Statue of Liberty, New York, im Vordergrund Container auf einem Frachtschiff.
hintergrund

Pläne des künftigen US-Präsidenten Wie Trump Zölle für seine Ziele nutzt

Stand: 26.11.2024 14:31 Uhr

Wozu gibt es Zölle eigentlich? Und was macht Donald Trump daraus? Seine jüngsten Drohungen sind jedenfalls eine radikale Abkehr vom freien Welthandel.

Von Detlev Landmesser, ARD-Finanzredaktion

Die Idee, auf die Einfuhr von Waren in ein Herrschaftsgebiet eine Abgabe zu erheben, ist fast so alt wie die Herrschaftsgebiete selbst. In der Antike und im Mittelalter stand dabei eindeutig der fiskalische Zweck der Zölle im Vordergrund, also das Bestreben der Herrschenden, zusätzliche Einnahmen für ihre Haushalte zu erzielen.

Später begannen die frühen Staaten, die Zölle gezielt einzusetzen, um wirtschaftspolitische Ziele zu erreichen. Seinen Höhepunkt erreichte dieses Denken im Zeitalter des Merkantilismus, das Prohibitivzölle erfand, um ausländische Waren ganz fernzuhalten, und Erziehungs- und Schutzzölle, um die eigenen Industrien aufzubauen und vor ausländischer Konkurrenz zu schützen.

Je länger sich aber die Wissenschaft mit den Wirkungen der Zölle befasste, desto stärker gerieten sie in Verruf. Der wachsende Welthandel legte offen, dass manche Produkte viel günstiger in anderen Weltgegenden hergestellt werden können, und diese internationale Arbeitsteilung und der freie Warenaustausch allen Beteiligten regelmäßig die höchsten Wohlstandseffekte bescheren.

Meilenstein GATT

Dieser Gedanke des "komparativen Kostenvorteils" liegt den meisten Bestrebungen zur Förderung des freien Welthandels zugrunde. Nach dem Zweiten Weltkrieg mündeten diese Bestrebungen im "General Agreement on Tariffs and Trade" von 1947, kurz GATT, in dessen Folge die Zollschranken weltweit in mehreren Schritten deutlich abgebaut wurden. Damit ist auch der fiskalische Aspekt von Zöllen stark in den Hintergrund getreten.

Heute führt die Welthandelsorganisation (WTO) die Bemühungen zum Abbau von Handelsbeschränkungen fort. Zudem sind gemeinsame Freihandelszonen wie der EU-Binnenmarkt oder der Mercosur in Lateinamerika entstanden, in denen keine oder kaum Zölle mehr existieren.

Renaissance der Strafzölle

Dennoch spielen Zölle im Außenhandel weiterhin eine große Rolle. So werden insbesondere Erziehungszölle zum Aufbau von Technologiebranchen in Entwicklungsländern für sinnvoll erachtet. Aber auch Industrieländer erheben weiterhin Zölle, um einzelne Branchen vor ausländischer Konkurrenz zu schützen.

Zudem werden Strafzölle erhoben, um auf die Zölle und Markteingriffe anderer Staaten zu reagieren. Ein aktuelles Beispiel sind die Extrazölle auf chinesische E-Autos, die die EU wegen der Subventionierung der Branche in China erhebt - zum Unmut der deutschen Autobranche übrigens, die eine Eskalation des Handelsstreits und höhere chinesische Einfuhrzölle befürchtet.

Trump versteht Zölle als Machtinstrument

Wenn Donald Trump mit seiner Rückkehr ins Weiße Haus Zölle wieder zu einem wesentlichen Instrument der Außenpolitik machen will, geht er weit über die jüngste Renaissance des Strafzollgedankens hinaus. Auch wenn die drastischen Zolldrohungen seiner bekannten Verhandlungstaktik folgen, stellen sie die handelspolitischen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte in Frage.

Ein radikaler Bruch mit der klassischen Handelspolitik ist insbesondere der Einsatz von Zöllen als wirtschaftsfremdes Druckmittel. Mit den geplanten Zöllen gegen Mexiko, Kanada und China greift der Republikaner tief in die Wirtschaftsbeziehungen ein, etwa um den Drogenschmuggel und die illegale Einwanderung zu bekämpfen.

Drastische Folgen auch für deutsche Autobranche

Dabei ignoriert er anscheinend die drastischen Folgen für die Handelsbeziehungen - selbst innerhalb der nordamerikanischen Freihandelszone. Mit Mexiko und Kanada unterhalten die USA diese seit 30 Jahren. Die Neufassung des Abkommens (USMCA), die 2020 in Kraft getreten ist, hatte Trump selbst mit ausgehandelt.

Die Zollerhöhungen hätten vor allem drastische Folgen für die Autoindustrie. Nicht nur deutsche Autohersteller wie BMW, Volkswagen und Audi, die in Mexiko große Werke unterhalten, wären davon direkt betroffen. Auch den US-Autobauern würden die Zölle extrem schaden, da sie stark von den weit verzweigten Zulieferbeziehungen insbesondere mit Mexiko abhängig sind.

Auch in Brüssel ist die Sorge vor ähnlichen Maximaldrohungen Trumps gewachsen. Wie sich die unweigerlich anstehenden Handelsgespräche auch gestalten: Trumps Abkehr vom Gedanken des freien Welthandels und seiner Wohlstandseffekte wird lange nachwirken.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. November 2024 um 14:48 Uhr.