Bundestagswahl 2025

Der Schriftzug "Bitte wählen gehen!" steht an einer Wand im Flur der Wahlleitung der Stadt Cottbus.
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Wahlkampf, Themen, Umfragen Was einen Monat vor der Wahl wichtig ist

Stand: 23.01.2025 08:36 Uhr

Deutschland steckt im Winterwahlkampf. Einen Monat vor der Bundestagswahl landen erste Wahlbenachrichtigungen in den Briefkästen. Wo stehen die Parteien, welche Themen sind wichtig? Könnte die Gewalttat in Aschaffenburg den Wahlkampf verändern?

Wie viele Parteien treten an?

Der Bundeswahlausschuss hat 41 Parteien grundsätzlich zur Wahl zugelassen. Der Großteil von ihnen muss zur Teilnahme aber noch eine weitere Hürde nehmen: Sofern Parteien nicht schon im Bundestag oder in einem Landtag mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, mussten sie mit ihren Kandidatinnen- und Kandidatenvorschlägen auch Listen mit einer festgelegten Zahl von Unterstützerunterschriften einreichen. 2021 gelang das nicht allen: Von ursprünglich 53 Parteien konnten letztlich nur 47 antreten.

Wann bekomme ich meine Wahlbenachrichtigung?

Laut Statistischem Bundesamt sind voraussichtlich mindestens 59,2 Millionen Deutsche wahlberechtigt. Sie bekommen in diesen Tagen ihre Wahlbenachrichtigung zugeschickt, mit denen sie im aufgedruckten Wahllokal abstimmen oder die Briefwahl beantragen können. Wann genau, hängt von der zuständigen Gemeinde ab. Die Wahlbenachrichtigung muss aber spätestens bis zum 2. Februar eingegangen sein - sonst sollte man unbedingt nachfragen und nachhaken.

Was ist bei der Briefwahl zu beachten?

Wegen verkürzter Fristen bei der vorgezogenen Wahl bleiben dieses Mal voraussichtlich nur rund zwei Wochen für die Briefwahl. Denn Stimmzettel können wegen der Zulassungsfristen für Wahlkandidatinnen und -kandidaten erst nach dem 30. Januar gedruckt und versandt werden.

Die Wahlbriefe müssen dann bis zum Abstimmungstag am 23. Februar um 18.00 Uhr bei der zuständigen Stelle eingehen. Die Deutsche Post hat zugesichert, dass Wahlbriefe, die bis zum 20. Februar 2025 vor der letzten Leerung in den Briefkasten geworfen oder in einer Postfiliale abgegeben werden, rechtzeitig ankommen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann den Wahlbrief auch direkt bei der auf dem Umschlag aufgedruckten Stelle abgeben.

Wo stehen die Parteien in den Umfragen?

Ganz klar an der Spitze steht die Union aus CDU und CSU: Im jüngsten DeutschlandTrend kommt sie auf 31 Prozent. Es folgt die AfD mit 20 Prozent. Die Kanzlerpartei SPD liegt mit 15 Prozent knapp vor den Grünen mit 14 Prozent. Dann kommen schon die Wackelkandidaten, die an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern könnten: das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die FDP und die Linkspartei. Keine der sonstigen Parteien schafft es über drei Prozent.

Können auch Parteien mit weniger als fünf Prozent in den Bundestag einziehen?

Ja. Möglich ist das über die sogenannte Grundmandatsklausel: Gewinnt eine Partei mindestens drei Wahlkreise, kann sie trotz eines Gesamtergebnisses unter fünf Prozent in der Stärke ihres Zeitstimmenergebnisses in den Bundestag einziehen.

Davon profitierte 2021 die Linkspartei, die damals auf 4,9 Prozent kam. Dank dreier Direktmandate in Berlin und Leipzig kam sie mit 39 Abgeordneten in den Bundestag. Das versucht sie diesmal erneut - mit der öffentlichkeitswirksamen "Mission Silberlocke". Dahinter verbergen sich die betagten Partei-Zugpferde Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch.

Auch das erst vor einem Jahr gegründete BSW könnte auf die Grundmandatsklausel schielen, allerdings hat die Wagenknecht-Partei ein Personalproblem. Aus dem Stand ist sie in mehreren Bundesländern zum Machtfaktor geworden, ob sie es allerdings auch in den Bundestag schafft, ist offen. Bislang ist sie vor allem eine "Ein-Frau-Partei". An Selbstbewusstsein mangelt es nicht: Wagenknecht trägt den Titel "Kanzlerkandidatin". Ihre eigene Kandidatur für ein Bundestags-Direktmandat lässt sie aber bislang offen.

Die FDP bewegt sich ebenfalls gefährlich nah an der Fünf-Prozent-Marke. Dass sie drei Wahlkreise gewinnt, erscheint eher ungewiss. Die Partei von Christian Lindner empfiehlt sich stattdessen als Koalitionspartner für die Union und dürfte mit dieser Strategie vor allem auf Zweitstimmen aus dem Unionslager hoffen, die sie dann über die Fünf-Prozent-Hürde hieven.

Die Freien Wähler von Hubert Aiwanger möchten es ebenfalls in den Bundestag schaffen, Umfragen sehen sie bundesweit jedoch nur bei knapp drei Prozent. Sie zielen daher explizit auf starke Wahlkreiskandidaten in Bayern, um erstmals den Sprung ins Parlament zu schaffen.

Welche Themen sind wichtig im Wahlkampf?

Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft. Die Parteien werben mit ihren Konzepten gegen die Konjunkturflaute. Zugleich wird viel an Steuerentlastungen versprochen. Für die SPD setzt Kanzler Olaf Scholz auf "gute Löhne" und soziale Sicherheit. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz will die Wirtschaft ankurbeln und dafür die Steuern drastisch senken. Auch die FDP mit Spitzenkandidat Christian Lindner konzentriert sich auf die Wirtschaft. Den Grünen um Vizekanzler Robert Habeck geht es um die sozialverträgliche Gestaltung des Klimaschutzes.

Die AfD um Kanzlerkandidatin Alice Weidel will wieder Gasimporte aus Russland und zurück zur Atomkraft. Die Linke mit dem Spitzenduo Jan van Aken und Heidi Reichinnek sieht niedrigere Mieten und Lebenshaltungskosten als Topthemen. BSW-Kanzlerkandidatin Sahra Wagenknecht verlangt unter anderem ein Ende der Waffenhilfen für die Ukraine.

Auch die Asyl- und Zuwanderungspolitik ist Wahlkampfthema. Nach der jüngsten Messerattacke in Aschaffenburg mit zwei Toten steht die Politik extrem unter Handlungsdruck. Verdächtig ist ein ausreisepflichtiger Afghane mit offenbar psychischen Problemen. Ein Monat vor der Bundestagswahl dürfte damit das Thema Migration und Sicherheit erneut an Relevanz gewinnen und die Diskussion an Schärfe zunehmen.

In ihren Wahlprogrammen setzen die im Bundestag vertretenen Parteien mit Ausnahme der Linken auf einen schärferen Kurs, allerdings mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Abstufungen im Ton.

Die Außenpolitik ist etwas in den Hintergrund gerückt, sieht man vom aktuellen Streit der Ex-Ampelpartner über die aktuelle Ukraine-Hilfe mal ab. Das kann sich aber schnell ändern, je nachdem, was in den nächsten Wochen von US-Präsident Donald Trump kommt.

Viele Menschen in Deutschland haben aber noch ganz andere Sorgen. Bezahlbares Wohnen zum Beispiel. Hier hatte das SPD-geführte Bauministerium viel versprochen und wenig geliefert. Im Wahlkampf spielt das Thema bislang jedoch kaum eine Rolle.

Gibt es "Aufreger" im Wahlkampf?

Bislang nicht wirklich. Der Wahlkampf ist bisher relativ "skandalfrei". Scholz begab sich kurz ins Plattdeutsche und warf "Fritze Merz" vor, gern "Tünkram" zu erzählen, also dummes Zeug. Das wiederum bezog sich auf Aussagen von Merz, der sich über Äußerungen von Scholz geärgert hatte. Wahlkampfzeiten.

Dies bereits als Verstöße gegen das "Fairness-Abkommen" zu werten, wäre vermutlich übertrieben. CDU, CSU, SPD, Grüne, FDP und Linkspartei hatten sich im Dezember darauf verständigt. Ein kurzer medialer Aufreger war der "Schaumtortenwurf" einer Lokalpolitikerin der Linkspartei auf FDP-Chef Lindner.

Den Grünen um Kanzlerkandidat Habeck könnte eine mögliche Intrige im Berliner Landesverband gegen Parteimitglied Stefan Gelbhaar gefährlich werden, es geht um mutmaßlich erfundene Belästigungsvorwürfe. Die Parteispitze distanzierte sich maximal und versprach Aufklärung. Habeck nannte die Vorgänge in dem Landesverband "gravierend und auch schockierend".

Welche Koalitionen sind nach der Wahl denkbar?

Es ist bislang kein Koalitionswahlkampf. Klare Aussagen kommen eigentlich nur aus Bayern von CSU-Chef Markus Söder, der sagt, was nicht geht: ein Bündnis mit den Grünen. Unions-Kanzlerkandidat Merz klingt da weniger kategorisch. Ihm dürfte es lieber sein, die Wahl zu haben: SPD oder Grüne als Juniorpartner. Wenn nötig und möglich, auch mit der FDP.

Dafür müsste er aber zunächst einmal die Wahl gewinnen, und das ist nach Überzeugung der SPD noch lange nicht ausgemacht. Kanzlerkandidat Scholz versucht den "Ampel-Ballast" der vergangenen drei Jahre abzuschütteln und präsentiert sich als erfahrener, besonnener Staatsmann. Mit Blick auf Koalitionen hält er sich bedeckt, auch ein erneutes Bündnis mit der FDP schließt er nicht aus. Ähnlich wie Grünen-Kanzlerkandidat Habeck. Er zeigt sich aber auch offen für Schwarz-Grün.

Die FDP kämpft um den Wiedereinzug in den Bundestag und wirbt offensiv für ein schwarz-gelbes Bündnis. Die AfD ist bei den Koalitionsüberlegungen der anderen Parteien außen vor. Sie schließen ein Bündnis mit der vom Verfassungsschutz als in Teilen rechtsextremistisch eingestuften AfD aus.

Ob es für Zweier-Koalitionen reicht oder doch mehr Parteien für ein Regierungsbündnis nötig sind, hängt auch davon ab, wie viele Parteien in den Bundestag einziehen. Kämen BSW, Linke und FDP ins Parlament, säßen dort sieben Parteien. Schaffen es die Freien Wähler in Bayern über drei Direktmandate ins Parlament, wären es sogar acht. Das andere Extrem: Nur vier Parteien kommen rein.

Was kommt auf die neue Regierung zu?

Die gescheiterte Ampelkoalition hinterlässt der neuen Bundesregierung viele Probleme. Eine der wichtigsten Aufgaben der neuen Koalition wird die Verabschiedung eines Bundeshaushalts für das Jahr 2025 sein. Bis dahin gilt eine vorläufige Haushaltsführung. Spannend werden dürfte die Frage, ob es eine Reform der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse gibt, die nur eine begrenzte Aufnahme neuer Schulden vorsieht. 

Wer auch immer ins Kanzleramt einzieht, muss Deutschland aus der Wirtschaftskrise führen. Die deutsche Wirtschaft ist 2024 das zweite Jahr in Folge geschrumpft und steckt damit so lange in der Rezession wie seit mehr als 20 Jahren nicht. Als Gründe genannt werden vor allem vergleichsweise hohe Energiepreise sowie eine hohe Steuer- und Abgabenlast und zu viel Bürokratie.

In der Außenpolitik wird viel davon abhängen, was US-Präsident Trump in den ersten Wochen seiner Amtszeit macht. Von einem weltweiten Handelskonflikt wäre Deutschland als Exportnation in Europa am stärksten betroffen und müsste bei der Reaktion der EU eine maßgebliche Rolle spielen. Auch in Sachen Ukraine wird die neue Regierung sehr schnell Entscheidungen treffen müssen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SWR aktuell am 21. Januar 2025 um 11:03 Uhr.