Sauerstoffmangel Teufelskreis im See
Wenn Seen erst einmal zu wenig Sauerstoff haben, wird es schwierig, sie in einen guten Zustand zurückzubringen. Ursache sind häufig Nährstoffe aus der Landwirtschaft.
Ist ein See einmal sauerstoffarm, wird er immer wieder sauerstoffarm sein. Das haben Forschende in einer Studie ermittelt, die jetzt in der Fachzeitschrift "Global Change Biology" erschienen ist.
Viele Seen in Deutschland sind in einem schlechten Zustand. Zu viele Nährstoffe vor allem aus der Landwirtschaft und zu einem geringeren Anteil dem Verkehr sorgen dafür, dass den Tieren in Seen regelrecht die Luft ausbleibt. Kommt zum Beispiel bei Regen Dünger aus Feldern in den See, kann das fatal sein.
Denn die Nährstoffe sorgen dafür, dass an der Oberfläche viele kleine Algen wachsen können. Sterben diese ab, sinken sie an den Boden des Sees. Bakterien zersetzen hier die Algen und verbrauchen dabei Sauerstoff. Die Folge: Gerade in der Tiefe können kaum noch Tiere leben.
Einmal sauerstoffarm, immer sauerstoffarm
Die neue Studie hat jetzt herausgefunden, dass das besonders für bereits sauerstoffarme Seen zum dauerhaften Problem werden kann. Denn ist besonders wenig Sauerstoff im Wasser, können sich noch mehr Nährstoffe aus dem sogenannten Sediment, also dem Boden, lösen, erklärt Maximilian Lau. Er ist Limnologe, also Ökologe von Binnengewässern und einer der Autoren der Studie.
Als Folge stehen dann im nächsten Jahr an der Oberfläche mehr Nährstoffe zur Verfügung, noch mehr Algen können sich ausbilden, wiederum mehr Biomasse kann ins Tiefenwasser sinken. "Dadurch ist dann die Geschwindigkeit und der Umfang der Sauerstofffreiheit im Tiefenwasser im darauffolgenden Jahr dramatisch", sagt Lau.
Klimawandel verstärkt Effekt
Der Klimawandel spielt auch hier eine große Rolle. Denn dieser sogenannte Rückkopplungseffekt wird unter zukünftigen Bedingungen noch öfter auftreten. Höhere Temperaturen, gerade im Frühling, führen zu wenig Sauerstoff im Tiefenwasser. Fließt dann noch in Dürreperioden besonders wenig neues Wasser in den See nach, verstärkt sich der Rückkopplungseffekt weiter.
Ob bestimmte Seen besonders gefährdet sind, in diesen Teufelskreis zu geraten, lässt sich über den Sauerstoffgehalt bestimmen, so Wissenschaftler Lau. Wenn weniger als 1,8 Milligramm Sauerstoff pro Liter Wasser messbar sind, wird der See wahrscheinlich in die Abwärtsspirale von mehr und mehr Nährstoffen und damit immer weniger Sauerstoff rutschen.
Seen in Deutschland in schlechtem Zustand
Ralf Köhler ist ebenfalls Limnologe und Mitglied des Arbeitskreises Wasser beim Umweltverband BUND. Auch wenn die Studie seiner Einschätzung nach eher schon bekanntes Wissen festigt, alarmieren ihn die Ergebnisse. Denn die Seen in Deutschland seien ohnehin stark belastet. "Würden wir stur nach unserer wissenschaftlichen Bewertung gehen, dann wären 100 Prozent in keinem guten Zustand", so Köhler.
Belastungen durch Schwermetalle beispielsweise gehen in die Beurteilungen zum Zustand der Seen aber gar nicht ein. Trotzdem, so Köhler, seien im besten Falle 20 Prozent der Seen in Deutschland noch in einem guten Zustand. "80 Prozent verfehlen geradezu krachend die Vorgabe, die die Wasserrahmenrichtlinie gemacht hat, dass wir bis 2015 in gutem Zustand sein sollten", sagt Köhler. Die nächste Frist, diesen Zustand zu erreichen, ist 2027.
Nährstoffe kaum zu entfernen
Dabei ist es besonders wichtig, Vorsorge zu leisten, damit die Seen gar nicht erst in den gefährdeten Bereich kommen, sagt Köhler. Denn die Kosten, einmal in solche Gewässer eingetragene Nährstoffe wieder rauszukriegen, seien eminent hoch und die Technik kaum ausgereift. "Und eigentlich, das haben wir Umweltverbände seit Jahrzehnten gesagt, hätte man verhindern müssen, dass die Nährstoffe da hineinkommen", so der Vertreter vom BUND.
Ähnlich sieht es auch Wissenschaftler Lau. Er plädiert ebenfalls dafür, so schnell wie möglich dafür zu sorgen, dass weniger Nährstoffe in Seen gelangen: "Es ist ja immer so in der Ökologie oder bei der Integrität von Ökosystemen, dass es erst mal eher darum geht, weitere Verschlechterungen zu verhindern, bevor man auf die Idee kommt, was schon bereits schlecht ist, versucht zu sanieren oder wiedergutzu machen. Das ist oft, wenn nicht immer, schwerer."