Nach Tod von Kremlkritiker X-Account von Nawalny-Witwe zeitweise gesperrt
Der Onlinedienst X, vormals Twitter, hat das Konto von Julia Nawalnaja vorübergehend gesperrt - offenbar aus Versehen. Indes wurde bekannt, dass Russlands Machthaber Putin nach dem Tod Nawalnys mehrere Gefängnisbeamte befördert hat.
Der X-Account von Julia Nawalnaja, Witwe des in Haft verstorbenen Kremlkritikers Alexej Nawalny, war zeitweise gesperrt. Auf dem erst am Vortag eingerichteten Konto erschien der Hinweis: "Konto gesperrt. X sperrt Konten, die unsere Regeln verletzen". Mittlerweile ist der Account wieder zu erreichen.
Der von Nawalny gegründete Fonds zur Bekämpfung der Korruption (FBK) postete kurz nach der Sperrung ebenfalls bei X einen Aufruf an den Inhaber Elon Musk: "Bitte erklären Sie genau, welche Regeln von @yulia_navalnaya gebrochen wurden." Rund eine Dreiviertelstunde später wurde der Account wieder freigegeben.
Das Unternehmen erklärte, der Abwehrmechanismus der Plattform gegen Manipulation und Spam habe den Account von Nawalnaja zuvor fälschlicherweise als Verstoß gegen die Regeln gekennzeichnet. Als der Fehler bemerkt worden sei, sei das Konto wieder freigeschaltet worden.
Nawalnaja appelliert an die EU
Die Witwe des Kremlkritikers hatte zuvor Russlands Präsident Wladimir Putin für den Tod ihres Mannes in einem russischen Straflager verantwortlich gemacht und erklärt, sie werde Nawalnys Arbeit weiterführen. Kurz vor ihrer Sperrung hatte Nawalnaja geschrieben: "Es ist mir völlig egal, was der Sprecher des Mörders zu meinen Worten sagt." Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wies ihre Aussagen als "unflätig" zurück.
Nawalnaja richtete zudem an die Europäische Union den Appell, die Präsidentschaftswahl in Russland im März nicht anzuerkennen. "Ein Präsident, der seinen politischen Hauptkonkurrenten ermordet, kann per Definition nicht legitimiert sein", sagte Julia Nawalnaja in einer Videobotschaft. "Erkennen Sie diese Wahl nicht an." Es gilt als sicher, dass Putin als Präsident wiedergewählt wird und damit bis mindestens 2030 an der Macht bleiben kann.
Zahlreiche westliche Politiker wie etwa auch US-Präsident Joe Biden sehen die Verantwortung für den Tod Nawalnys im Kreml. Die Bundesregierung hatte am Montag aus Protest den russischen Botschafter in Berlin einbestellt. Frankreich tat dies nun heute, ebenso Polen.
Putin befördert Gefängnisbeamte
Putin selbst hat sich zum Tod Nawalnys bislang nicht geäußert. Allerdings wurde heute bekannt, dass er nur wenige Tage nach dem Tod Nawalnys in einer Haftanstalt mehrere ranghohe Beamte des Strafvollzugs befördert hat.
Der zum Generaloberst des Innenministeriums beförderte Vizechef der Gefängnisbehörde FSIN, Waleri Bojarinew, sei persönlich für die Folterungen Nawalnys im Gefängnis verantwortlich gewesen, erklärte der Direktor von Nawalnys Fonds FBK, Iwan Schdanow. "Das muss man wohl als offene Belohnung Putins für die Folter verstehen."
Im Juli 2023 war im Zuge einer Gerichtsverhandlung gegen Nawalny eine Anordnung Bojarinews bekannt geworden, den Oppositionspolitiker beim Kauf von Lebensmitteln und täglichen Bedarfsgütern einzuschränken. Normalerweise können Häftlinge mit ihrem Geld ihre eigene spärliche Ration im Gefängnisladen etwas aufbessern. Laut Schdanow war der neuernannte Generaloberst auch für weitere Schikanen gegen Nawalny verantwortlich. Neben Bojarinew wurden noch drei weitere Strafvollzugsbeamte im Generalsrang befördert.
Familie kann Leichnam für Wochen nicht sehen
Nawalny, einer der prominentesten Widersacher Putins, war nach Angaben der russischen Strafvollzugsbehörde am Freitag in einem Straflager am Polarkreis im Alter von 47 Jahren bei einem Hofgang plötzlich zusammengebrochen und gestorben. Es gibt jedoch erheblich Zweifel an dieser Darstellung. Dazu kommt, dass die Familie den Leichnam bislang noch nicht sehen durfte - und dies auch noch länger so bleiben wird.
"Die Ermittler haben der Mutter von Alexej und den Anwälten gesagt, dass sie seine Leiche nicht übergeben und sie in den nächsten 14 Tagen eine chemische Analyse, eine Untersuchung, vornehmen werden", erklärte Nawalnys Sprecherin Kira Jarmisch. "Mindestens zwei Wochen lang werden sie eine Art Inspektion vornehmen." "Ich sage es noch mal: Nawalnys Leiche wird versteckt, um die Spuren des Mordes zu verwischen", schrieb Jarmisch im Onlinedienst X