Dumping durch China-Exporte Preisverfall bei Zukunftstechnologien
Maschinen, Autos, Autoteile - alles Produkte, die Deutschland einst zum Exportweltmeister machten. Doch dann kam China. Die Exportflut von dort macht Produkte günstiger - doch belastet heimische Firmen.
Im Jahr 2008 konnte Deutschland seinen Status als Exportweltmeister zum letzten Mal verteidigen. Seitdem hat China seinen Vorsprung gegenüber der Europäischen Union und Deutschland immer weiter ausgebaut. Auf einen Container mit EU-Ware für China kommen aktuell dreieinhalb Container mit chinesischer Ware für die EU. Gefüllt sind sie vor allem mit Zukunftstechnologien wie E-Autos, Solarmodulen, Windkraftanlagen, aber auch mit Billigkleidung und Plastikprodukten, etwa von der Shoppingplattform Temu.
Diese Produkte haben eines gemein: sie sind günstiger als europäische Konkurrenz-Produkte, was sich zum Beispiel bei chinesischen Elektroautos schon längst bemerkbar macht. So kostet das Basismodell des Herstellers BYD nach drei Preissenkungen innerhalb weniger Monate nun in der Basisversion noch knapp 30.000 Euro, womit es rund 3.000 Euro günstiger ist als das vergleichbare Modell von VW, der ID.3.
Hilferuf der Solarbranche
In der Solarbranche zeigt sich ein ähnliches Bild. Seit Wochen warnen europäische Hersteller vor einer Stilllegung von Produktion und vor dem Aus ihrer Branche. Sie fordern Notfall-Maßnahmen der Politik, etwa den Aufkauf überschüssiger Lagerbestände in Europa. Denn auch in der Solarindustrie sind die Produkte chinesischer Hersteller günstiger als die der Deutschen oder Europäer, wie Erhebungen von Wirtschaftsforschungsinstituten deutlich machen.
"Verschiedene Vergleiche unterschiedlicher Module aus den letzten Jahren zeigen, dass die Module europäischer oder deutscher Hersteller etwa 20 bis 30 Prozent teurer sind als die chinesischen Produkte", erklärt Andreas Fischer, Klimaexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.
Staatliche Hilfen als Anschub
Die günstigen Preise aus China hätten vielfältige Gründe, erklärt Fischer. Chinesische Unternehmen können dank langjähriger und großzügiger Subventionen von Seiten der Regierung günstig und vor allem massenweise produzieren. "Der chinesische Staat ermöglichte in den letzten zehn bis 15 Jahren mit großzügigen Subventionen den Aufbau von Solar-Giga-Fabriken, deren Produktionskapazitäten in der Regel mindestens um den Faktor zehn größer sind als in Europa."
Allein bei den Solarmodulen könnte China die weltweite Nachfrage aktuell sogar zweieinhalb Mal befriedigen. Denn in China sitzen die Hersteller zur Zeit auf gigantischen Überkapazitäten, da die chinesische Wirtschaft schwächelt und außerdem die schwere Immobilienkrise auf die Konsumlaune der Chinesen drückt. Der Binnenmarkt steht größtenteils still, weshalb Industriekonzerne ihre Produkte im Ausland zu Dumpingpreisen verkaufen.
Ein unschönes Déjà-vu
Wozu eine Schwemme günstiger Waren aus China führen, hat die Solarbranche in Deutschland schon einmal erlebt. Genauer gesagt in den 2000er-Jahren, als China ebenfalls mit günstigen Solarprodukten den europäischen Markt flutete - und damit auch zerstörte. In den darauffolgenden Jahren wurde China mit dem Aufbau gigantischer Solarfabriken zum dominierenden Solarstaat, der seine Produkte in die ganze Welt exportiert.
"Inzwischen hat China sowohl bei Solarmodulen als auch einzelnen Komponenten einen Marktanteil von 80 Prozent", so Fischer. Bei den Preisen habe das einen regelrechten Verfall ausgelöst hat: "In Deutschland sind die Preise für Solaranlagen zwischen 2006 und 2023 um 90 Prozent eingebrochen."
Verbraucher profitieren zunächst
Für Deutschland und die EU ist die Warenschwemme ein zwiespältig: Für die Verbraucher wird eine Energiewende mit Hilfe von Solaranlagen und Elektroautos bezahlbarer und vielleicht überhaupt erst möglich. Außerdem dämpfen die niedrigeren Preise chinesischer Produkte hierzulande die Inflation und nehmen den Druck von den Zentralbanken, die Preissteigerungen mit weiter hohen Zinsen zu bekämpfen.
Allerdings würde ein dauerhafter Preiskampf mit ständig neuen Rabattschlachten die deutschen Unternehmen und damit auch die Wirtschaft langfristig belasten. Was der Preisdruck im Fall der Solarbranche bedeutet, schildert Jens Secker, Unternehmenssprecher beim Photovoltaik-Anbieter Solarwatt: "Die Preise für Solarmodule sind seit Mitte des vergangenen Jahres um rund 60 Prozent gesunken, und das können europäische Produzenten irgendwann nicht mehr darstellen. Wenn es keine schnellen Entscheidungen der Politik gibt, wird es schon in naher Zukunft keine relevanten Produktionskapazitäten in Deutschland und Europa mehr geben."
Im Wettbewerb mit China werden in der EU längst mehr Wettbewerbskontrollen und Handelsschranken etwa durch Zölle diskutiert. Sollte es allerdings zu Importbeschränkungen kommen, droht China bereits mit Gegenmaßnahmen.