Reisewarnungen für Spanien Scherbenhaufen für Tourismusbranche
Das Auswärtige Amt hat eine Reisewarnung für drei spanische Regionen ausgesprochen. Hintergrund ist die stark steigende Zahl der Corona-Infektionen. Die spanische Regierung versucht zu beschwichtigen.
Pro Tag verzeichnet Spanien gerade mehr als 1000 Corona-Neuinfektionen. Von gestern auf heute melden die spanischen Behörden sogar 1500 neue Fälle. Auf die neue Reisewarnung Deutschlands für drei spanische Regionen hat die Regierung in Madrid bisher nicht reagiert.
Regierung versucht zu beruhigen
Ministerpräsident Pedro Sánchez versuchte bei einem Statement am Vormittag vor allem Signale der Entspannung auszusenden. Den Begriff "zweite Welle" vermied er konsequent, wie bisher alle Mitglieder seines Kabinetts: "Heute sind die spanischen Institutionen und die Mitarbeiter des Gesundheitssystems deutlich besser vorbereitet als im März. Im März kannten wir das Virus nicht, wussten nicht genau, wir mit ihm umgehen sollen."
Mediziner wissen es bis heute nicht genau, schließlich gibt es weiterhin kein wirksames Medikament zur Behandlung von Corona-Patienten. Doch die spanische Regierung meint trotzdem, besser gegen das Virus aufgestellt zu sein als zur Hochphase der Pandemie; so wurde vor allem die Nachverfolgung der Covid-19-Fälle optimiert, sagt José Ojeda von der spanischen Gesellschaft für das öffentliche Gesundheitswesen im Sender TVE: "Wir machen Corona-Tests nicht mehr nur bei konkreten Verdachtsfällen, sondern gleich auch bei ihren engen Kontaktpersonen. Das gab es zuvor nicht."
Ansteckungen vor allem im Nachtleben
Der Effekt ist bekannt: Wird mehr getestet, kommen mehr Fälle ans Licht. Die meisten der Neuinfizierten haben sich bei Partys oder im Nachtleben angesteckt; etliche Regionen Spaniens haben daher die Öffnungszeiten von Bars und Clubs stark limitiert.
Vor allem jüngere Leute sind erkrankt, viele zeigen keine Corona-Symptome. Genau das ist die aktuelle Gefahr, die Ansteckung anderer geschieht oft unbemerkt. Ministerpräsident Sánchez mahnt deshalb: "Wir alle müssen wachsam bleiben, Masken tragen, oft die Hände waschen und den Sicherheitsabstand zu anderen halten. Das sind die drei wichtigsten Maßnahmen für das Zusammenleben in der nächsten Zeit. Wir hoffen sehr, dass die Wissenschaft bald einen Impfstoff gefunden hat und diese Phase des Coronavirus endet."
Durch scharfe Kontrollen der Maskenpflicht und eine konsequente Nachverfolgung der Patienten-Kontakte will die spanischen Regierung die Corona-Ausbrüche in Katalonien, Aragón und Navarra in den Griff bekommen.
Stornierungswelle in der Hotelbranche
Die Reisewarnung der Bundesregierung trifft vor allem die Region Katalonien mit ihrer Hauptstadt Barcelona: Im vergangenen Jahr verzeichnete sie 1,4 Millionen Urlauber aus Deutschland. Sie machten damit die viertgrößte Gruppe an Reisenden aus, nach Frankreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten.
Da diese Urlaubermärkte wegen Reisewarnungen ebenfalls wegfallen oder zumindest teilweise einbrechen, steht die Tourismusbranche in Katalonien vor einem Scherbenhaufen. Hoteliers berichten von einer beispiellosen Stornierungswelle.
Für die Balearischen Inseln ist der heutige Tag weniger dramatisch verlaufen: Sie sind von der deutschen Reisewarnung explizit ausgeschlossen. Und die Nachricht vom Morgen, wonach sich zehn Touristen auf Mallorca mit dem Virus infiziert hätten, entpuppte sich als falscher Alarm. Nur ein spanischer Urlauber wurde positiv getestet, seine neun Mitreisenden sind sicherheitshalber in Quarantäne.