
Zum sechsten Mal in Folge EZB senkt Leitzins auf 2,5 Prozent
Die Europäische Zentralbank hat die Zinsen zum sechsten Mal in Folge gesenkt. Der für Sparer wichtige Einlagenzins sinkt wie erwartet auf 2,5 Prozent.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen wie erwartet gesenkt. Auf ihrer heutigen Sitzung in Frankfurt beschloss der Rat der Notenbank, den richtungsweisenden Einlagenzins von 2,75 auf 2,50 Prozent zu kappen. Zu diesem Zins parken Geldinstitute überschüssige Gelder bei der Notenbank. Der Zinsschritt war erwartet worden. Es ist die sechste Zinssenkung in Folge, seit die EZB im Juni 2024 erstmals seit der Inflationswelle reduziert hat. Im September, Oktober, Dezember und Januar waren jeweils weitere Schritte erfolgt.
Wie es weitergeht, ist noch nicht ausgemacht
"Die Geldpolitik wird spürbar weniger restriktiv", sagte EZB-Chefin Christine Lagarde im Anschluss an den Zinsentscheid. Die bisherigen Zinssenkungen führten dazu, dass die Aufnahme neuer Kredite für Unternehmen und private Haushalte günstiger wird und das Kreditwachstum anzieht. Der EZB-Rat schränkte jedoch ein: Die Lockerung der Finanzierungsbedingungen werde dadurch gebremst, "dass sich frühere Zinserhöhungen nach wie vor auf den Kreditbestand auswirken". Insgesamt bleibe die Kreditvergabe gedämpft.
Auf einen weiteren Zinssenkungspfad wollte sich Lagarde nicht festlegen. Der Rat müsse "wachsam" sein und auf Grundlage der Daten entscheiden, sagte sie. "Die Umgebung, in der wir uns derzeit befinden, ist von Unsicherheiten geprägt." Die EZB-Chefin nannte zunehmende Handelsstreitigkeiten und geopolitische Spannungen als Gründe dafür.
"Nicht weiter Gas geben"
Nach Einschätzung von ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann führte an der erneuten Senkung "kein Weg vorbei". Denn: "Angesichts der schlechten Wirtschaftslage, der weiteren Eskalation im Handelskrieg und immer noch optimistischer Inflationsprognosen überwogen die Argumente für eine weitere Normalisierung des Zinsniveaus stark."
Allerdings seit die Normalisierung mit diesem Schritt nun weit fortgeschritten. "Die EZB muss jetzt sehr vorsichtig sein, dass sie nicht wie schon einmal in der Pandemie deutlich erkennbare Inflationsgefahren kleinredet. Die Geldpolitik darf nicht weiter Gas geben, wenn die Fiskalpolitik Vollgas gibt."
Auch Silke Tober vom IMK-Institut schlussfolgert: "Die heutige Senkung des Leitzinses auf 2,5 Prozent ist ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Weitere Lockerungsschritte sollten folgen, da die Wirtschaft lahmt, die Unsicherheit hoch ist und die Inflationsrate bereits in den kommenden Monaten nachhaltig bei zwei Prozent liegen dürfte."
BIP-Prognosen gesenkt
Zeitgleich mit den Zinsen senkten die Währungshüter ihre Erwartungen an das künftige Wirtschaftswachstum im Euroraum für 2025 auf 0,9 Prozent (bisher 1,1 Prozent), für 2026 auf 1,2 Prozent (bisher 1,4 Prozent). Die Erwartungen für 2027 bleiben unverändert bei 1,3 Prozent. Für dieses Jahr erwarten sie nach wie vor eine Inflation von 1,9 Prozent.
Inflation zuletzt hartnäckiger als erwartet
Hauptziel der EZB ist, für stabile Preise zu sorgen. Zuletzt war die Inflationsrate in der Eurozone allerdings weniger gesunken als von Ökonomen erwartet: von 2,5 Prozent im Januar auf 2,4 Prozent im Februar. Volkswirte hatten im Durchschnitt einen Rückgang auf 2,3 Prozent prognostiziert. Zuvor war die Inflationsrate vier Monate in Folge gestiegen.
Auch die zuletzt schwächelnde Wirtschaft sprach nach Einschätzung von Ökonomen für eine weitere Zinssenkung. Zugleich dämpfen Spannungen zwischen Europa und den USA zu Fragen der Sicherheits- und Handelspolitik die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Erholung.
Die USA stellten in dieser Woche ihre Unterstützung für die Ukraine ein. Gegen Mexiko, Kanada und China wurden Zölle erhoben und zum Teil wieder ausgesetzt. Der Europäischen Union drohen ebenfalls höhere Zölle. Andererseits könnten die in der EU und insbesondere in Deutschland geplanten zusätzlichen Ausgaben für Infrastruktur und Rüstung mittelfristig die Konjunktur stützen und die Inflation antreiben.
Deutschland plant Milliarden-Investitionen mit Schulden
In Deutschland hatten Union und SPD bei ersten Sondierungen zur Bildung einer schwarz-roten Bundesregierung am Dienstagabend mitgeteilt, dass sie einen 500 Milliarden Euro schweren Schuldentopf zur Modernisierung der Infrastruktur einrichten wollen. Außerdem soll die Schuldenbremse gelockert werden, um mehr Geld in die Verteidigung stecken zu können. Drittens soll die Schuldenbremse dahingehend geändert werden, dass auch die Länder zusätzliche Kredite aufnehmen können.
Für alle drei Vorhaben muss das Grundgesetz geändert werden. Dafür sind in Bundestag und Bundesrat Zwei-Drittel-Mehrheiten erforderlich. Der Bundestag wird noch in alter Zusammensetzung am 13. März erstmals darüber beraten. Beschlossen werden sollen die dafür erforderlichen Grundgesetzänderungen in einer weiteren Sondersitzung am 18. März, wie die Nachrichtenagentur Reuters aus Parlamentskreisen erfahren hat.
Lagarde bewertet Vorhaben positiv
Christine Lagarde sieht in steigenden Staatsausgaben für Rüstung und Infrastruktur, wie auch in Deutschland geplant, einen möglichen Wachstumsmotor für die Wirtschaft der Eurozone. Eine Erhöhung der Verteidigungs- und Infrastrukturausgaben könnte "zum Wachstum beitragen", sagte sie.
Gleichzeitig könnten die steigenden Ausgaben jedoch auch die Inflation wieder anheizen. Lagarde betonte, dass die Pläne der EU-Kommission und der möglichen neuen Regierung in Deutschland derzeit "work in progress" seien. Welche Auswirkungen sie tatsächlich auf Inflation und Wirtschaftswachstum haben werden, sei aktuell offen. Grundsätzlich sei sich der EZB-Rat aber einig, dass große Investitionspakete einen "Wachstumsschub" auslösen werden.