Kindern wird am 14.11.2024 in einer Berliner Kita aus einem Kinderbuch vorgelesen. (Quelle: Picture Alliance/Jens Kalaene)

Berlin Drei-Religionen-Kita in Berlin wird vorerst gestoppt

Stand: 06.04.2025 12:10 Uhr

Seit zehn Jahren machen sich eine evangelische Christin, eine Jüdin und eine Muslima für eine Drei-Religionen-Kita in Berlin stark. Das Projekt stand kurz vor Baubeginn, nun ist es gestrichen. Der Berliner Senat hat versprochene Gelder gekürzt. Von Carmen Gräf

Noch in diesem Jahr sollte eigentlich der Grundstein für eine Drei-Religionen-Kita auf einem Baugelände in der Marchlewski-Straße in Berlin-Friedrichshain gelegt werden. Stattdessen wurde das Projekt nun dort symbolisch begraben: mit einer Kapsel, die Baupläne und Flyer enthält, wie bei einer Grundsteinlegung üblich, und die sich an künftige Generationen wendet.
 
"Damit man lesen kann, was die Initiatorinnen des Drei-Religionen-Kitahauses bewegt hat, so lange an ihrer Grundsteinlegung festzuhalten", erklärt Kathrin Janert. Sie ist Vorständin des Evangelischen Kirchenkreisverbandes für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord.

Auf dem Dach der Sehitlik Moschee ist eine Mondsichel angebracht (Quelle: dpa/Christophe Gateau)
"Jeder glaubt an irgendetwas"
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"Ich bin fassungslos und traurig"

Die Berliner Senatsverwaltung für Erziehung hatte ihr vier Millionen Euro für das Projekt in Aussicht gestellt. Damit wird es nun nichts mehr, erfuhr Janert im Dezember vergangenen Jahres. "Darüber bin ich nach wie vor fassungslos und wahnsinnig traurig, denn es war harte Arbeit", sagt Janert. "Jetzt ist es so wie es ist, aber es geht weiter. Diese Vision ist zu stark, als dass wir sie heute beerdigen."
 
Man werde schauen, wie man weiter zusammenarbeiten könne. Allerdings gebe es dafür noch keinen konkreten Plan B. Anderthalb Millionen Euro wurden bisher in das Projekt investiert - insgesamt elf Millionen Euro sollte das Drei-Religionen-Kitahaus kosten. Es gab bereits einen Erbbaurechtsvertrag für das Grundstück, das der evangelischen Markus-Gemeinde gehört. Dieser wird nun aufgelöst.

Diese Vision ist zu stark, als dass wir sie heute beerdigen.

Verbindende Projekte auf Mikroebene

Die Absage des Berliner Senats ist für Silke Radosh-Hinder ein falsches Signal an die Gesellschaft. Sie ist eine der Mitinitiatorinnen und Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte.
 
Gerade jetzt würden solche Projekte gebraucht, meint sie. "In hoch angespannten politischen Zeiten hätten wir zeigen können: Auf dieser Mikroebene geht es. Daraus hätte etwas ausstrahlen können."

Iman Andrea Reimann, Geschäftsführerin des Deutschen Muslimischen Zentrums Berlin und Leiterin der Kita Regenbogenkidz, Kathrin Janert, Vorständin des Evangelischen Kirchenkreisverbandes für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord, Rabbinerin Gesa Ederberg, zuständig für die Synagoge Oranienburger Straße, und Pfarrerin Silke Radosh-Hinder, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Berlin Stadtmitte, bei der Verleihung des Deutschen Nationalpreises 2024 (Quelle: dpa/Christoph Soeder)

v.l.n.r.: Iman Andrea Reimann, Kathrin Janert, Rabbinerin Gesa Ederberg und Pfarrerin Silke Radosh-Hinder

Iman Andrea Reimann ist eine weitere Mitinitiatorin und Geschäftsführerin des Deutschen Muslimischen Zentrums Berlin. Sie glaubt nicht, dass so bald ein Projekt in einer solchen Größenordnung realisiert werde. "Vielleicht etwas, was kleiner ist und irgendwie einen anderen Anfang bietet", meint sie. Die mulitinationale Kita Regenbogen-Kidz, in der sie arbeitet, kooperiert bereits mit der jüdischen Masorti-Kita. "Vielleicht ist das ein Anfang, der uns dann befähigt, wieder zu so etwas Großem zu kommen", hofft sie.

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Freundschaften bleiben hoffentlich

Auch Gesa Ederberg hat die Hoffnung nicht aufgeben. Sie ist Rabbinerin in der Neuen Synagoge Oranienburger Straße und Vorstandsmitglied von Masorti, einem Verein zur Förderung der jüdischen Bildung und des jüdischen Lebens. Sie hofft, "dass wir einen anderen Ort finden, dass wir eine andere Form finden, das vor allem unsere Freundschaften, die entstanden sind, einfach weiter halten."
 
Symbolisch dafür wurden Luftballons mit Samenkapseln und Botschaften in den Himmel geschickt. "Irgendwo geht diese Samenkapsel nieder", rief Silke Radosh-Hinder unter dem Beifall der Anwesenden: "Sie wird aufgehen. Und das ist das Signal: Es geht weiter!"

Sendung: rbb24 Inforadio, 05.04.2025, 09:10 Uhr