Bundestagswahl 2025

Friedrich Merz und Markus Söder schütteln sich die Hände.
analyse

Kleiner CSU-Parteitag Warum Merz die Schwesterpartei braucht

Stand: 08.02.2025 08:02 Uhr

Die CSU trifft sich in Nürnberg zu einem kleinen Parteitag. Auch CDU-Chef Merz ist dabei. Die Schwesterpartei wird ihm noch einmal deutlich machen: Ohne sie geht es nicht.

Eine Analyse von Sarah Frühauf und Gabriele Dunkel, ARD-Hauptstadtstudio

Vor Friedrich Merz liegt ein Burger, daneben steht ein Becher Cola. Stärkung zwischen den Wahlkampfterminen, der CDU-Kanzlerkandidat lächelt in die Kamera.

Merz isst - und das auch noch in einem Fast Food-Restaurant. Eigentlich ist Markus Söder dafür bekannt, auf allen verfügbaren Social Media-Kanälen zu posten, welche Speisen er zu sich nimmt. Aber Friedrich Merz? Das ist neu. Bisher, so schien es zumindest, waren ihm solche Aufnahmen zuwider.

Doch, das muss wohl auch Merz dem CSU-Chef lassen, der Erfolg gibt Söder Recht: Rund 700.000 folgen ihm bei Instagram, bei Merz sind es rund 200.000. Also doch ein bisschen Söder wagen?

Die CSU begnügt sich nicht mit dem Katzentisch

In der CDU blickt man zwar gern auf die CSU als kleine Schwester. Doch, auch das ist den Christdemokraten klar: Die CSU begnügt sich bei Familientreffen nicht mit einem Stuhl am Katzentisch. Die Partei will mitreden. Und tatsächlich hat die CSU derzeit einen starken Einfluss.

Eigentlich wollte CDU-Chef Merz im Wahlkampf auf Wirtschaft setzen. Nur kein Migrationswahlkampf war die Devise, das Thema sei durch die AfD besetzt.

Doch nach dem Attentat in Aschaffenburg war alles anders. Merz rief eine Art Migrationswende aus: einen Fünf-Punkte-Plan mit harten Forderungen. Die Entscheidung, zur Not im Bundestag auch die Stimmen der AfD in Kauf zu nehmen, um diese Punkte durchzubringen, soll er zwar weitgehend allein getroffen haben. Es gab allerdings eine kleine Gruppe, mit der sich immer wieder abgesprochen und zusammengeschaltet hat.

Dazu gehört auch Alexander Dobrindt, der im Bundestag die CSU-Landesgruppe führt. Öffentlich fällt er häufig als politischer Polterer auf. Hinter den Kulissen des Berliner Betriebs kennen ihn vielen als klugen Strategen.

CSU setzt schon lange den Fokus auf Migration

Merz' Ankündigung, gleich am ersten Tag seiner Kanzlerschaft per Richtlinienkompetenz, sozusagen per Dekret, Zurückweisungen an der Grenze anzuordnen, klingt nach etwas, das Dobrindt sich erdacht haben könnte. Denn die Union treibt derzeit vor allem eines um: Sie will handlungsfähig wirken und den Rucksack abstreifen, den sie seit dem Flüchtlingsjahr 2015 mit sich herumträgt.

Auch deswegen setzte die CSU bereits lange vor Aschaffenburg einen Fokus auf das Thema Migration - weil sie glaubt, damit einen Nerv bei der Wählerschaft zu treffen. In Teilen geht sie sogar weiter als die CDU und stellt zum Beispiel das individuelle Recht aus Asyl in Frage.

Auch der Entwurf des Leitantrages zum CSU-Parteitag in Nürnberg steht unter dieser Prämisse. Der Titel: "Deutschland wieder in Ordnung bringen! Probleme lösen, Vertrauen zurückgewinnen, Demokratie schützen." Ein kurzes Papier, in dem sich die CSU nach rechts und nach links abgrenzt und jeweils in die Richtungen austeilt.

Bloß kein Streit

Man wolle aufräumen, was die Ampelkoalition drei Jahre lang in Unordnung gebracht habe. Zuhören, Probleme ernst nehmen und lösen - so gewinne man Vertrauen zurück und schütze die Demokratie vor den Radikalen. Gemeint ist damit vor allem die AfD, sie sei keine Alternative. Im CSU-Wahlaufruf heißt es dazu: "Wir sagen Nein zu jeder Art von Zusammenarbeit mit der AfD."

Dass Merz vergangene Woche mit Stimmen der AfD eine Mehrheit im Parlament in Kauf genommen hat, wurde von Rot-Grün als eine Art von Zusammenarbeit gewertet und massiv kritisiert. Söder nannte Merz‘ Vorgehen beim CDU-Parteitag am Montag einen "steilen Move", stellte sich aber demonstrativ hinter Merz. Bloß keinen Streit wagen, offene Kritik üben auf den letzten Metern, so kurz vor dem Ziel.

Die Umfragewerte der CSU sind gut

Doch Söder macht auch klar, dass das, was in Berlin geschehen ist, nicht in seiner Verantwortung liege. Auf die Frage eines Reporters Mitte der Woche, ob er es anders oder besser gemacht hätte, antwortet er: "Ein Kanzlerkandidat hat immer Recht und ein Kanzlerkandidat hat die Führung, er wird auch als Kanzler die Richtlinienentscheidungen treffen müssen und deswegen respektiere ich die Entscheidungen." Volle Rückendeckung hört sich anders an.

Die Umfragewerte der CSU in Bayern sind gut - 42 Prozent im jüngsten Bayerntrend. Sie waren schon mal besser, aber sie reichen, um gegenüber der Schwesterpartei selbstbewusst aufzutreten.

Es ist fast schon erstaunlich, dass in dem Entwurf zum CSU-Leitantrag nur einmal der Name Robert Habeck fällt. An keinem anderen Politiker arbeitet sich Markus Söder lieber ab als an dem Wirtschaftsminister. Meist dauert es dann nur wenige Sekunden und Söder schiebt hinterher, dass mit ihm eine schwarz-grüne Koalition im Bund nicht machbar sei.

Erwartung, dass Söder sich zurückhält

Merz weigert sich hier beharrlich, es Söder nachzumachen. Da könnte man der SPD in den Koalitionsverhandlungen ja gleich ein weißes Papier hinlegen, heißt es immer wieder. Aber zuletzt hatte auch der CDU-Chef den noch amtierenden Wirtschaftsminister und Grünen-Spitzenkandidat Habeck schärfer angriffen. Über den Jahreswechsel habe Merz sich tiefer in die Wirtschaftsdaten eingelesen und da sei ihm noch einmal klar geworden, wie schlecht Habeck doch tatsächlich gearbeitet habe.

Es ist offenbar ein Entgegengekommen an Söder. Nur: Wie geht der einen Schritt auf Merz zu? Denn die CDU will öffentlich keine Koalitionsdebatten mehr führen. Das Gerede über Schwarz-Grün habe dafür gesorgt, dass die Union bei den Umfragen Anfang des Jahres unter die 30-Prozent-Hürde gerutscht sei, ist man sich im Konrad-Adenauer-Haus sicher.

Die Erwartung an den CSU-Chef ist deshalb, sich zurückzuhalten. Tatsächlich schaffte Söder ein paar Auftritte, ohne Schwarz-Grün zu verteufeln. Doch Söder ist nicht gerade für seine Selbstkontrolle bekannt: Erst vor wenigen Tagen ließ er auf seinem Instagram-Kanal verlauten, dass sein Nein zu den Grünen im Bund steht. Der Post hat fast 5.000 Likes bekommen. Friedrich Merz dürfte das allerdings wenig gefallen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 08. Februar 2025 um 09:25 Uhr.