Alternative beim Heizen "Brennholz ist das neue Klopapier"
Die Nachfrage nach Brennholz ist so hoch wie selten - und damit auch der Preis. Immer mehr Menschen wollen sich für den Winter eindecken, doch die Produzenten können immer weniger anbieten.
Niels Klahold hatte sich darauf gefreut, in diesem Jahr all seine Bestellungen entspannt bedienen zu können. Er verkauft seit mehr als 20 Jahren mit seinem Familienbetrieb in Vellmar Brennholz für den Raum Kassel. Doch jetzt verspürt Klahold keine Lust mehr, ans immerzu klingelnde Telefon zu gehen. Weil er immer mehr Kunden vertrösten muss. Und weil immer mehr Kunden panisch darauf reagieren.
Die Nachfrage nach Brennholz ist seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine ohnehin gestiegen - und seit vergangener Woche hat es sich vom Massenprodukt zur Mangelware entwickelt. Seit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck angesichts der gedrosselten Gaslieferungen aus Russland vor einem harten Winter gewarnt hat, sei die Nachfrage nochmal enorm gestiegen, sagt Klahold. Bis zu 50 Anrufe bekomme er täglich, von Menschen, die sich mit Brennholz für diesen von Habeck angekündigten harten Winter wappnen wollten.
Lager der Händler so gut wie leer
"Brennholz ist das neue Klopapier", sagt Klahold. Immer mehr Menschen würden es hamstern wollen. "Wir können dieser Nachfrage aber einfach nicht mehr nachkommen, wir erhalten ja selbst keinen Nachschub mehr." Dass die Lagerflächen der Brennholzhändler so gut wie leer sind und die Produktion neuer Ware nicht kurzfristig realisierbar sei, habe vielerlei Gründe, teilen der Industrieverband Haus-, Heiz- und Küchentechnik (HKI) aus Frankfurt und der Bundesverband Brennholzhandel und Brennholzproduktion (BuVBB) mit.
"Mit Ausbruch des Krieges ist die Nachfrage explodiert", so der Zentralverband Sanitär Heizung Klima. Das führe zu Wartezeiten von bis zu einem Jahr. Die Lieferschwierigkeiten haben aber auch andere Gründe: Personalmangel nach der Pandemie und die Zulieferung von Bauteilen aus dem Ausland funktioniert nicht immer. Viele Teile kommen aus China.
Bestellung in der Regel mit langem Vorlauf
"Das liegt zum einen an der Beschaffung der Rohware aus dem Wald, da diese in der Regel Monate im Voraus bestellt wird", sagte Klaus Egly, der Erste Vorsitzende des BuVBB. "Zum anderen kann vorhandene Rohware nicht kurzfristig und in unendlichen Mengen produziert werden." Kurzfristige Lieferungen seien deshalb so gut wie ausgeschlossen. Logische Konsequenz: Was seltener und begehrter wird, wird auch teurer.
"Bei einer ordentlichen Marge müssten wir zwischen 160 und 180 Euro pro Schüttkubikmeter nehmen", sagt Holzhändler Klahold, der aktuell 130 Euro für einen Schüttkubikmeter trockenes Holz berechnet. Vergangenes Jahr habe die gleiche Menge noch 80 Euro gekostet.
Dass Klahold dadurch mehr verdienen würde, ist übrigens keine logische Konsequenz. Sie hätten sich im Team "ernsthafte Gedanken" gemacht, wie sie ihre Preise gestalten, sagt er. Klar sei, dass sie ihre gestiegenen Kosten für das Rohholz, dessen Herstellung und Transport auf die Kunden umlegen müssten. "Aber wir sehen uns auch in einer sozialen Situation", sagt Klahold, "wir wollen die Leute ja mit Brennholz versorgen."
Auch, wenn die Marge für ihn trotz steigender Verkaufspreise deswegen sinke. Klahold nimmt inzwischen keine neuen Kunden mehr auf. Er versucht, das Holz, das er noch hat, zu kontingentieren und fair zu verteilen. Stammkunden, die früher sieben bis acht Meter Brennholz bestellt haben, bekommen zum Beispiel jetzt fünf Meter.
Schlagstopp als "ganz großes Problem"
"Die Preissteigerung basiert im Wesentlichen darauf, dass Brennholz ein sogenanntes Substitutionsgut ist und Öl oder Gas ersetzen kann", sagt Frank Kienle, der Geschäftsführer des HKI. Und da die Preise für Öl und Gas massiv gestiegen sind, folgten die Anbieter dieser Entwicklung und erhöhten ebenfalls die Preise für Brennholz. "Da aber ein Raummeter Hartholz den Heizwert von rund 200 Litern Heizöl hat, ist Brennholz auf dem aktuellen Preisniveau trotzdem um rund 40 Prozent preiswerter als Gas und Heizöl", sagt Kienle. Was die plötzliche Beliebtheit des Rohstoffes erklärt.
Dass er knapp bleiben wird, erklärt Klahold mit dem sogenannten Buchenmoratorium von Hessenforst, dem Besitzer der größten Waldflächen in Hessen. Das hessische Umweltministerium hatte es erlassen mit der Vorgabe, dass die Bewirtschaftung von mehr als 100 Jahre alten Buchenbeständen in bestimmten Gebieten nur noch erlaubt ist, wenn sie der Verkehrssicherheit dient.
"Dieser Schlagstopp ist ein ganz großes Problem", sagt Klahold, der selbst Förster ist. Für ihn und alle anderen, die im und mit dem Wald arbeiten, habe der Naturschutz hohe Priorität - "aber das darf nicht dazu führen, dass ganze Flächen stillgelegt werden und die Buchen dort nutzlos vor sich hin sterben."
Selbst Bäume, die vom Wind entwurzelt wurden, dürften nicht mehr geschlagen werden, ebenso wenig kranke Bäume, sogenannte Kalamitäten. "Das drückt enorm auf die verfügbare Menge", sagt Klahold. Er fordert deswegen, dass aufgrund der aktuellen Situation über ein Aussetzen des Buchenmoratoriums nachgedacht werden müsse. "Zumindest Windwürfe und Kalamitäten müssen geschlagen werden dürfen."
Hessenforst will Mengen erhöhen
"Grundsätzlich haben wir genug Brennholz", sagt Benjamin Krug, Leiter Rohholzverkauf bei Hessenforst. Doch die Dürreschäden der vergangenen Jahre in Kombination mit dem Buchenmoratorium hätten die Menge eingeschränkt, während die Nachfrage rasant nach oben gegangen sei. Hessenforst habe die Aufgabe, die Wälder zu schützen, vorsichtiger an Buchenbestände zu gehen, damit nach den Dürreschäden nicht noch mehr Wald sterbe.
Ab Herbst, wenn die Vegetationsphase vorbei ist, würden aber in jungen und mittelalten Beständen Pflegeprogramme durchgeführt, es werde also Durchforstungsholz entnommen. "Ab September werden wir versuchen, die Angebotsmenge zu erhöhen", sagt Krug. Es komme aber auch auf eine kluge Verteilung der Bestände an, Brennholz müsse kontingentiert werden. "Mit zehn Metern kommt jeder Haushalt gut über den Winter", sagt Krug. "Was wir verhindern wollen, sind Hamsterkäufe." Unnötige Vorratskäufe würden den Markt noch mehr pushen.
Raubbau in rumänischen Nationalparks
Seine Kalkulationen hat Niels Klahold längst abgehakt. "Vor der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg haben wir uns wirtschaftlich in der Lage gefühlt, alles dem Naturschutz unterzuordnen", sagt er. Nur habe keiner bedacht, wo Brennholz herkommen soll, wenn diese Planung nicht mehr funktioniert. Das führe nun dazu, dass unseriöse Anbieter Holz verkaufen, das aus Raubbau etwa aus rumänischen Nationalparks stamme.
"Unsere Wälder unterliegen auch wirtschaftlichen Aspekten", sagt Klahold, "nicht nur romantischen." Würde das nun nicht bedacht, würden der Bevölkerung nicht die notwendigen Ressourcen zur Verfügung gestellt, "dann rennen wir in eine der größten Holz-Nöte seit dem Mittelalter."