Coronavirus in Hamburg Virus erreicht Norddeutschland
Hamburg und Hessen melden erste bestätigte Fälle des Coronavirus. In der Hansestadt hat sich ein Mitarbeiter einer Kinderklinik infiziert. Heute berät der Krisenstab der Bundesregierung. Die WHO warnt vor "pandemischem Potenzial".
Ein Mitarbeiter der Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat sich mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Es ist die erste nachgewiesene Infektion mit Sars-CoV-2 in Hamburg, wie die Klinik und die Behörde für Gesundheit am späten Abend mitteilten.
Heute gab die Hamburger Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks bekannt, dass es sich bei dem Infizierten um einen Arzt handelt. Man habe etwa 50 Kontaktpersonen des Erkrankten aus Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg) identifiziert.
Der Mann war den Angaben zufolge in Italien im Trentino im Urlaub und am Sonntag nach Schleswig-Holstein zurückgekehrt. Am Montag habe er noch am UKE gearbeitet - und dann am Dienstag während der Arbeit Krankheitssymptome entwickelt. Daraufhin habe er den Dienst abgebrochen, hieß es weiter. Alle Kinder und Eltern, die engen Kontakt mit dem Mitarbeiter hatten, gehen demnach nun 14 Tage in Quarantäne - je nach Gesundheitszustand im UKE oder zu Hause. Auch andere Mitarbeiter gehen nun in eine häusliche Isolation.
Auf der betroffenen Station werden vorerst keine neuen Patienten mehr aufgenommen. Der Fachstab Seuchenschutz der Gesundheitsbehörde berät mit Experten des UKE über konkrete Maßnahmen. Details sollen in einer Pressekonferenz bekanntgegeben werden. Es wurde eine zusätzliche Hotline unter 040/428 284 000 eingerichtet.
Der Infizierte selbst ist demnach in stabilem Zustand und in häuslicher Quarantäne. Das Trentino sei nicht als Risikogebiet für das neuartige Coronavirus definiert gewesen.
22 neue Fälle in ganz Deutschland
Zuvor waren schon Coronavirus-Fälle in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz bekanntgeworden. Allein in NRW wurden am Abend 14 neue Infektionen bekannt. Deutschlandweit sind aktuell mehr als 30 Infizierte bekannt, vor mehr als zwei Wochen waren schon 16 weitere Sars-CoV-2-Infektionen gemeldet worden. Karte: Aktuelle Coronavirus-Zahlen in Deutschland und Hamburg
Am Freitag will auch der Krisenstab der Bundesregierung über weitere Vorkehrungen beraten. Thema soll nach Angaben von Gesundheits- und Innenministerium unter anderem der Umgang mit Großveranstaltungen wie Messen sein. So geht es um Auswirkungen auf die Internationale Tourismusbörse (ITB), die am 4. März in Berlin beginnen soll.
Coronavirus ist die geläufigste Bezeichnung für das neuartige Virus aus China. Dessen offizieller Name, den die WHO festgelegt hat, lautet Sars-CoV-2. Die aus dem Virus resultierende Lungenkrankheit heißt Covid-19.
WHO warnt vor "pandemischem Potenzial"
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnte, der neue Erreger habe "pandemisches Potenzial" und könnte ohne die richtigen Maßnahmen "außer Kontrolle geraten". Sars-CoV-2 kann die Lungenkrankheit Covid-19 verursachen. Die meisten Infizierten haben nur eine leichte Erkältungssymptomatik mit Frösteln und Halsschmerzen oder gar keine Symptome.
15 von 100 Infizierten erkrankten schwer, sagte der Chef des Robert Koch-Instituts (RKI). Sie bekommen etwa Atemprobleme oder eine Lungenentzündung. Nach bisherigen Zahlen sterben ein bis zwei Prozent der Sars-CoV-2-Infizierten, was höher als bei der Grippe ist.
Schutzausrüstung könnte knapp werden
Die Bundesregierung sucht auch nach Lösungen, um im Kampf gegen das Coronavirus Schutzausrüstung etwa für medizinisches Personal verfügbar zu halten. "Wir müssen uns auf eine Knappheit in dem Bereich einstellen", sagte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Daher solle auch im Krisenstab geschaut werden, welche Lagerbestände es in Deutschland gebe. Der Krisenstab hat schon erste zusätzliche Maßnahmen auf den Weg gebracht. So sollen auch Passagiere, die mit Maschinen aus Südkorea, Japan, Iran und Italien kommen, Angaben zu ihrer Erreichbarkeit nach der Landung machen. Dies gilt bereits für Direktflüge aus China.
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, sagte in den tagesthemen mit Blick auf die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus, das Gesundheitssystem hierzulande sei aktuell gut ausgerüstet und aufgestellt. Deutschland habe weltweit mit die höchste Dichte an Krankenhäusern und Klinikbetten bezogen auf die Bevölkerungszahl.
Eine Epidemie bezeichnet in der Regel eine Erkrankungswelle. Bestimmte Erkrankungsfälle mit der gleichen Ursache treten vermehrt auf, heißt es vom Robert Koch-Institut. Eine Epidemie ist zeitlich und räumlich begrenzt.
Für eine Pandemie gibt es keine eindeutige Definition, oft ist damit die Ausbreitung einer Krankheit über mehrere Kontinente oder weltweit gemeint. Die WHO definiert eine Pandemie als eine Situation, in der die gesamte Weltbevölkerung potenziell einem Erreger ausgesetzt ist - und das Risiko besteht, dass "ein Teil von ihr erkrankt". Die Einstufung als Pandemie sagt aber nichts darüber aus, wie ansteckend oder tödlich die jeweilige Krankheit ist. Der Pandemiebegriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern "pan" für "alles" und "demos" für "Volk" zusammen.
In den vergangenen Jahrzehnten hat die WHO immer wieder von Pandemien gesprochen, wenn Krankheiten sich über Grenzen hinweg ausbreiteten. So wurden etwa der Ebola-Ausbruch ab 2013 in Westafrika und die Schweinegrippe in den Jahren 2009 und 2010 als Pandemien eingestuft.