
Schwarz-rote Koalitionen Eine Geschichte der Notlösungen
Bereits viermal in der Geschichte der Bundesrepublik gab es Koalitionen aus SPD und Union. Sie waren stets eine Notlösung. Auch diesmal dürfte gelten, dass ein solches Bündnis keine "Liebesehe" ist.
Schwarz-Rot, die vierte seit der deutschen Vereinigung. Die Meinungen über ein solches Bündnis lagen in der Vergangenheit weit auseinander.
"GroKo ist das, was stabil regieren kann und was auch für dieses Land etwas bewegen kann", sagte die frühere Kanzlerin Angela Merkel. "Die Große Koalition macht einen Zustand, dagegen ist das Gewitter eine gemütliche Veranstaltung", sagte der frühere FDP-Chef Guido Westerwelle.
"Die Erkenntnis ist, dass in einer Großen Koalition große Kröten geschluckt werden müssen und die Kunst ist, daran nicht zu ersticken oder sich zu verschlucken", sagte Ex-Bundespräsident Christian Wulff.
GroKo wurde Wort des Jahres 2013
Die GroKo, so der Name für Schwarz-Rot, hat es 2013 sogar zum Wort des Jahres gebracht. Erstmals regierte sie in den 1960er-Jahren und dann, nach ganzen 36 Jahren GroKo-Pause, kam es erst im Jahr 2005 unter CDU-Kanzlerin Angela Merkel wieder zu einem schwarz-roten Zweckbündnis, weil es für das Regieren mit der FDP nicht reichte.
Es dauerte 65 Tage, bis endlich die Regierung stand. Vizekanzler war anfangs der SPD-Politiker Franz Müntefering. "Also, die Machtkonstellation verändert, die demokratisch legitimierte Macht anders verteilt", sagte Müntefering. "Aber sie ist da, wir müssen sie nutzen. Jammert nicht darüber, sondern sorgt dafür, dass wir uns durchsetzen."
Nicht jammern, Zähne zusammengebissen, das Kabinett Merkel I hielt. Es steuerte das Land durch die Finanzkrise und brachte unter anderem die Schuldenbremse ins Grundgesetz.
Die SPD ließ Federn
Am Ende wurde die GroKo abgewählt, eine Neuauflage gab es erst 2013. Wieder ist Angela Merkel Kanzlerin. Ihr Vize, SPD-Chef Sigmar Gabriel, begegnet der Chefin mit Humor: "Es ist nicht so, dass Angela Merkel die schwarze Witwe im Netz ist und wartet, bis die SPD kommt und dann frisst sie sie auf."
Aber die SPD ließ Federn in der GroKo, ihre Erkennbarkeit schwand: Bei der kommenden Wahl 2017 erreichte sie etwa fünf Prozent weniger. Ihr Vorsitzender Martin Schulz sagte noch am Wahlabend seinen jubelnden Anhängern: "Mit dem heutigen Abend endet zugleich unsere Zusammenarbeit mit der CDU und der CSU."
Widerstand gegen eine Neuauflage 2017
Also versuchte die Union, eine Koalition mit FDP und Grünen zu schmieden. Aber das Projekt Jamaika-Koalition scheiterte an der FDP. Ihr damaliger Chef Christian Lindner sagte damals den legendären Satz: "Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren."
Also doch wieder GroKo? In der SPD regte sich Widerstand. Kevin Kühnert, damals noch Juso-Chef, startete sogar eine NoGroKo-Kampage. Aber am Ende kam sie doch.
Von den Menschen besser bewertet als von den Medien
Auch jetzt, nach der zerbrochenen Ampelkoalition, stehen die Zeichen wieder auf Schwarz-Rot. Ein Bündnis, das noch nie zerbrochen ist und von den Menschen viel besser bewertet wurde als von den Medien, sagt Politologe Uwe Jun.
"Weil es heißt, dass dann zwei oder drei Parteien zusammenkommen, die relativ effizient regieren und die in der Lage sind, Kompromisse zu finden", so Jun. "Und das hat in der Vergangenheit dazu geführt, dass auch eine Politik, von der Wählerinnen und Wähler meinten, sie sei in der politischen Mitte angesiedelt, dann auf Zustimmung stieß."
Politische Mitte - dieses Mal mit dünner Mehrheit. Die GroKo ist gar keine Große Koalition mehr.