Bundeswehrsoldaten im Kampfanzug und mit Gewehr stehen zusammen

Mögliche Ukraine-Friedenstruppe Pistorius schließt Bundeswehr-Einsatz nicht aus

Stand: 05.12.2024 12:05 Uhr

Soll sich die Bundeswehr an einer Friedenstruppe beteiligen, wenn der Krieg in der Ukraine vorbei ist? Während Kanzler Scholz die Diskussion darüber ablehnt, will Verteidigungsminister Pistorius einen solchen Einsatz nicht ausschließen.

Noch tobt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine, und ein Ende ist nicht absehbar. Dennoch gibt es in Deutschland bereits Diskussionen über mögliche Nachkriegsszenarien. Konkret geht es um die Frage, ob sich Bundeswehrsoldaten an einem möglichen friedenssichernden Einsatz in der Ukraine beteiligen sollten.

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hält eine solche Beteiligung für offen. "Wir bereiten uns vor, wir spielen die Szenarien durch, aber das machen wir vertraulich", sagte Pistorius im Deutschlandfunk. Nun sei noch nicht der Zeitpunkt gekommen, öffentlich über Szenarien zu diskutieren. Die Antwort auf die Frage nach einer militärischen Beteiligung an einer Friedenstruppe werde am Ende davon abhängen, "wie die Bedingungen sind", sagte der SPD-Politiker. Es gebe hier aktuell noch "viele Wenn-Fragen und Falls-Fragen."

Er fügte hinzu: "Falls es zum Waffenstillstand kommt und falls es dann dazu kommt, dass jemand - wer auch immer - friedenssichernde Maßnahmen mit militärischen Mitteln dort vorsieht, hängt das von der Art des Mandats ab, vom Umfang, von den Anforderungen, von der Akzeptanz durch die heute kriegsführenden Parteien."

Scholz hält Diskussion für unangemessen

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte es am Mittwoch bei einem Auftritt vor dem Bundestag als "unangemessen" abgelehnt, über eine deutsche Beteiligung an einer möglichen Friedenstruppe für die Ukraine zu diskutieren. Dem vorausgegangen waren Äußerungen von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die so interpretiert worden waren, dass Baerbock sich eine deutsche Beteiligung an einer Friedenstruppe vorstellen könne.

"Über alles nachdenken, aber nicht alles offenlegen"

"Baerbock hat sich sehr allgemein geäußert", sagte Pistorius dazu. Und der Kanzler habe "zu Recht" gesagt, dass es um zwei verschiedene Dinge gehe. "Das eine sind Bodentruppen jetzt - das schließt Deutschland aus. Das andere ist: Was ist am Ende der Kampfhandlungen?", fügte der Minister hinzu. "Darüber wird man reden müssen, wenn es soweit ist, aber nicht über die Köpfe der Beteiligten hinweg." Es müsse "über alles" nachgedacht werden, aber das "heißt ja nicht, dass wir alle Szenarien offenlegen".

Russische Provokationen in der Ostsee

Pistorius äußerte sich auch über die zunehmende Präsenz russischer Schiffe in der Ostsee. Man sehe daran "die strategische Bedeutung der Ostsee für viele, unter anderem eben vor allem auch für Russland und für China, auch was die Umgehung der Sanktionen angeht." Russland zeige immer wieder provozierendes Verhalten, wie man es aus Zeiten des Kalten Krieges kenne. "Wir hatten immer wieder Vorfälle in der Ostsee, die sich dann daraus ergeben, dass es Warnschüsse gibt in die Luft, dass es Warnschüsse ins Wasser gibt." Pistorius verglich dieses Verhalten mit Vorfällen in der Luft, bei denen russische Kampfflugzeuge ohne Kennung über dem Baltikum in die Luft gingen, um zu testen, wie die NATO reagiere. 

Pistorius äußerte sich nicht zu einem am Mittwoch bekannt gewordenen Vorfall zwischen einem Hubschrauber der Bundeswehr und einem russischen Schiff. Dabei hatte die Besatzung des russischen Schiffs nach dpa-Informationen mit Signalmunition geschossen. Der Einsatz dieser Munition auf See ist eigentlich nur in Notsituationen üblich. Außenministerin Baerbock hatte darauf verwiesen, dass in der Ostsee immer wieder Schiffe unterwegs sind, die an der Umgehung von Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine beteiligt sind.

Zur Frage einer möglichen Eskalation sagte Pistorius, die deutsche Marine und die Marine der Alliierten verhielten sich sehr umsichtig: "Sie registrieren die Vorfälle, sie berichten sie, sie reagieren durch deeskalierende Maßnahmen und lassen sich auf keinerlei provozierendes Verhalten ein, weil das ist das Letzte, was wir gebrauchen können."