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Nach US-Russland-Verhandlungen Enttäuschung und ein Funken Hoffnung
Die Ukraine sieht im Treffen zwischen USA und Russland vor allem einen Erfolg für Moskau. Dass die Amerikaner noch Rücksicht auf ukrainische Interessen nehmen, bezweifeln sie. Nun liegen alle Hoffnungen auf Europa.
Es ist ein müder Wolodymyr Selenskyj, der gestern Nachmittag in Ankara an die Mikrofone tritt. Man dürfe nun keine Fehler machen, warnt der ukrainische Präsident mit Blick auf das amerikanisch-russische Treffen in Saudi-Arabien.
Das Treffen sei eine Überraschung für die Ukraine gewesen, von der man durch die Medien erfahren habe. "Ich weiß nicht, wer dort bleibt oder fährt und es ist mir, um ehrlich zu sein, auch egal", sagt Selenskyj. "Mir ist es aber nicht egal, was die Partner von uns denken. Wir sind ehrlich und offen. Ich will keine Zufälle, und deshalb werde ich nicht nach Saudi-Arabien fahren."
Rückschritt nach Sicherheitskonferenz
Der ukrainische Präsident ist sauer. Das Treffen in Riad - aus Kiewer Sicht ist es ein voller Erfolg für Moskau. Und das, obwohl die ukrainische Delegation gerade erst auf der Münchner Sicherheitskonferenz versucht hatte, auf die Amerikaner einzureden.
Man wolle Frieden, betont Selenskyj in Ankara, aber einen gerechten und nicht eine Abmachung, die hinter dem Rücken der Ukraine entschieden werde. Doch um ukrainische Interessen gehe es den Amerikanern gar nicht mehr, meint die Konfliktforscherin Maria Solkina.
Ukraine setzt auf Europa
"Ein gewisser Spielraum bleibt uns noch: Einer der wichtigsten Punkte ist die Position der europäischen Partner", sagt Solkina. Was der Ukraine nun in die Hände spiele, sei die Tatsache, dass die Interessen eines vereinten Europas aus den möglichen Vereinbarungen mit Wladimir Putin herausgenommen worden seien.
Dass die USA nicht nur die Ukraine, sondern mit ihr ganz Europa fallenlassen könnten, sorgt paradoxerweise für einen kleinen Funken Resthoffnung in Kiew. Jetzt endlich müssten die Europäer doch aufwachen - so die Denkweise in der Ukraine - und endlich mehr in ihre Verteidigung investieren. Maria Solkinas Blick richtet sich jetzt nach Paris: "Es spielt uns in die Hände, dass Macron von der Idee begeistert ist, dass die europäische Sicherheit grundsätzlich weniger abhängig von den USA sein sollte."
Die Ukraine produziere trotz der Mobilisierungsprobleme, der finanziellen und militärischen Abhängigkeit selbst Waffen, die sie für eine gewisse Zeit einsetzen könne, wenn die Amerikaner ihre Hilfe komplett einstellen sollten. "Die Situation ist also schwierig, aber es gibt etwas, worauf man zählen kann."
Selenskyj: Krieg wird nicht auf dem Schlachtfeld gewonnen
Und doch: Russland verfügt über weitaus mehr Ressourcen - mehr Menschen, mehr Waffen und zuverlässige Partner, die zusätzlich sowohl mit Menschen als auch mit Waffen unterstützen. Auf der Pressekonferenz in Ankara schlägt Wolodymyr Selenskyj nachdenkliche Töne an:
Ich denke, es ist heute klar, dass keine Seite diesen Krieg mit Waffen auf dem Schlachtfeld gewinnen wird. Russland wollte das, aber hat es nicht geschafft. Sie haben nicht an die Ukraine geglaubt, aber die Ukraine hat sich bewiesen.
Die Ukraine habe ihre Unabhängigkeit zu einem sehr hohen Preis verteidigt, mit dem Leben seiner Soldaten und seines Volkes, so der ukrainische Präsident.
Heute wird der US-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Keith Kellogg, in Kiew erwartet. Doch nicht erst seit dem russisch-amerikanischen Treffen in Saudi-Arabien fragen sich viele, wie viel Einfluss Kellogg eigentlich noch hat auf US-Präsident Donald Trump.