Ukrainischer Vorstoß In Kursk wird weiter gekämpft
Die Kämpfe in der russischen Grenzregion Kursk dauern an - und bringen Russland offenbar zunehmend in Bedrängnis: Jetzt kündigte Moskau an, Verstärkung in die Region schicken.
Die russischen Streitkräfte kämpfen im Gebiet Kursk nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau weiter gegen einen Vormarsch ukrainischer Truppen. Die Behörden stuften den bereits geltenden Ausnahmezustand in der russischen Grenzregion zur Ukraine zu einem nationalen Notstand hoch.
Das Verteidigungsministerium kündigte an, zusätzliche Einheiten nach Kursk zu schicken. Kolonnen mit Grad-Mehrfachraketenwerfern, Artillerie und Panzern würden in die Region verlegt, meldet die Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf das Ministerium.
Moskau: Ukrainische Versuche zurückgeschlagen
Nach Angaben örtlicher Behörden halten die Kämpfe mit den eingedrungenen ukrainischen Truppen an. "Einige Dutzend Kilometer" von der Stadt Kurschatow und dem dortigen Atomkraftwerk Kursk entfernt gebe es weiterhin Kämpfe, teilt ein Behördenvertreter auf dem Kurznachrichtendienst Telegram mit.
Ukrainische Versuche, tief ins Gebiet Kursk vorzudringen, seien mit Flugzeugen und Artillerie zurückgeschlagen worden, hieß es in dem Moskauer Militärbericht. Seit Beginn des ukrainischen Angriffs am Dienstag hätten die Truppen Kiews bis zu 945 Soldaten und 102 Stück Panzertechnik verloren, darunter zwölf Panzer. Die Rede war auch von westlicher Militärtechnik. Zerstört worden seien etwa fünf Radschützenpanzer vom US-Typ "Stryker".
Von deutscher Technik war in dem Bulletin keine Rede. Die russischen Militärangaben lassen sich von unabhängiger Seite nicht überprüfen.
Selenskyj: "Russland soll spüren, was es getan hat"
Nach Darstellung des Ministeriums gab es Kämpfe in mehreren Siedlungen des Gebiets Kursk, darunter auch im westlichen Teil der Stadt Sudscha. Allein innerhalb von 24 Stunden hätten die ukrainischen Streitkräfte 280 Mann und 27 Einheiten Technik verloren. Zu den Verlusten auf russischer Seite gab es keine offiziellen Angaben, Militärblogger bestätigten aber den Tod vieler Soldaten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj äußerte sich am Donnerstag erstmals zumindest indirekt zum ukrainischen Vorstoß in die Region Kursk. "Russland hat den Krieg in unser Land gebracht und soll spüren, was es getan hat", sagte Selenskyj in seiner Videobotschaft. Zu den Details des Angriffs äußerte sich Kiew bisher aber nicht.
Die Ukraine verteidigt sich seit fast zweieinhalb Jahren gegen den russischen Angriffskrieg und hat im Zuge ihres Abwehrkampfes immer wieder auch mit Drohnen und Raketen den Nachbarstaat attackiert. Eine große Bodenoperation regulärer Truppen wie derzeit in Kursk gibt es zum ersten Mal.
Drohnenangriffe auf Lipezk
Parallel zum Vorstoß auf die Region Kursk griff das ukrainische Militär die weiter im Landesinneren liegende Oblast Lipezk in der Nacht mit Drohnen an. Bei dem Beschuss seien Lagerbestände an Lenkbomben beschädigt worden, erklärte das ukrainische Militär auf dem Kurzmitteilungsdienst Telegram.
Ein großes Feuer sei ausgebrochen, es seien mehrere Explosionen beobachtet worden. Auf dem Flugplatz außerhalb der gleichnamigen Regionalhauptstadt Lipezk seien russische Kampfflugzeuge vom Typ Su-34, Su-35 und MiG-31 stationiert.
Die Oblast Lipezk liegt östlich der Grenzregion Kursk und damit weiter im Landesinneren von Russland. Auch der Gouverneur von Lipezk, Igor Artamonow, berichtete von einem "massiven Angriff" der Ukraine mit Drohnen. Es sei zu Explosionen gekommen, neun Menschen seien verletzt worden. Teilweise sei die Stromversorgung ausgefallen. In der Regionalhauptstadt sei der Ausnahmezustand ausgerufen worden.
Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Mehrere Dörfer in Lipezk evakuiert
Artamonow zufolge wurden vier Dörfer evakuiert, davon einige in der Nähe des Luftwaffenstützpunktes. Alle Unterhaltungsveranstaltungen seien abgesagt worden - die Sicherheitsvorkehrungen für andere Veranstaltungen, etwa im Sport, würden verschärft. "Wir lassen uns nicht einschüchtern und geben nicht nach, aber wir haben auch nicht vor, das Leben unserer Leute zu riskieren", so der Gouverneur.
Dem Verteidigungsministerium in Moskau zufolge schoss die Luftabwehr in der Nacht insgesamt 75 ukrainische Drohnen ab, die meisten davon über Lipezk und der Grenzregion Belgorod. Auch die von Russland bereits 2014 annektierten ukrainischen Halbinsel Krim war Ziel ukrainischer Angriffe.
In der Nähe der Stadt Sewastopol, wo die russische Schwarzmeerflotte seit jeher ihr Hauptquartier hat, wurden nach Angaben des dortigen Gouverneurs Michail Raswoschajew drei Drohnen und drei Drohnenboote zerstört.