Russische Grenzregion Ukraine startet neue Offensive in Kursk
Zuletzt wurden die ukrainischen Truppen in der Region Kursk zurückgedrängt - nun gibt es erneut größere Vorstöße. Ziel könnte es sein, eine bessere Ausgangsposition für mögliche Verhandlungen zu sichern.
Ukrainische Streitkräfte haben überraschend mit neuen Angriffsoperationen in der umkämpften russischen Grenzregion Kursk begonnen. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, zwei Angriffe seien zurückgeschlagen worden. Artillerie und Luftwaffe hätten die Angreifer besiegt.
"Gebiet Kursk, gute Nachrichten: Russland erhält das, was es verdient", schrieb hingegen der Leiter des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, auf Telegram. Die Angaben beider Seiten können unabhängig nicht überprüft werden.
Im Gebiet Kursk seien die Russen überrascht worden, ukrainische Angriffe liefen in mehrere Richtungen, sagte auch Andrij Kowalenko, der Leiter des Zentrums für die Bekämpfung von Desinformation beim Sicherheits- und Verteidigungsrat, der dem ukrainischen Präsidenten unterstellt ist.
Schwere Gefechte
Das ukrainische Militär machte zunächst keine Angaben. Am Abend meldete der Generalstab in Kiew in seinem Lagebericht jedoch, beide Seiten hätten sich im Laufe des Tages schwere Kämpfe geliefert. Insgesamt habe es 42 einzelne bewaffnete Zusammenstöße in der westrussischen Region gegeben. "Zwölf Gefechte dauern zur Stunde noch an", hieß es. "Die Russen in der Region Kursk machen sich große Sorgen, weil sie aus mehreren Richtungen angegriffen wurden und dies für sie überraschend kam."
Angreifende ukrainische Kolonnen
Berichte russischer Kriegsblogger hatten zuvor signalisiert, dass der Angriff die russischen Streitkräfte in die Defensive gedrängt habe. Es fänden Artillerie- und Kleinwaffengefechte statt. Die Ukraine nutze aus dem Westen gelieferte gepanzerte Fahrzeuge, um "große Mengen Infanterie" heranzuschaffen, hieß es in einem Bericht.
Auf Videos, die aus der Region stammen sollen, sind mehrere Kolonnen gepanzerter ukrainischer Fahrzeuge zu sehen. Minenräumfahrzeuge machen den Weg dabei frei. Den russischen Militärbloggern zufolge setzen die vorrückenden Truppen starke Störsender ein, um die russischen Drohnen zu stören. Als Hauptstoßrichtung gilt die Ausfallstraße nach Kursk nordöstlich der Kleinstadt Sudscha, die die Ukrainer bei ihrer überraschenden Sommeroffensive einnehmen konnten.
Das russische Verteidigungsministerium verbreitete später die Mitteilung, russische Artillerie und Luftwaffe hätten eine ukrainische Kolonne auf dem Weg in Richtung der Ortschaft Berdin attackiert. Dabei seien zwei Kampfpanzer, ein Räumfahrzeug und sieben gepanzerte Truppenfahrzeuge zerstört worden. Die Kämpfe würden fortgesetzt.
Kämpfe mit Blick auf mögliche Verhandlungen?
Die Offensive rund zwei Wochen vor der Amtseinführung des künftigen US-Präsidenten Donald Trump könnte Beobachtern zufolge dazu dienen, russische Schwächen aufzuzeigen. So könnte die Ukraine versuchen, sich in eine bessere Position bei möglichen Verhandlungen zu bringen.
Zuletzt hatten russische Einheiten die ukrainischen Soldaten im Gebiet Kursk zurückgedrängt. Das ukrainische Militär kontrolliert von den im Sommer in Kursk eroberten knapp 1000 Quadratkilometern zurzeit nur noch die Hälfte. Parallel ist Russland im Osten der Ukraine auf dem Vormarsch.
Selenskyj: Hohe russische und nordkoreanische Verluste
Erst am Vorabend hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj von schweren Verlusten der Gegenseite berichtet. "Bei Kämpfen heute und gestern allein im Umkreis der Ortschaft Machnowka im Gebiet Kursk hat die russische Armee ein Infanteriebataillon nordkoreanischer Soldaten und russischer Fallschirmjäger verloren", sagte er in seiner abendlichen Videobotschaft am Samstag.
Ein Bataillon der russischen Streitkräfte hat offiziellen Angaben zufolge eine Truppenstärke von etwa 500 Mann. In den vergangenen Wochen waren immer wieder Videos aufgetaucht, die Vorstöße russischer Einheiten - teilweise verstärkt durch nordkoreanische Soldaten - im Gebiet Kursk zeigen sollen. Zu sehen waren dabei vielfach vernichtete russische gepanzerte Fahrzeuge und getötete Soldaten. Militärexperten erklären die Verluste teils mit überhastet wirkenden Angriffsversuchen mit dem Ziel Moskaus, mit Blick auf die erwarteten Verhandlungen möglichst viel Boden gutzumachen.
Die Lage an den Fronten bleibt für die Ukraine insgesamt schwierig. Russische Truppen greifen trotz der Verluste weiter an. So sollen sie in den vergangenen 24 Stunden bei Kurachowe, in der Nähe der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk, aber auch in der umkämpften Stadt Torezk Geländegewinne erzielt haben.