Kühe liegen kurz vor Sonnenaufgang auf einer Weide bei Altheim (Baden-Württemberg).
Hintergrund

Ausstoß von Treibhausgasen Wie klimaverträglich ist die Landwirtschaft?

Stand: 20.01.2023 16:42 Uhr

Die Landwirtschaft ist Verursacherin und Leidtragende des Klimawandels zugleich. Welchen Anteil trägt sie zu den Treibhausgasemissionen bei? Und wie könnte eine nachhaltigere Landwirtschaft aussehen?

Von Jurek Brzoska, SWR

In Deutschland ist die Landwirtschaft laut Bundesregierung für rund acht Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das sind hauptsächlich Methan und Lachgas. Hinzu kommen noch indirekte Emissionen aus der Nutzung von trockengelegten Moorböden, dem Dieselverbrauch von Traktoren und dem Heizen der Ställe.

Zählt man dies alles noch dazu, verursacht die Landwirtschaft dem Umweltbundesamt zufolge rund 14 Prozent der Gesamtemissionen in Deutschland. Hier fehlen jedoch weiterhin die Emissionen, die in anderen Ländern für Anbau, Ernte und Transport der hier genutzten Nahrungsmittel entstehen. Denn einen Großteil der Lebens- und Futtermittel importieren wir.

Enormer Flächenverbrauch

Global stammen rund 30 Prozent der Treibhausgasemissionen aus der Produktion und dem Konsum von Nahrungsmitteln. Doch der dadurch angeheizte Klimawandel führt immer häufiger zu Dürren, Überflutungen und anderen Extremwetterereignissen und damit zu Ernteausfällen.

Dadurch verschärfen sich nicht nur Hunger und Konflikte hauptsächlich im Globalen Süden, sondern es gibt auch Auswirkungen auf viele andere Krisen, wie beispielsweise die Biodiversität, veränderte Stoffkreisläufe und die menschliche Gesundheit. So ist die Tierfütterung und -haltung nicht nur ein Hauptantreiber des Klimawandels, sondern verbraucht global auch 80 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen.

 

Tierhaltung verursacht zwei Drittel der Emissionen

Allein in Deutschland ist die Tierhaltung die Ursache für rund zwei Drittel der Emissionen aus der Landwirtschaft. Hauptfaktor sind die elf Millionen Rinder - einschließlich der Milchkühe. Denn entgegen den schönen Werbe- und Postkartenmotiven fressen sie meist in Ställe gepfercht das Kraftfutter, das auf ehemaligen Regenwaldflächen Südamerikas angebaut und mit einem hohen Energieaufwand nach Europa verschifft wird, um hier für möglichst hohe Milch- und Fleischerträge zu sorgen. Das Methan, das während der Verdauung dieses Futters vorne und hinten entweicht, ist für über 40 Prozent der direkten landwirtschaftlichen Emissionen verantwortlich.  

Daneben ist für das Klima auch entscheidend, was hinten rauskommt: Gülle, Mist und Jauche. Zu diesem sogenannten Wirtschaftsdünger tragen in Deutschland neben den Rindern überwiegend die 24 Millionen Schweine bei. Die Hinterlassenschaften werden zunächst gelagert, umgeschichtet und als Dünger später auf die Felder aufgebracht. Während dieser gesamten Zeit bauen Mikroorganismen die Exkremente ab. Dadurch entstehen unter anderem Methan, Lachgas und CO2. So kommen über 16 Prozent der direkten Treibhausgasemissionen in der Landwirtschaft zustande.

90 Prozent aller Moorflächen trockengelegt

Die intensive Nutzung unserer Agrarflächen verlangt nach viel Dünger. Doch leider werden damit nicht nur die Felder gedüngt, sondern auch der Klimawandel. Denn die Pflanzen können so viel Stickstoff auf einmal gar nicht gebrauchen. Den Rest wandeln Mikroorganismen weiter in Lachgas um. Durch diesen Prozess entsteht rund ein Drittel der Emissionen aus der Landwirtschaft.  

Wenn dafür ehemalige Moorböden genutzt werden, kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Moose und tote Pflanzenreste liegen dann nicht mehr unter Wasser - die Flächen sind ja trockengelegt - sondern an der freien Luft. Mikroorganismen ernähren sich nun ungehindert davon und der Kohlenstoff aus den Pflanzen gelangt so als Klimagas CO2 in die Atmosphäre. In den vergangenen zweieinhalb Jahrhunderten wurden in Deutschland 90 Prozent aller Moore in Äcker und Weiden verwandelt. Eine Fläche knapp so groß wie Rheinland-Pfalz ist auf die Fläche von Bremen geschrumpft. Das ist eine große Quelle von Treibhausgasen.

Konsum tierischer Produkte muss gesenkt werden

Um jedoch die Klimaziele einzuhalten, müssen laut Bundesregierung Methan, Lachgas und CO2 reduziert werden. In den vergangenen 30 Jahren ist der Treibhausgasausstoß in der Landwirtschaft um knapp 25 Prozent zurückgegangen - insgesamt, also in allen Sektoren, dagegen um 35 Prozent. In 20 Jahren will Deutschland treibhausgasneutral sein. Bis dahin muss noch viel getan werden.

Bisher sind die Emissionen in der Landwirtschaft aus zwei Gründen zurückgegangen: Zum einen durch eine Verringerung der Tierbestände insgesamt. Weniger Tiere bedeuten weniger Emissionen. Aber das gilt nur, wenn auch der Konsum tierischer Produkte weniger wird. Sonst wird in anderen Ländern der Tierbestand erhöht und zu den Treibhausgasen aus der Haltung kommen noch die des Transports.

Zum anderen sind die Emissionen durch den Einsatz von Wirtschaftsdünger in Biogasanlagen gesunken. Der Mist verrottet wie sonst auch, allerdings in einer geschlossenen Anlage ohne Luftzufuhr. Das Methan wird gesammelt und als Biogas weiter genutzt - also verbrannt. Es entsteht CO2. Zwar immer noch klimaschädlich, aber einerseits weniger als Methan und andererseits ersetzt es so fossile Kraftstoffe.  

Zielgerichtetes Düngen soll helfen

Eine komplett emissionsfreie Landwirtschaft ist nicht möglich, aber eine stark reduzierte. Deshalb hat die Bundesregierung in ihrem Klimaschutzprogramm 2030 ein Bündel von unterschiedlichen Klimaschutzmaßnahmen vorgelegt. In der Landwirtschaft ist neben der stärkeren Verwendung von Biogasanlagen und der Reduzierung des Tierbestandes eine weitere wichtige Maßnahme das zielgerichtete Düngen. Wenn Bauern genau die Stickstoffmengen einbringen, die von den Pflanzen benötigt werden, ist das gut für das Klima und die Umwelt. Es spart zudem Düngemittel und damit Geld.

Zudem will die Bundesregierung Moore wieder unter Wasser setzen. Denn damit wird der schädliche Prozess umgedreht. Gesunde Moore speichern Kohlenstoff und binden CO2. Doch mehr Moorflächen bedeuten weniger Agrarflächen. Die Produktion von Nahrungsmitteln und den damit verbundenen Treibhausgasen lässt sich aus Sicht des Bundeslandwirtschaftsministeriums durch eine Vermeidung von Lebensmittelabfällen und einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Ernährung verringern. Dabei sollen die Kantinen des Bundes mit einem steigenden Anteil an pflanzlichen und saisonalen Lebensmitteln vorangehen.  

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das Erste am 21. August 2022 um 09:30 Uhr.