Antonio Costa, Wolodymyr Selenskyj und Ursula von der Leyen.

Krisengipfel zur Verteidigung EU reagiert mit massiver Aufrüstung auf Trump

Stand: 07.03.2025 00:53 Uhr

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich hinter Pläne für massiv erhöhte Verteidigungsausgaben gestellt. In einer separaten Erklärung einigten sich alle EU-Länder auf die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine - nur Ungarn scherte aus.

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben grundsätzlich den Weg für eine Aufrüstung Europas frei gemacht. Die 27 Mitgliedsländer zeigten sich auf einem EU-Krisengipfel in Brüssel bereit, ihre Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen.

Die EU "wird ihre allgemeine Verteidigungsbereitschaft erhöhen, ihre strategischen Abhängigkeiten verringern, ihre kritischen Fähigkeitslücken schließen und die europäische verteidigungstechnologische und -industrielle Basis stärken", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung aller 27 Staats- und Regierungschefs der EU nach dem Treffen in Brüssel.

Gegen den Widerstand Ungarns einigten sich die 26 anderen Länder zudem auf die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine. Hintergrund ist das vorläufige Aus für die US-Militärhilfen an die Ukraine sowie die Annäherung von US-Präsident Donald Trump an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Putin hatte vor etwas mehr als drei Jahren den Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen.

Zwei separate Erklärungen

Die EU-Staaten verabschiedeten zwei Erklärungen: In der ersten im Namen aller 27 begrüßten sie den Vorstoß von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine Erhöhung der Militärausgaben. Die Kommissionschefin wurde beauftragt, zeitnah detaillierte Vorschläge zu unterbreiten.

Man nehme "zur Kenntnis", dass die EU-Kommission ein neues Finanzierungsinstrument vorlegen will, mit dem EU-Staaten bis zu 150 Milliarden Euro an Krediten zur Verfügung gestellt werden, die durch den EU-Haushalt abgesichert werden sollen, heißt es in der nun verabschiedeten Erklärung. Zudem wird begrüßt, dass die Europäische Investitionsbank den Ausbau der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie unterstützen will. Zudem sollen private Finanzmittel für die Verteidigungsindustrie mobilisiert werden.

Von der Leyen hatte eine Lockerung der EU-Schuldenregeln vorgeschlagen und weitere Anreize zur Steigerung der nationalen Verteidigungsausgaben. Insgesamt will sie bis zu 800 Milliarden Euro zur Verteidigung gegen eine mögliche Aggression Russland mobilisieren.

Ukraine-Erklärung ohne Ungarn

In einer zweiten Erklärung verurteilten 26 EU-Länder erneut den russischen Angriffskrieg und bekundeten der Ukraine volle Rückendeckung für das Ziel eines gerechten und dauerhaften Friedens. Darin bekräftigten sie, dass es keine Friedenslösung ohne die Ukraine und die Europäer geben könne.

Der ungarische Regierungschef Viktor Orban weigerte sich als einziger, die Ukraine-Erklärung mitzutragen. Orban hatte den anderen Europäern vorab im Onlinedienst X vorgeworfen, den Krieg in der Ukraine verlängern zu wollen. Er hingegen wolle wie US-Präsident Trump den "Frieden". Orban schrieb von einem "transatlantischen Graben zwischen der Mehrheit Europas und den USA".

Trump beschuldigt die Ukraine, kein Interesse an einem Ende des russischen Angriffskriegs zu haben. Russland zeigt sich jedoch nicht bereit zu Verhandlungen und will weiterhin alle eigenen Kriegsziele erreichen. Die Ukraine und die meisten europäischen Staaten lehnen ein Ende des Kriegs zu den Bedingungen Russlands ab. So warnte auch Bundeskanzler Olaf Scholz heute in Brüssel erneut vor einem "Diktatfrieden".

Gasversorgung der Slowakei ein Thema

Weiterhin werden die EU-Kommission, die Slowakei und die Ukraine aufgerufen, ihre Bemühungen für eine Lösung der Gasversorgung der Slowakei zu verstärken. Die Erwähnung dieser slowakischen Forderung war eine Bedingung des linksnationalen Ministerpräsident Robert Fico, der Erklärung zuzustimmen. Die Ukraine stellte, wie lange davor angekündigt, zu Jahresbeginn die Durchleitung von russischem Gas durch ihr Territorium in mehrere EU-Länder ein. Seitdem liegt sie im Streit mit ihrem Nachbarland Slowakei.

Beratungen über Verteidigung und Unterstützung der Ukraine auf EU-Sondergipfel in Brüssel

Tobias Reckmann, ARD Brüssel, tagesthemen, 06.03.2025 22:35 Uhr

"Wendepunkt für die Sicherheit Europas"

Zu Beginn des Gipfels hatte von der Leyen von einem Wendepunkt für die Sicherheit Europas gesprochen. "Dies ist ein entscheidender Moment für Europa", sagte sie. "Europa sieht sich einer klaren und gegenwärtigen Gefahr gegenüber." Deshalb müsse Europa in der Lage sein, sich selbst zu schützen und sich zu verteidigen. Zudem müsse Europa auch die Ukraine in die Lage versetzen, sich selbst zu schützen.

Neben den Vertretern der EU-Staaten war auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu dem Gipfel angereist. "Ich möchte all unseren europäischen Staats- und Regierungschefs danken", sagte er. "Sie haben uns von Beginn des Krieges an stark unterstützt. Während dieser ganzen Zeit und in der letzten Woche sind Sie an unserer Seite geblieben."

Der zuletzt bei seinem Besuch im Weißen Haus gedemütigte ukrainische Präsident wurde in Brüssel mit offenen Armen empfangen.