Kältere Büros Warum Frauen eher frieren als Männer
Wegen der Gaskrise sollen Büros kühler bleiben. Das könnten vor allem Frauen spüren - denn sie frieren schneller als Männer und dadurch entsteht ihnen auch ein Wettbewerbsnachteil, wie Studien zeigen.
Von Jenny von Sperber, BR
Männer und Frauen sind physiologisch tatsächlich nicht ganz gleich. Das führt in vielen Fällen dazu, dass Frauen schneller frieren - individuelle Unterschiede mal außen vor gelassen. Denn Männer haben im Durchschnitt mehr Muskelmasse als Frauen. Und in den Muskeln wird die Körperwärme produziert. Die Muskelpakete der Männer wärmen sie also auch.
Verantwortlich für diese Unterschiede zwischen Mann und Frau sind in erster Linie ihre unterschiedliche Ausstattung an Sexualhormonen. Und die sorgen eben auch für Körpermerkmale und Körperfunktionen, die erklären können, warum Frauen schnell frieren. Das sagt der Internist Georg Ertl von der Uniklinik Würzburg: "Einerseits könnte das mit der Durchblutung von Händen und Füßen zu tun haben, und auch der Ohren, an denen wir ja am ehesten frieren. Andererseits führt diese unterschiedliche Hormonausstattung auch zu einer unterschiedlichen Konstitution. Zum Beispiel zu mehr Unterhautfettgewebe bei der Frau. Das isoliert einerseits das Innere des Körpers gegenüber der Haut. Aber die Haut nimmt die Temperatur des Körpers von außen wahr, sodass die Haut sich dann bei der Frau kühler anfühlt als beim Mann."
Temperatur beeinflusst kognitive Leistung
Es gibt also medizinische Gründe, warum Frauen häufig schneller frieren als Männer. Aber was bedeutet das für diesen Winter, wenn Büros und öffentliche Gebäude wegen des Gasmangels auf nicht mehr als sparsame 19 Grad geheizt werden sollen? Geht es nur um ein bisschen ungerecht verteiltes Unwohlsein?
Geht es nicht, sagen die Autoren - übrigens ein Mann und eine Frau - einer Studie mit dem Titel: "Schlacht um den Thermostat". Denn je nach Temperatur ändert sich auch die kognitive Leistung bei Männern und Frauen. Über 500 Probanden mussten für diese Studie bei unterschiedlichen Temperaturen zwischen 16 und 33 Grad geistig anspruchsvolle Aufgaben lösen: Matheaufgaben und auch sprachliche Aufgaben, die anschließend ausgewertet wurden. Man könnte das Ergebnis ganz grob so zusammenfassen: Frauen können bei Wärme besser denken. Ergo ist die Energiekrise ein Wettbewerbsnachteil für Frauen.
Gleiches Muster bei Tieren
Warum sich Menschen im Laufe der Evolution so entwickelt haben, dass die Performance von Frauen bei steigenden Temperaturen besser wird, und die der Männer schlechter - dafür lohnt sich ein Blick ins Tierreich. Der Zoologe Eran Levin von der Universität Tel Aviv hat festgestellt: Bei allen von ihm untersuchten gleichwarmen Tieren ist es so, dass sich die Weibchen häufig wärmere Plätze aussuchen als die Männchen.
So sei etwa bei Känguru-, Pavian- und Lemuren-Männchen zu beobachten, dass sie sich für ihre Aktivitäten schattigere Plätze suchen als Weibchen. "Und bei vielen Zugvögeln legen die Männchen kürzere Distanzen zurück und bleiben in höheren Lagen während des Winters. Oder wenn Fledermäuse Futter suchen, fliegen die Männchen häufig in höhere Lagen, während die Weibchen in tieferen Lagen bleiben."
Fortpflanzung als Grund
Es hat sich demnach nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Fledermäusen oder Vögeln ein solcher Unterschied zwischen den Geschlechtern entwickelt. Levin interpretiert seine Ergebnisse so: "Wir denken, dass Weibchen höhere Temperaturen vorziehen, weil das wichtige physiologische Implikationen für die Funktionen hat, die spezifisch weiblich sind und bei denen Wärmeempfinden eine entscheidende Rolle spielt. Die Inkubation von Eiern beispielsweise oder des Fötus. Oder die Wärmeregulierung von Neugeborenen."
Dicke Socken und Schal helfen
Bleibt die Frage, was Frauen - die sich im Büro ja vermutlich nicht um einen Säugling kümmern müssen - machen sollen, wenn es am Arbeitsplatz unangenehm kühl wird. Schließlich wäre es schade auf weibliche kognitive Bestleistungen verzichten zu müssen.
Der Mediziner Ertl rät dazu, einzelne Körperteile gezielt zu wärmen: "Zum Beispiel wissen wir, dass wenn die Extremitäten warm sind, dann braucht der Körper selber gar nicht mehr so warm zu sein." Vielleicht reichen also die Wollsocken schon für Bestleistungen im Job diesen Winter. Oder eine warme Mütze am Schreibtisch.
Anmerkung der Redaktion: In der ursprünglichen Meldung ist uns ein Übersetzungsfehler unterlaufen, den wir korrigiert haben.