Wirtschaftsweise Grimm zu Etat "Angreifbaren Haushalt unbedingt vermeiden"
Im Streit um den Bundeshaushalt hat sich die Wirtschaftsweise Grimm auf die Seite des Finanzministers gestellt. "Gerade in der aktuellen Lage" solle man sich nicht angreifbar machen - und die Schuldenbremse einhalten.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm hat sich in der Diskussion um den Bundeshaushalt 2025 für Nachverhandlungen ausgesprochen - ähnlich wie Finanzminister Christian Lindner (FDP). "Gerade in der aktuellen Lage sollte die Regierung unbedingt vermeiden, einen angreifbaren Haushalt aufzustellen", sagte die Ökonomie-Professorin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es dürfe nicht zur Gewohnheit werden, die Gesetzeslage zu ignorieren.
"Könnte gegen den Haushalt wieder in Karlsruhe aussichtsreich geklagt werden, würde dies die Unsicherheit zusätzlich erhöhen und brächte auch die Akteure in Verruf", warnte Grimm, die als Professorin an der Technischen Universität Nürnberg lehrt.
Kanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Lindner hatten Anfang Juli verkündet, einen Kompromiss zum Haushalt gefunden zu haben. Vom Finanzminister beauftrage Gutachter sehen aber verfassungsrechtliche und ökonomische Risiken bei einigen Plänen.
Kürzungen im Sozialbereich erwogen
Insbesondere aus der SPD kam heftige Kritik, dass Lindner die Gutachten öffentlich gemacht hat und nicht erst intern das Gespräch gesucht habe. Der FDP-Chef setzt nun auf Nachverhandlungen. Im ZDF-Sommerinterview sah er noch eine Finanzierungslücke von fünf Milliarden Euro.
Die Wirtschaftsweise Grimm nennt eine Reihe von Möglichkeiten, woher die fehlenden Milliarden kommen könnten. "Weniger Subventionen und dafür mehr Anreize beim Klimaschutz." Aktuell würden umfangreiche Zuschüsse für Solaranlagen oder Heizungssysteme vergeben, von der größtenteils die Wohlhabenden der Gesellschaft profitierten.
"Man könnte Anpassungen bei der Anspruchsberechtigung für die Rente ab 63 und bei der Witwenrente vornehmen", sagte Grimm. Es ließen sich auch stärkere Sanktionen im Bürgergeld einführen, wenn man eine zumutbare Arbeit nicht annehme. Das Arbeiten im unteren Einkommensbereich müsse sich lohnen.
"Spielraum wäre in Nullkommanichts aufgebraucht"
Grimm warnte zudem, der Staat könne seine Handlungsfähigkeit verlieren, werde die Schuldenbremse aufgeweicht. "Der zusätzliche Spielraum wäre in Nullkommanichts aufgebraucht und die Diskussionen gingen von vorne los", sagte die Wirtschaftsweise den Funke-Zeitungen. "So viel zusätzlichen Spielraum gibt es auch gar nicht, wenn wir die Schuldentragfähigkeit erhalten wollen."
Die fünf sogenannten Wirtschaftsweisen kommen im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zusammen. Das Gremium arbeitet wissenschaftlich und gibt regelmäßig Stellungnahmen ab. Vorsitzende ist seit Oktober 2022 Monika Schnitzer, Professorin für Komparative Wirtschaftsforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Anfang des Jahres plädierten sie für eine Reform der Schuldenbremse.