Hornhecht

Klimawandel Wenn den Fischen immer wärmer wird

Stand: 29.03.2024 06:01 Uhr

Die Meere sind so heiß wie nie. Gerade Fische leiden unter den hohen Temperaturen. Denn sogar ihr Jagdverhalten verändert sich. Die Folge: Sie werden kleiner und könnten sogar aussterben.

Von Yasmin Appelhans, NDR

Seit ungefähr einem Jahr werden in den Meeren Temperaturrekorde um Temperaturrekorde gebrochen. Teilweise kann das durch das Phänomen El Niño erklärt werden. Forschende stehen dennoch vor einem Rätsel, warum die Temperaturen in so vielen Meeresbereichen im Moment so hoch sind.

Viele Fische im Meer leiden unter dem Klimawandel. Durch die hohen Temperaturen ist weniger Sauerstoff im Wasser. Und auch ihr Stoffwechsel ist nur bedingt an die hohen Temperaturen angepasst. Neu ist nun dazu noch die Beobachtung, dass Fische ihr Jagdverhalten zu ändern scheinen, wenn sie unter Hitzestress geraten.

Kleinere Beute, weniger Energie

Eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift Nature Climate Change erschienen ist, hat das in der Ostsee untersucht und den Mageninhalt von Fischen bestimmt. Das Ergebnis: Bei steigenden Temperaturen konzentrieren sich Fische eher auf kleinere Beutetiere.

Damit hätten die Forschenden so nicht gerechnet, sagt der Erstautor Benoit Gauzens vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Jena: "Dies war eigentlich sehr überraschend, denn wenn die Temperatur steigt, nimmt der Energiebedarf der Fische tendenziell zu. Sie brauchen also mehr Nahrung, um ihren eigenen Energiebedarf zu decken." Kleine Beutetiere sind im Vergleich zu großen Beutetieren energetisch weniger lohnend. Es bedeutet also mehr Aufwand bei weniger Energiegewinn, auf kleinere Beute zu wechseln.

Nach einer gängigen Theorie sind Forschende bisher davon ausgegangen, dass Tiere ihre Nahrung so auswählen, dass sie die größtmögliche Menge an Energie bekommen. Die Ergebnisse aus der Ostsee widersprechen dieser Annahme. Fische im Klimawandel entscheiden sich hier für Beute, die ihnen gar nicht genug Energie liefert. Warum das so ist, ist noch nicht klar.

Mehr Schichtung, kleinere Fische

Dazu scheint noch ein anderer Mechanismus gerade den räuberischen Fischen bei den hohen Temperaturen zuzusetzen. Denn erhitzt sich das Wasser an der Oberfläche der Meere, kommt es zur sogenannten Schichtung. Dabei vermischen sich die kälteren und dichteren Wasserschichten in der Tiefe kaum mit den wärmeren, weniger dichten Schichten an der Oberfläche. Auch Nährstoffe können so nicht aus der Tiefe an die Oberfläche gelangen.

Dadurch können in der Folge weniger mikroskopisch kleine Algen wachsen. So hat das sogenannte Zooplankton weniger Nahrung. Was das für die Fische weiter hinten in der Nahrungskette bedeutet, hat Shin-ichi Ito von der Universität Tokio mit einem Kollegen untersucht und in einer Studie in der Fachzeitschrift Fish and Fisheries veröffentlicht. Ihre Erkenntnis: Durch den Klimawandel werden die Tiere immer kleiner und leichter.

Vom Aussterben bedroht

Die Tokioter Forschenden haben das zwar bezogen auf Fische in den Gewässern Japans untersucht, aber die Erkenntnisse lassen sich übertragen. Besonders für große räuberische Fische sind die Schichtung und die Umstellung auf weniger nahrhafte Beute ein Problem. In der Ostsee kann das dramatische Folgen haben, erklärt Benoit Gauzens: "Große Fischarten werden viel stärker unter dem Temperaturanstieg leiden, als bisher vorhergesagt und verstanden wurde. Das bedeutet, dass zunächst die Biomasse der Populationen abnimmt, bevor sie schließlich aussterben."

Mehrere größere Arten in der Ostsee, darunter beliebte Speisefische, sind so vom Aussterben bedroht. Und das nicht nur, weil sie überfischt wurden. Sondern auch, weil sie durch den Klimawandel ihr Jagdverhalten geändert haben, so Benoit Gauzens.

Nachhaltige Effekte

So sieht es auch in anderen Meeren, wie in denen um Japan, aus. Shin-ichi Ito plädiert deshalb für schnelle Maßnahmen: "Selbst wenn wir den Ausstoß von Kohlendioxid stoppen, wird die Temperatur noch mindestens 50 Jahre lang steigen. Wir müssen uns also stärker mit den Auswirkungen des globalen Klimawandels auf das marine Ökosystem auseinandersetzen und in Zukunft ein stabileres und nachhaltigeres Fischereimanagement einführen", sagt er.

Yasmin Appelhans, NDR, tagesschau, 29.03.2024 06:51 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Niedersachsen am 20. Februar 2023 um 18:00 Uhr.