Neues Energieabkommen Ungarn setzt weiter auf russisches Gas
Ungarn will mehr Erdgas aus Russland importieren: Das EU-Land hat in Moskau neue Verträge über zusätzliche Lieferungen abgeschlossen. Ein Sprecher des ungarischen Ministerpräsidenten Orban warnte die EU, das Zusatzabkommen zu untersagen.
Ungarn hält trotz des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine an Handelsbeziehungen zu Moskau fest. Das Land vereinbarte neue Verträge zur Energiekooperation mit Russland. Ungarns Außenminister Peter Szijjarto erklärte in Moskau, er habe sich mit Russland darauf geeinigt, dass der Energieriese Gazprom zusätzliches Gas über die in einem langfristigen Abkommen vereinbarten Mengen hinaus liefern könne.
Der russische Konzern bestätigte dies und ergänzte, möglich wäre in diesem Zusammenhang zudem ein Zahlungsaufschub.
15-Jahres-Vertrag mit Russland seit 2021
Der Preis für das Gas, das Ungarn über die Turkstream-Pipeline beziehen werde, sei auf 150 Euro pro Kubikmeter gedeckelt, sagte Szijjarto. Der Außenminister betonte, der Zugang zu russischen Energielieferungen sei für die Sicherheit Ungarns von entscheidender Bedeutung - unabhängig von politischen Erwägungen im Zusammenhang mit dem Krieg.
Das EU- und NATO-Land Ungarn bezieht 80 bis 85 Prozent seines Erdgases aus Russland und erhielt 2022 nach Angaben von Szijjarto von dort zudem 80 Prozent seiner Rohölimporte. Seit 2021 besteht ein 15-Jahres-Vertrag, der dem Land 4,5 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr aus Russland sichert.
Eine Warnung an die EU
Szijjartos Reise nach Moskau war für einen Regierungsvertreter aus einem EU-Land ungewöhnlich. Die Regierungen der meisten EU-Mitglieder haben sich wegen des Ukraine-Einmarschs vom russischen Präsidenten Wladimir Putin distanziert und versuchen, ihre Länder unabhängig von fossilen Brennstoffen aus Russland zu machen.
Ein Sprecher des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban warnte die EU auf Twitter, das nun geschlossene Zusatzabkommen zu untersagen. Der nationalkonservative Regierungschef betont seit Jahren seine besonderen Beziehungen zu Russland.
Putin spricht von steigenden Einnahmen
Russlands Präsident Putin stimmte sein Land trotz westlicher Sanktionen auf steigende Einnahmen des Staates aus dem Öl- und Gasgeschäft ein. Bei einer im Fernsehen übertragenen Regierungssitzung lobte er die Widerstandsfähigkeit der heimischen Wirtschaft.
Russlands Öl- und Gaseinnahmen seien im ersten Quartal 2023 zwar um rund 1,3 Billionen Rubel (etwa 14,5 Milliarden Euro) gesunken. Es werde jedoch erwartet, "dass sich die Lage vor dem Hintergrund steigender Ölpreise bis Ende des zweiten Quartals ändern wird. Zusätzliche Öl- und Gaseinnahmen werden in den Haushalt fließen", fügte Putin hinzu.
IWF rechnet mit Wachstum für Russland
Russland verzeichnete im ersten Quartal des Jahres ein Haushaltsdefizit von umgerechnet rund 26,6 Milliarden Euro. Dies ist hauptsächlich auf sinkende Einnahmen aus den wichtigen Energieexporten zurückzuführen, die wegen des Ukraine-Krieges westlichen Sanktionen unterliegen.
Dennoch wird die russische Wirtschaft nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) spürbar wachsen - trotz der Strafmaßnahmen des Westens. Im Vergleich mit 2022 sind die Perspektiven für Russland damit deutlich besser. Im vergangenen Jahr war die russische Wirtschaft noch um 2,1 Prozent geschrumpft.
Anmerkung der Redaktion: Ungarns Außenminister Szijjarto nannte in Moskau nach übereinstimmenden Medienberichten den Höchstpreis von 150 Euro pro Kubikmeter. Inzwischen melden mehrere ungarische Medien, dass jedoch 150 Euro pro Megawattstunde gemeint waren. Eine Megawattstunde entspricht in etwa 100 Kubikmetern Gas. Wir haben den Text entsprechend angepasst.