Ursula von der Leyen beantwortet Fragen von Medienvertretern in Brüssel (Belgien).
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Plan für Aufrüstung der EU Wie von der Leyen Milliarden für Waffen beschaffen will

Stand: 04.03.2025 19:14 Uhr

Bis zu 800 Milliarden Euro will EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen mobilisieren, um die Verteidigungsfähigkeit Europas zu stärken und gleichzeitig die Unterstützung für die Ukraine zu sichern. Wie soll das gehen?

Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weiß, wie sie Aufmerksamkeit auf politische Initiativen lenken kann. Während ihrer ersten Amtszeit bewarb sie ihr ehrgeiziges Umweltprogramm European Green Deal mit dem "Mann auf dem Mond"-Moment für Europa.

Nun beschreibt sie die EU in einer "Ära" der Wiederaufrüstung. Und unterstreicht so, warum ihr Programm "ReARM Europe" notwendiger ist denn je. Vor allem aber geht sie zwei Tage vor dem EU-Sondergipfel in die Offensive, ehe die Staats- und Regierungschefs ihre Pläne zerreden können.

Erinnerung an die Corona-Hilfen

Es ist ein Vorschlag, der an das Corona-Wiederaufbaupaket erinnert, mit dem von der Leyen auch schon mehrere Hundert Milliarden Euro zur Bewältigung der Pandemie locker gemacht hatte.  

Eine der Kernforderungen: Die Mitgliedsstaaten sollen ihre eigenen Ausgaben für die Verteidigung erhöhen können. Die Spielräume der Mitgliedsstaaten sollen vergrößert werden, indem die Schuldenregeln dafür aufgeweicht werden. Die Staaten sollen nicht mehr fürchten, ein Defizitverfahren von Brüssel aufgedrückt zu bekommen, wenn sie ihr Geld in die Rüstung stecken.

Von der Leyen rechnet vor: Wenn die Mitgliedsstaaten zusätzlich anderthalb Prozent ihrer Wirtschaftsleistung investieren, könnten innerhalb von vier Jahren bis zu 650 Milliarden Euro für Rüstungsausgaben locker gemacht werden. Die Rechnung geht davon aus, dass die Mitgliedstaaten ernst machen mit steigenden Investitionen in die Rüstung.

Konsens und Uneinigkeit

Dass die EU-Staaten mehr für eigene Sicherheit tun müssen und dass das auch mehr Geld kostet, ist Konsens. Aber über den Weg dahin wird gestritten. Im EU-Parlament mahnt der CSU-Wirtschaftspolitiker Markus Ferber, die Ausnahme von den Schuldenregeln müsse an klare Bedingungen geknüpft sein: "Dass jeder Mitgliedsstaat das NATO-Zwei-Prozent-Ziel erfüllt, sollte eine unverhandelbare Vorbedingung für die Ausweichklausel sein." Ohne Bedingungen werde man sich noch wundern, was die Staaten alles zu Verteidigungsausgaben umdefinieren.

Ab wann eine solche Ausnahme greift, dürfte auch Gesprächsstoff unter den Staats- und Regierungschefs am Donnerstag sein. Denn die Länder liegen bei ihren Ausgaben für die Verteidigung weit auseinander.

Polen und Balten investieren teilweise weit mehr als zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Rüstung, Spanien, Italien und Belgien hinken weit hinterher. Vor allem verschuldete Länder sind zögerlich, noch weitere Schulden aufzunehmen. Wenig verwunderlich, dass auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron auf einen Fonds setzt.

Ein Fonds für Luft- und Raketenabwehr?

Das ist auch von der Leyens zweite Idee: ein Fonds im Umfang von 150 Milliarden Euro, abgesichert durch den EU-Haushalt. Diese Mittel sollen Luft- und Raketenabwehr, Artilleriesysteme und Munition finanzieren. Auch sollen strategische Fähigkeiten wie Militärmobilität und der Schutz kritischer Infrastruktur gestärkt werden.

Aber die Details sind unklar. Woher soll das Geld stammen? Und helfen die Mittel auch kurzfristig der Ukraine, vor allem, seitdem die USA nun ihre militärische Unterstützung ausgesetzt haben?

Der SPD-Europaabgeordnete Tobias Cremer kommt bei von der Leyens Programm zu dem Schluss: "Notwendig, aber nicht ausreichend." Die Ausgaben müssten in eine umfassendere Investitionsstrategie eingebettet sein.

Nun müssen die Gegner sich erklären

Schließlich stellt der Plan auch in Aussicht, ungenutzte Mittel für die Regionalförderung in technologische Investitionen umzuleiten. Eine stärkere Rolle der Europäischen Investitionsbank und das Geld privater Investoren runden den Vorschlag von der Leyens ab.  

Die Pläne der EU-Kommission bieten von der Leyen eine günstige Ausgangsposition. Beim Gipfel müssen vor allem die Gegner gemeinsamer neuer Schulden erklären, wie sie das viele Geld mobilisieren wollen, das für die Verteidigung der EU und der Ukraine notwendig wird, wenn die USA Europa immer mehr den Rücken zukehren.

Aber es könnte auch ums Grundsätzliche gehen. Ungarn und die Slowakei dürften die Ukraine-Unterstützung grundsätzlich in Frage stellen und damit die Position der USA an den Gipfeltisch bringen.