch in anderen schwächelnden Branchen werden Werke auf Rüstungsproduktion umgestellt. Der deutsch-französische Panzerbauer KNDS hatte jüngst das vor dem Aus stehende Werk des Bahntechnik-Konzerns Alstom in Görlitz übernommen und will gut die Hälfte der 700 Mitarbeiter weiterbeschäftigen.
Rheinmetall hatte bereits 100 Beschäftigten des defizitären Bremsenwerks von Continental in Gifhorn den Wechsel in eine Munitionsfabrik angeboten. Auch der Rüstungselektronik-Hersteller Hensoldt will Mitarbeiter von Continental und Bosch übernehmen, denen der Verlust des Jobs droht.