Ein Bild der Geisel Shiri Bibas und ihrem Sohn bei einem Protestcamp der Familien.

Krieg in Nahost Familie bestätigt Tod von Geisel Shiri Bibas

Stand: 22.02.2025 09:11 Uhr

Bei der von der Hamas am späten Abend übergebenen Leiche handelt es sich nach Angaben ihrer Familie um Shiri Bibas. Heute sollen sechs weitere israelische Geiseln im Austausch gegen Hunderte palästinensische Häftlinge freikommen.

Bei der von der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen übergebenen Frauenleiche handelt es sich um die der verschleppten Geisel Shiri Bibas. "Unsere Shiri ist in Gefangenschaft ermordet worden und ist nun nach Hause zurückgekehrt", erklärte die Familie Bibas in einer Stellungnahme. Weiter hieß es: "Nach dem Identifizierungsprozess am Institut für Forensische Medizin haben wir heute Morgen die Nachricht erhalten, vor der wir uns am meisten gefürchtet haben." Nach 16 Monaten der Angst und Hoffnung habe die Familie nun Gewissheit, hieß es weiter. "Wir sind am Boden zerstört und trauern."

Zuvor hatte auch der Kibbuz Nir Oz den Tod Bibas' bestätigt. "Der Kibbuz teilt mit tiefem Schmerz mit, dass sie in der Geiselhaft in Gaza ermordet wurde", sagte eine Sprecherin. Die junge Mutter werde "in Israel an der Seite ihrer beiden kleinen Söhne beerdigt". Die Leiche von Bibas, die auch die deutsche Staatsangehörigkeit hatte, war zuvor an das Rote Kreuz ausgehändigt worden, woraufhin sie Israel übergeben und in einem forensischen Institut in der Küstenmetropole Tel Aviv untersucht wurde.

Die sterblichen Überreste der Mutter hätten eigentlich zusammen mit denen ihrer beiden Söhne im Kleinkindalter bereits am Donnerstag nach Israel zurückkehren sollen. In dem Sarg, den die Hamas an dem Tag an das Rote Kreuz übergeben hatte, befand sich jedoch die Leiche einer anderen, unbekannten Frau. Die Terrororganisation räumte später einen möglichen Irrtum ein.

Hagari: Terroristen wollten Gräueltaten vertuschen

Die Vertauschung - ob wissentlich oder versehentlich - hatte in Israel große Empörung ausgelöst. Schon in der Nacht zu Freitag hatte die israelische Armee den Tod von Bibas' beiden kleinen Kindern Ariel und Kfir bestätigt. "Im Gegensatz zu den Lügen der Hamas wurden Ariel und Kfir nicht bei einem Luftangriff getötet, sondern kaltblütig ermordet", sagte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari. "Die Terroristen haben die beiden Jungen nicht erschossen - sie haben sie mit bloßen Händen umgebracht", sagte Hagari weiter.

Anschließend hätten die Terroristen "grausame Taten" begangen, um ihre Gräueltaten zu vertuschen, sagte Hagari weiter. Details nannte der Armeesprecher nicht. Diese Einschätzung stütze sich auf die forensischen Ergebnisse der Identifizierung der Leichen und auf nicht näher bezeichnete nachrichtendienstliche Erkenntnisse, hieß es. Im Augenblick ihrer Entführung war Ariel vier Jahre und Kfir erst zehn Monate alt.

Netanjahu spricht von "Hamas-Monstern"

Die Hamas hat Israel dagegen vorgeworfen, den Tod der am 7. Oktober 2023 aus Israel in den abgeriegelten Gazastreifen verschleppten Kleinkinder und ihrer Mutter Shiri durch einen Luftangriff im darauffolgenden November verschuldet zu haben. Dabei soll die Leiche der Frau zusammen mit anderen Opfern unter Trümmern begraben worden sein. Deshalb sei am Donnerstag möglicherweise irrtümlich nicht die Mutter, sondern eine andere Tote zusammen mit den sterblichen Überresten der Jungen und einer weiteren israelischen Geisel übergeben worden, erklärte die Terrororganisation.

Israel hatte dies als Bruch der Vereinbarungen zur geltenden Waffenruhe und Geiselfreilassung gewertet. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte die Hamas wegen der am Donnerstag übergebenen falschen Toten als "grausam und bösartig" bezeichnet und von "Hamas-Monstern" gesprochen. Diese würden dafür zahlen, warnte er in einer Videobotschaft. Zugleich sicherte er zu, sich für die Rückkehr aller noch im Gazastreifen verbliebenen Geiseln einzusetzen. 

Insgesamt sechs weitere Freilassungen geplant

Die Terrororganisation will derweil heute sechs weitere israelische Geiseln im Austausch gegen Hunderte palästinensische Häftlinge freilassen. In Rafah, im Süden des abgeriegelten Küstenstreifens, übergab die Hamas zunächst zwei Männer dem Roten Kreuz. In einem zweiten Schritt sollen die vier anderen freikommen. Bei den sechs Männern handelt es sich um Omer Schem-Tov, Omer Wenkert, Elija Cohen, Tal Schoham, Hischam al-Sajid und Avera Mengistu. Die Hamas bestätigte die Namen. Vier weitere Leichen sollen laut Hamas kommende Woche übergeben werden.

Unter den sechs Entführten sind zwei Männer, die seit rund zehn Jahren von der Hamas festgehalten werden. Sie hatten vor ihrer Geiselnahme auf eigene Faust die Grenze zum Gazastreifen überschritten. Beide haben nach israelischen Angaben mit psychischen Problemen zu kämpfen. Die anderen vier Männer waren am 7. Oktober 2023 von der Hamas und anderen extremistischen Gruppen bei deren bislang beispiellosen Massaker im Süden Israels mit 1.200 Toten in den Gazastreifen verschleppt worden.

Im Gegenzug zur Freilassung der israelischen Geiseln ist palästinensischen Angaben zufolge vorgesehen, dass Israel rund 600 palästinensische Häftlinge aus Gefängnissen entlassen wird, unter ihnen 60 Straftäter mit langen Haftstrafen. 

Grenzübergang Kerem Shalom geschlossen

Israel hat unterdessen den wichtigsten Übergang für Hilfslieferungen in den Gazastreifen ohne Angabe von Gründen geschlossen. "Der Grenzübergang Kerem Shalom ist heute geschlossen, und seit gestern ist keine Ausrüstung mehr nach Gaza gelangt", schrieb Netanjahus Sprecher Omer Dostri auf X. Nach Angaben der Hamas waren kurz vor der Schließung noch rund zehn Containerhäuser über Kerem Schalom in das abgeriegelte Küstengebiet transportiert worden. Die Lieferung dieser Behelfshäuser für die vielen in Zelten und Ruinen lebenden rund zwei Millionen Gaza-Bewohner ist eine der wichtigsten Forderungen der Hamas für die Fortsetzung der Waffenruhe und den vereinbarten Austausch von Geiseln gegen inhaftierte Palästinenser.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 22. Februar 2025 um 09:00 Uhr.