Gaming-Branche Milliardengeschäft Smartphone-Spiele
Nicht die Konsole oder der Computer - das Smartphone ist die beliebteste Spieleplattform in Deutschland. Jeder Vierte zockt auf dem mobilen Gerät. Die Games sind echte Umsatzbringer.
Bonbons zerkleinern, Fische fressen oder Wörter tüfteln: Auf dem Smartphone geht das alles schnell, unkompliziert und vollkommen unabhängig vom Ort, an dem man sich gerade befindet. Auch Studentin Valeria aus Frankfurt spielt regelmäßig mit Ihrem Freund Simon auf dem Handy. Sie können so gut entspannen, müssen "einfach mal nicht so viel denken". Abends vor dem Zubbettgehen wird bei ihnen oft gezockt, erzählt Valeria. "Wir haben so einen Wettkampf am Laufen, wer schneller vorankommt."
So wie sie machen es immer mehr - gerade im Corona-Jahr 2020. Wie der Game Verband mitteilte, griffen insgesamt 22,6 Millionen Menschen in Deutschland im vergangenen Jahr zum Smartphone um zu spielen. Die Daten wurden vom Marktforschungsunternehmen GfK ermittelt. Zum Vergleich: An der Konsole spielten im selben Zeitraum 17,2 Millionen und am Computer 15,2 Millionen Menschen. Auf dem Tablet sind mit 9,9 Millionen nur vergleichsweise wenige Gamer und Gamerinnen unterwegs. Das Smartphone ist also die Nummer eins.
Einstieg in die Spielewelt
Nicht zuletzt die Pandemie sei wahrscheinlich für die zunehmende Beliebtheit verantwortlich, so Lutz Anderie. Er ist Professor für Wirtschaftsinformatik an der Frankfurt University of Applied Sciences und beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem Games-Markt. "Die Menschen waren zu Hause, die Schulen waren geschlossen, sie hatten einfach mehr Zeit zum Spielen. Und das Smartphone ist die Eintrittskonsole, denn jeder hat heute ein Smartphone, und jeder kann sofort kostenlos losspielen."
Auch Valeria und Simon glauben, dass die ständige Verfügbarkeit des Smartphones Teil des Erfolges ist. Doch für Simon spielen noch weitere Faktoren eine Rolle. "Die Konsolen mit den Spielen werden immer teurer, und der Wandel ist immer schneller. Man hat immer eine alte Konsole, nicht mehr die neueste." Die Vielfalt des App Stores ermögliche es zudem, einfach eine App aufzumachen und zehn Spiele herunterzuladen.
Markt für Spiele-Entwickler wächst
Experte Anderie bestätigt, dass der Markt der Smartphone-Games wächst. Die Markteintrittsbarrieren für neue Spieleentwickler seien sehr niedrig - auch große Investitionen brauche es nicht. "Das heißt, sie können morgen so ein Start-up gründen. Die Frage ist, wird es ihnen gelingen, eine Marktdurchdringung oder einen Marktanteil für ihr Game zu realisieren".
Philipp Stollenmayer ist genau das gelungen. Er hat in Mannheim Kommunikationsdesign studiert und im Rahmen seines Studiums relativ kurzfristig und mit wenig finanziellen Mitteln seine erste Spiele-App entwickelt. Und das, obwohl er zunächst nicht mal programmieren konnte. Heute bietet er mit seinem Unternehmen Karmibox um die 20 Spiele zum Download an. Inzwischen kann er von der Entwicklung der Smartphone-Games leben. "Das Geld verdiene ich tatsächlich mit diesem Gamedesign, das ist mein Hauptberuf. Ich mache auch noch nebenher ein bisschen Auftragsarbeit für andere. Aber das es nicht wegen des Geldes, sondern einfach, damit ich ein bisschen unter Leute komme."
Umsatz durch In-App-Käufe
Es gebe ungefähr 500.000 Smartphone-Games, sagt Branchen-Kenner Anderie, und "die Hälfte davon können kostenlos gespielt werden". Anders als bei der klassischen Spielekonsole ist der Kauf eines Spiels nicht das, womit Unternehmen, die Smartphone-Spiele entwickeln, ihr Geld verdienen. Stattdessen gebe es viele andere Möglichkeiten, Umsatz zu machen, so Anderie. "Die wichtigste ist die Monetarisierung von In-Game-Items. Das heißt, sie stellen das Spiel kostenlos zur Verfügung. Der User kauft dann während des Spielverlaufs Items zu: eine schnellere Axt, ein Auto, schönere Waffe." So verdiene man heute Geld mit den Spielen.
Der Umsatz mit Spiele-Apps erreicht so immer neue Rekordhöhen: Fast 2,3 Milliarden Euro haben Deutschlands Mobile-Gamer im Jahr 2020 ausgegeben. Nur die allerwenigsten investieren dabei bereits vor dem Download des Spiels. So lag der Umsatz der Spiele-Apps zum Kauf bei gerade mal elf Millionen Euro. Für "In-App-Käufe" haben die Deutschen im vergangenen Jahr hingegen sagenhafte 2,26 Milliarden Euro ausgegeben - ein Plus von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Die Games von Entwickler Stollenmayer sind teilweise kostenpflichtig, "In-App-Käufe" bietet er aber nicht an. Um trotzdem Umsatz mit den kostenfreien Apps zu machen, zeigt er Werbung. "Wenn man nicht weiterkommt, dann kann man sich einen 30-Sekunden-Werbespot angucken, um entweder einen Hinweis zu kriegen oder dieses Level zu überspringen. Und wenn man das richtig einschätzen kann, dann kann man es schon ganz gut maximieren", sagt der Spieleentwickler. So macht er inzwischen mehr Geld mit den kostenfreien Apps als mit denen, die er zum Kauf anbietet.