Poster von Shiri Biabs und ihren Söhnen kleben auf Stühlen.

Hamas-Geiseln Übergebene Frauenleiche ist laut Israel nicht Shiri Bibas

Stand: 21.02.2025 08:56 Uhr

Israel hat die von der Terrorgruppe Hamas übergebenen toten Kinder als die Brüder Kfir und Ariel Bibas identifiziert. Die weibliche Leiche sei jedoch nicht deren Mutter Shiri. Premierminister Netanjahu droht der Hamas mit Konsequenzen.

Israel hat die Identität von zwei Kinderleichen bestätigt, die von der islamistischen Terrorgruppe Hamas im Gazastreifen übergeben worden waren. Es handele sich um die vor mehr als 16 Monaten in den abgeriegelten Küstenstreifen verschleppten Geiseln Kfir und Ariel Bibas, teilte die Armee nach einer forensischen Untersuchung mit.

Die Armee habe die Familie Bibas über den Tod der beiden Kleinkinder informiert, hieß es weiter in der Mitteilung. Die zur Zeit ihrer Entführung vier Jahre und zehn Monate alten Brüder hatten auch die deutsche Staatsangehörigkeit.

Nach Experteneinschätzung auf der Basis von Geheimdienstinformationen und forensischen Untersuchungsergebnissen seien "Ariel und Kfir im November 2023 in Gefangenschaft brutal von Terroristen ermordet worden". Nach Darstellung der Hamas sollen sie bei einem israelischen Bombardement getötet worden sein. 

Militär: Dritte Leiche nicht identifiziert

Die Untersuchung habe ergeben, dass es sich bei der dritten Leiche jedoch nicht um die Mutter der Brüder, Shiri Bibas, handele, hieß es in der Mitteilung der Armee. "Das ist eine anonyme, nicht identifizierte Leiche."

Dies sei ein schwerer Verstoß der Terrororganisation Hamas gegen die Vereinbarung, vier getötete Geiseln an Israel zu übergeben. "Wir fordern, dass die Hamas Shiri mit allen anderen unserer Geiseln zurückgibt", hieß es weiter.

Netanjahu droht Konsequenzen an

Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu kündigte in einer Videobotschaft Konsequenzen für die Hamas an. "Wir werden entschlossen handeln, um Shiri zusammen mit all unseren Geiseln - den lebenden und den toten - nach Hause zu bringen", so Netanjahu.

Außerdem werde man sicherstellen, "dass die Hamas den vollen Preis für diesen grausamen und bösartigen Verstoß gegen das Abkommen zahlt".

US-Sondergesandter warnt Hamas

Auch der US-Sondergesandte für Geiselfragen, Adam Boehler, sprach eine deutliche Warnung aus. Im Gespräch mit dem Fernsehsender CNN bezeichnete Boehler die Entscheidung der Hamas, eine falsche Leiche freizugeben, als "entsetzlich" und als "klare Verletzung" der Waffenruhe. "Wenn ich an ihrer Stelle wäre, würde ich alle freilassen, sonst droht ihnen die totale Vernichtung", drohte Boehler der Hamas.

Unklar ist nun, wie es mit der Umsetzung des Deals zwischen Israel und der Hamas weitergeht. Vier weitere Leichen sollten laut Hamas kommende Woche übergeben werden. Zudem sollen am Samstag sechs weitere Geiseln im Rahmen des Abkommens zwischen Israel und der Islamistenorganisation freikommen. Im Gegenzug soll Israel Berichten zufolge alle Frauen und Minderjährigen freilassen, die seit Beginn des Gaza-Kriegs festgenommen wurden und die nicht am bewaffneten Kampf gegen Israel beteiligt gewesen sein sollen.

Schicksal der Bibas-Familie war lange unklar

Das Schicksal der entführten Shiri, Ariel und Kfir Bibas war seit Langem ungeklärt gewesen. Videoaufnahmen der verängstigen Mutter und ihrer beiden Söhne, die bei der Entführung nach dem Massaker der Hamas-Terroristen im israelischen Grenzgebiet am 7. Oktober 2023 entstanden, gingen um die Welt.

Der Vater der Kinder, Jarden Bibas, wurde kürzlich freigelassen. "Unglücklicherweise ist meine Familie nicht zu mir zurückgekehrt", teilte er nach seiner Rückkehr nach Israel mit. "Mein Licht ist immer noch dort (im Gazastreifen), und solange sie dort sind, ist hier alles düster." 

Übergabe der Leichen bei Hamas-Inszenierung

Die Leichen waren am Donnerstag in einer Inszenierung der islamistischen Terrororganisation Hamas in Chan Junis im Süden des Küstengebiets an Vertreter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) übergeben worden.

Die Hamas hatte am Übergabeort eine Bühne errichtet, zahlreiche jubelnde Schaulustige versammelten sich neben Dutzenden vermummten und maskierten Islamisten in Uniformen zu lauter Musik. Selbst auf den Särgen klebte noch Hamas-Propaganda. Dies sorgte auch international für große Empörung. 

Auch Leiche der männlichen Geisel identifiziert

Nach der Aushändigung der vier Leichen an die israelische Armee war von einem forensischen Institut bei Tel Aviv zuerst die Leiche von Oded Lifschitz identifiziert worden. Der 1940 geborene pensionierte Journalist war Aktivist für die Rechte von Palästinensern.

Dessen Frau war ebenfalls während des Hamas-Terrorüberfalls vor mehr als 16 Monaten in den Gazastreifen verschleppt worden. Yocheved Lifschitz wurde zwei Wochen später freigelassen. "Ich bin durch die Hölle gegangen", sagte sie damals. Die Terroristen hätten in ihrem Kibbuz Nir Oz gewütet, Menschen getötet und entführt.

"Mit tiefer Trauer haben wir die offizielle und bittere Nachricht erhalten, die die Identifizierung des Leichnams unseres geliebten Oded bestätigt", teilte jetzt die Familie in einer von Forum der Geisel-Angehörigen verbreiteten Erklärung mit. "503 qualvolle Tage der Ungewissheit sind zu Ende."

Julio Segador, ARD Tel Aviv, tagesschau, 21.02.2025 06:43 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 21. Februar 2025 um 08:00 Uhr.