Baden-Württemberg Tübingen: Null Toleranz bei sexualisierter Belästigung
Puppen in Klinik-Kitteln mit bunten Handabdrücken, Flyer und Aufkleber. Mit einer Kampagne wollen die vier Unikliniken im Land gegen verbale und körperliche Belästigungen vorgehen.
Die Universitätskliniken in Baden-Württemberg machen derzeit mit verschiedenen Aktionen auf das Thema "sexualisierte Belästigung am Arbeitsplatz" aufmerksam. Die Vorstände der Kliniken positionieren sich damit gegen jegliche Form von sexualisierter Belästigung. Sei es verbal, sei es körperlich.
Tübingen: Schaufensterpuppen mit bunten Handabdrücken
Mit der Kampagne sollen Mitarbeitende aber auch Patienten ein Bewusstsein für sexualisierte Worte, Blicke oder Gesten bekommen. Am Uniklinikum in Tübingen stehen im Rahmen der Aktion "Klare Kante" Schaufensterpuppen in weißen und blauen Kitteln in den Kantinen. Auf den Kitteln leuchten neon-rote Hände. Sie sollen verbotene Berührungen symbolisieren. "Aber auch verbale Belästigungen können anstößig sein", so die kaufmännische Leiterin am Universitätsklinikum Tübingen (UKT), Daniela Harsch.
Aufkleber auf Mitarbeiter-Toiletten
Bemerkungen wie: "Wenn Du Dich bückst, siehst Du heiß aus" oder "Endlich fasst mir mal wieder ein junger Mann unters Hemd" seien keine Komplimente, so Harsch. Solche Sätze werden nicht toleriert, sie seien verletzend. Neben den Puppen, die laut Harsch vermutlich am auffälligsten sind, haben die Verantwortlichen auch Flyer und Plakate im Rahmen der Kampagne verteilt. Außerdem wurden rund 350 Aufkleber auf den Mitarbeiter-Toiletten im UKT angebracht.
Wir wollten nicht einfach nur die Ergebnisse der Studie veröffentlichen. Wir wollten uns auch positionieren. Daniela Harsch, kaufmännische Direktorin am UKT
Auch in den Mitarbeiter-Toiletten im UKT wird mit Aufklebern auf die Kampagne und das Problem der sexualisierten Belästigung aufmerksam gemacht.
Auf den Aufklebern und Plakaten steht jeweils ein QR-Code, der auf eine Internetseite leitet. Dort erfährt man unter anderem, wo man Hilfe findet, wenn man von sexualisierter Belästigung betroffen ist.
Umfrage in allen Kliniken in BW ist ausschlaggebend für Kampagne
Auslöser für die Kampagne war eine im Jahr 2022 durchgeführte Umfrage an allen vier Universitätskliniken im Land. Hierfür wurden Daten von insgesamt 9.905 Beschäftigten der vier Kliniken ausgewertet. Die Studie zeigt, dass gewisse Umgangsformen als normal erachtet werden und dass sexualisierte Bemerkungen oft hingenommen werden. "Wir wollen mit den Aktionen zum Nachdenken anregen. Und wenn uns Vorfälle berichtet werden, müssen wir konsequent handeln", so Daniela Harsch.
"Betroffene brauchen Hilfe und Unterstützung"
"Dort, wo Grenzen verschwimmen, müssen wir sensibilisieren, zum Einschreiten motivieren, und den Betroffenen Hilfe und Unterstützung zukommen lassen", sagt Prof. Dr. Udo Kaisers, Leitender Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender am Universitätsklinikum Ulm sowie Initiator der Mitarbeitenden-Befragung.
"Sexualisierte Belästigung ist kein Bagatelldelikt"
"Wenn wir gemeinsam handeln, können wir ein Schutzort sein. Es ist die Aufgabe von uns allen, die Kolleginnen und Kollegen sowie auch alle uns anvertrauten Menschen im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG) vor Belästigung zu schützen", so die Beauftragte für Chancengleichheit am Universitätsklinikum Ulm, Barbara Klingler-Volswinkler. Sexualisierte Belästigung sei kein Bagatelldelikt, sondern habe nach dem AGG arbeitsrechtliche Relevanz.
Am Eingang eines UKT-Gebäudes klebt ein Aufklaber der Kampagne "Klare Kante".