Spannungen im Ukraine-Konflikt Putin macht Westen verantwortlich
Der russische Präsident Putin hat dem Westen die volle Verantwortung für die Spannungen im Ukraine-Konflikt zugeschoben. Außerdem wiederholte er seine Forderung nach einer Absage an eine weitere Ostausdehnung der NATO.
In einer Rede bei einem Treffen mit hochrangigen Militärs hat Russlands Präsident Wladimir Putin den USA und der NATO vorgeworfen, verantwortlich zu sein für "Spannungen, die sich in Europa aufbauen".
Die Vereinigten Staaten betrachteten sich als Sieger des Kalten Krieges und hätten in ihrer Euphorie politische Fehlentscheidungen getroffen, sagte er. Er bezog sich dabei auf die Ost-Erweiterung der NATO und das Ende von Abkommen zur Rüstungskontrolle.
Russland sei Schritt für Schritt zu Antworten gezwungen worden. Die Situation habe sich immer weiter verschlechtert. "Und hier sind wir heute, in einer Situation, in der wir gezwungen sind, es irgendwie zu lösen."
Putin warf den USA ein "aggressives" Vorgehen vor und drohte mit Konsequenzen. "Im Fall einer Fortsetzung der ziemlich aggressiven Linie unserer westlichen Kollegen werden wir mit adäquaten militärisch-technischen Maßnahmen antworten, werden auf die unfreundlichen Schritte hart reagieren", sagte Putin.
Wachsende Spannungen an der Grenze
Russland hatte zuvor in Entwürfen für Sicherheitsabkommen mit den USA und der NATO verlangt, dass das westliche Militärbündnis die Ukraine und andere ehemalige Sowjetrepubliken nicht aufnehme, Waffen aus der Region abziehe und Manöver dort beende. Die Forderungen wurden zu einem Zeitpunkt wachsender Spannungen mit Blick auf einen russischen Truppenaufbau nahe der Grenze zur Ukraine eingereicht, der Ängste vor einer möglichen russischen Invasion in dem Nachbarland befeuerte.
Putin erklärte heute, dass es nur Minuten dauern würde, bis Raketen Moskau erreichen könnten, sollten Raketensysteme der USA und der NATO in der Ukraine installiert werden.
"Für uns ist das die ernsteste Herausforderung - eine Herausforderung unserer Sicherheit", sagte Putin und fügte hinzu, dies sei der Grund, warum der Kreml "langfristige, rechtsverbindliche" Garantien vom Westen benötige, im Gegensatz zu "mündlichen Zusicherungen, Worten und Versprechungen", denen Moskau nicht trauen könne. Zugleich betonte Putin, er hoffe auf konstruktive Gespräche mit Vertretern aus Washington und Brüssel.
Telefonat mit Scholz
Der Ukraine-Konflikt war auch Thema eines Telefonats von Bundeskanzler Olaf Scholz mit Putin. Nach Angaben der Bundesregierung sprachen Scholz und Putin über die verstärkte russische Militärpräsenz im Umfeld der Ukraine.
Der Kanzler habe seine Sorge angesichts der Lage geäußert und von der dringenden Notwendigkeit einer Deeskalation gesprochen, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Außerdem sei es um den Stand der Umsetzung der Minsker Vereinbarungen zur friedlichen Lösung des Konflikts in der Ostukraine gegangen. Scholz habe die Notwendigkeit unterstrichen, die Verhandlungen im Normandie-Format voranzubringen.
Putin legte wiederum auf Bitte von Scholz ausführlich die russische Sicht auf den Ukraine-Konflikt dar.
Stoltenberg sieht grundlosen militärischen Aufbau
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte, das Bündnis wolle seine Sorge über das Verhalten Russlands in baldigen Gesprächen zum Ausdruck bringen. Russland ziehe weiter Truppen an der Grenze zur Ukraine zusammen: "Wir sehen, dass sie nach und nach immer mehr Streitkräfte - Artillerie, Kampftruppen, Kampfpanzer - in die Nähe der ukrainischen Grenze bringen."
Trotz internationaler Forderungen nach Transparenz und Deeskalation gehe der "grundlose und unerklärte" militärische Aufbau weiter. Um die angespannte Lage zu besprechen, kündigte Stoltenberg an, Anfang des kommenden Jahres eine Sitzung des NATO-Russland-Rates einberufen zu wollen.
Ist Russland zu neuen Beratungen bereit?
Unklar blieb zunächst allerdings, ob Moskau überhaupt zu neuen Beratungen in dem Dialogformat bereit ist. Die bislang letzten Gespräche im NATO-Russland-Rat gab es im Juli 2019. Seitdem scheiterten alle Versuche, einen Termin für ein Treffen festzulegen. Als ein Grund gilt, dass Russland in dem Format eigentlich nicht mehr über den Ukraine-Konflikt reden will, was wiederum vor allem östliche NATO-Staaten nicht als Bedingung für neue Gespräche akzeptieren wollen.
Russlands Beziehungen zu den USA waren auf das Niveau des Kalten Krieges zurückgeworfen worden, als Russland die Krim im Jahr 2014 annektierte und einen separatistischen Aufstand im Osten der Ukraine unterstützte. Die Spannungen flammten mit der Stationierung russischer Soldaten nahe der ukrainischen Grenze in den vergangenen Wochen wieder auf.