Moderate Gewinne US-Börsen stecken Zinsdämpfer weg
Die Wall Street hat den Zinsdämpfer nach robusten Arbeitsmarktdaten gut weggesteckt und bleibt auf hohem Niveau. Mit dem ungebremsten Rekordlauf des DAX kann sie derzeit aber nicht mithalten.
Auch unerwartet starke Daten vom Arbeitsmarkt haben die Anleger an der Wall Street nicht aus dem Konzept gebracht. Nach zunächst holprigem Start fingen sich die großen US-Aktienindizes und schlossen letztlich noch komfortabel im Plus.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte stand am Ende 0,36 Prozent höher bei 36.247 Punkten und erreichte damit noch den höchsten Stand seit Anfang 2022. Im Wochenvergleich schloss er fast auf den Punkt genau unverändert.
Der breiter gefasste S&P 500 gewann 0,4 Prozent auf 4.604 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq notierte 0,45, der Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,39 Prozent höher. Anders als zuvor beim DAX wurden aber keine neuen Höchststände erreicht.
Konkret wurden im November 199.000 neue Stellen außerhalb der Landwirtschaft geschaffen, wie das US-Arbeitsministerium heute in Washington mitteilte. Experten hatten mit 185.000 Stellen gerechnet. Die Arbeitslosenquote fiel um 0,2 Prozentpunkte auf 3,7 Prozent. Volkswirte hatten im Schnitt mit einer unveränderten Quote von 3,9 Prozent gerechnet.
Die Löhne legten unterdessen weiter zu. Die durchschnittlichen Stundenlöhne erhöhten sich auf Monatssicht um 0,4 Prozent, wohingegen Analysten mit 0,3 Prozent gerechnet hatten. Im Vormonat waren die Löhne um lediglich 0,2 Prozent gestiegen. Im Jahresvergleich blieb der Lohnauftrieb mit 4,0 Prozent stabil. Deutlich steigende Löhne bedeuten für die Federal Reserve zusätzliche Inflationsrisiken.
Insgesamt agierten die US-Anleger in dieser Woche in Erwartung der Jobdaten nicht so euphorisch wie ihre Pendants an den europäischen Märkten. Zuletzt stockte die seit Ende Oktober laufende Rally, und es sieht so aus, als sollten die Investoren weiter vorsichtig bleiben. Denn die unmittelbare Zinsfantasie dürfte nun abebben. Andererseits besteht für Konjunkturängste auch kein Anlass, die Märkte behaupten entsprechend ihre hohen Niveaus.
"Der Arbeitsmarktbericht ist zwar nicht extrem stark. Aber er ist stark genug, um die erwartete erste Zinssenkung durch die US-Notenbank Fed nach hinten zu verschieben", begründete Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners die Zurückhaltung der Anleger. "Bislang stellt sich trotz der hohen Zinsen noch kein großer Bremseffekt ein."
Im Kampf gegen die Inflation hatte die Notenbank Federal Reserve (Fed) die Leitzinsen kräftig angehoben, seit diesem Sommer dann gab es keine Änderungen mehr. An den Märkten hatte sich zudem zunehmend die Erwartung breit gemacht, dass im kommenden Jahr die Zinsen wieder deutlich gesenkt werden, da die Inflation zuletzt deutlich rückläufig war und zudem mit einer Konjunkturabschwächung gerechnet wurde. Die Daten allerdings spiegeln solche Befürchtungen derzeit nicht wider.
Rückenwind kam im Sitzungsverlauf allerdings von einer überraschend guten Verbraucherstimmung. Denn deren Stimmung hat sich im November aufgehellt und die Inflationserwartungen sind deutlich gesunken. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima stieg von 61,3 Punkten im Vormonat auf 69,4 Punkte, wie die Universität am Freitag nach einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten im Schnitt lediglich mit 62,0 Punkten gerechnet.
Sowohl die Bewertung der aktuellen Lage als auch die Erwartungen der Verbraucher hellte sich auf. Die Inflationserwartungen der Verbraucher gingen deutlich zurück. Auf Sicht von einem Jahr sanken sie von 4,5 Prozent auf 3,1 Prozent. Der Rückgang um 1,4 Prozentpunkte ist der stärkste seit 22 Jahren. Die längerfristigen Inflationserwartungen gaben von 3,2 Prozent im Vormonat auf 2,8 Prozent nach. Es war jeweils ein deutlich geringerer Rückgang der Rate erwartet worden.
Deutlichere Verluste gab es nach den Jobdaten hingegen am Rentenmarkt, wo im Gegenzug die Renditen anstiegen. Die Rendite der zehnjährigen US-Treasuries zog bis auf 4,27 Prozent an von zuvor 4,19 Prozent. Auch am heimischen Rentenmarkt stiegen die Renditen. Zehnjährige Bundesanleihen rentieren mit 2,26 Prozent deutlich höher als gestern.
"Dies bedeutet in der Gesamtschau, dass die Spekulationen, die US-Notenbank werde schon im ersten Quartal 2024 eine Zinssenkungsphase einläuten, einen herben Dämpfer erlitten haben", kommentierte Dirk Chlench, Volkswirt bei der Landesbank Baden-Württemberg. "Daran ändert auch der Einwand nichts, dass der Beschäftigungsanstieg durch die Rückkehr der Streikenden in der Automobilindustrie und der Filmwirtschaft an ihren Arbeitsplatz nach oben verzerrt ist."
Unter den Einzelwerten lagen Aktien des Flugzeugbauers Boeing an der Dow-Spitze mit einem Plus von 3,1 Prozent. Das Unternehmen steht vor einem Großauftrag aus Thailand, bei dem es sich gegen Airbus durchgesetzt hat. Die Fluggesellschaft Thai Airways wolle bis zu 80 Boeing-Langstreckenjets vom Typ 787 "Dreamliner" kaufen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg in der Nacht zum Freitag und berief sich dabei auf mit der Sache vertraute Personen.
Der DAX scheint derzeit nicht zu bremsen, die Anleger blieben auch heute unbeirrt in Kauflaune. Trotz stärker als erwartet ausgefallener US-Arbeitsmarktdaten, die Zinsfantasien dämpften, setzte der deutsche Leitindex seine Weihnachtsrally fort und markierte neue Bestmarken. Am Ende schloss der Index bei 16.759 Punkten um 0,78 Prozent höher, im Verlauf lag die neue Bestmarke bei 16.782 Zählern.
Insgesamt reagierten die Anleger damit mehr als gelassen auf die im Vorfeld mit großer Spannung erwarteten Daten vom US-Arbeitsmarkt. In der Wochenbilanz steht damit ein DAX-Gewinn von 2,4 Prozent zu Buche. Der MDAX der mittelgroßen Werte ging bei 26.691 Punkten um 0,59 Prozent höher aus dem Handel.
Dabei waren die neuen, robusten Daten vom US-Arbeitsmarkt für die Zinsbullen (Käufer) eher eine Enttäuschung. Denn der wichtige Arbeitsmarkt bleibt in den USA robust und hat sich im Dezember nach der Delle im Vormonat sogar wieder erholt.
Diejenigen, die auf schnelle Zinssenkungen gesetzt hatten, dürften damit heute enttäuscht gewesen sein. Denn es besteht für die Fed keine Eile, vom derzeitigen Zinsniveau abzusteigen. Im Gegenteil, ihrem anspruchsvolles Ziel, die Inflation zu senken und dabei gleichzeitig die Wirtschaft abzukühlen ohne in eine Rezession zu geraten, scheint die Bank sukzessive näher zu kommen.
"Der US-Arbeitsmarkt hat sich von der Delle aus dem Vormonat erholt", kommentierte Portfolio-Manager Thomas Altmann von QC Partners die Daten. Die Zahl der neu geschaffenen Stellen liegt mit 199.000 etwas über den Erwartungen von Ökonomen. "Mit diesem Wert können die Börsianer nur bedingt gut leben", so Altmann.
Die letzte Zinssitzung in diesem Jahr findet in den USA am 13. Dezember statt, die EZB tagt letztmals am Tag darauf. "Die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Fed vor allem im ersten Halbjahr 2024 dürften auf den Prüfstand gestellt werden. Mit einer Zinserhöhung in der nächsten Woche rechnen wir aber nicht", kommentierte Ralf Umlauf von der Helaba.
Der Euro hat am Abend nach einer Berg- und Talfahrt zum Dollar im späten US-Devisenhandel unter dem Strich leicht nachgegeben. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung 1,0757 Dollar. Der Dollar profitierte etwas vom robusten US-Arbeitsmarktbericht.
Nach der Veröffentlichung der Daten war die Gemeinschaftswährung zunächst bis auf 1,0725 Dollar gefallen. Anschließend hatte er Euro wieder bis auf 1,0785 Dollar erholt. Im New Yorker Handel gab der Euro schließlich wieder nach. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0777 (Donnerstag: 1,0771) Dollar fest. Damit blieb der Kurs weiter unter der Marke von 1,08 Dollar, die gestern leicht überwunden worden war.
Etwas schwächer tendierte der japanische Yen. Am Vortag hatte er zu Euro und Dollar noch kräftig zugelegt. Auslöser waren Bemerkungen aus der japanischen Notenbank, die an den Märkten als Hinweis auf baldige Zinsanhebungen verstanden wurden. Am Freitag untermauerten jedoch schwache Wachstumsdaten den fragilen Zustand der Konjunktur, der eine geldpolitische Wende erschweren könnte.
Nach zuletzt deutlichen Verlusten haben die Ölpreise heute wieder zugelegt. Am Abend kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 75,86 Dollar, rund zwei Prozent mehr als gestern. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) legte in ähnlicher Größenordnung zu.
Gestützt wurden die Ölpreise durch die Entscheidung der US-Regierung, ihre strategische Ölreserve aufzufüllen. Es wurden drei Millionen Barrel für die Reserve angefordert. Bis mindestens Mai sollen monatliche Ausschreibungen stattfinden. Trotz der Erholung bleiben die Erdölpreise angeschlagen. Es droht der siebte Wochenverlust beim Brent-Preis in Folge. Dies wäre die längste Folge seit 2018.
Gestern waren die Preise auf den tiefsten Stand seit knapp einem halben Jahr gefallen. Hintergrund ist die anhaltende Skepsis, die der Markt jüngsten Förderkürzungen des großen Rohölverbunds OPEC+ entgegenbringt. Marktteilnehmer zweifeln an der Durchsetzung der Beschlüsse. Hinzu kommt ein hohes Ölangebot aus Nicht-OPEC-Staaten wie den USA. Auf der Nachfrageseite belasten trübe Konjunkturperspektiven, die eine schwächere Nachfrage nach Erdöl, Benzin und Diesel nach sich ziehen könnten.
Der Gesundheitskonzern Fresenius stellt einem Zeitungsbericht zufolge seine Reha-Klinik-Sparte zum Verkauf. Das Unternehmen habe die Investmentbank UBS mandatiert, am Markt Interessenten zu sondieren, meldete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" laut Vorabbericht vom Freitag unter Berufung auf Banken-, Private-Equity- und Branchenkreise. Das Vorhaben habe den Wert eines höheren dreistelligen Millionenbetrages. Die Angaben variierten, aber in Summe erscheine eine Spanne von etwa 600 bis 800 Millionen Euro plausibel. Fresenius lehnte eine Stellungnahme ab.
Fresenius-Chef Michael Sen hatte im Oktober 2022 das Ruder übernommen und treibt seitdem die Neuausrichtung des DAX-Konzerns voran. Im Fokus sollen künftig die Medikamentensparte Kabi sowie die Klinikkette Helios stehen. Die Dialyse-Tochter FMC und die Dienstleistungs-Sparte Vamed sollen dagegen nur noch als Finanzbeteiligungen geführt werden. Die Reha-Sparte gehört zu Vamed.
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) hat mehrere Ratings der Deutschen Bank angehoben. S&P habe sowohl das langfristige als auch das kurzfristige Emittentenrating auf "A" sowie "A-1" von zuvor "A-" sowie "A-2" hochgestuft und dies jeweils mit stabilem Ausblick, teilte das Geldhaus heute mit. In der Begründung für den Schritt habe die Ratingagentur die Fortschritte hervorgehoben, die das Institut beim Geschäftswachstum und bei der Stärkung der Erträge gemacht habe.
"Wir freuen uns über die erneute Anerkennung der Stärke der Deutschen Bank und unserer Fortschritte durch eine führende Ratingagentur", sagte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing.
Volkswagen zieht nach einem Bericht des "Handelsblatt" zur Entwicklung eines Elektro-Kleinwagens eine Kooperation mit Partnern in Betracht. Dabei sei nach Informationen von mehreren mit der Angelegenheit vertrauten Personen der französische Konkurrent Renault ein Kandidat, der einen batterieelektrischen Kleinwagen für 20.000 Euro bis 2025 auf den Markt bringen will. Die Gespräche seien aber noch in einem sehr frühen Stadium und könnten auch ins Leere führen, berichtete die Zeitung am Freitag. Sprecher von Renault und Volkswagen wollten sich demnach zu der "Spekulation" nicht äußern.
Der Flugzeugbauer Airbus hat einen Auftrag über sechs Frachtmaschinen des Typs A350 von Cathay Pacific Airways erhalten. Hinzu komme die Option auf 20 weitere Maschinen, teilte Cathay mit. Die Auslieferungen sollen ab 2027 beginnen und bis Ende 2029 abgeschlossen werden. Der Kauf habe einen Listenwert von rund 2,7 Milliarden Dollar vor kundenspezifischen Rabatten, so Cathay Pacific.
Für die Fluggesellschaft ist dies die größte Auftragsvergabe für Frachtmaschinen seit 16 Jahren. Das Unternehmen hat eine der größten Cargo-Flotten weltweit.
Sieben Jahre nach dem Aus von E-Plus hat Deutschland wieder ein viertes Handynetz. Die Telekommunikationsfirma 1&1 schaltete heute offiziell ihre mobilen Dienste frei. "Das ist ein großer Tag für uns", sagte Firmenchef Ralph Dommermuth in Montabaur. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) lobte das Unternehmen als Innovationstreiber.
1&1-Neukunden werden nun mit dem Netz der Firma verbunden. Allerdings besteht das Netz vorerst nur aus sehr wenigen Antennenstandorten, Ende September waren es 60. Zum Vergleich: O2 hat mehr als 28 000. Dort, wo 1&1 keine eigenen Antennen hat, werden die Kunden mit dem Netz von O2 verbunden.
Bisher gibt es in Deutschland Handynetze der Telekom, von Vodafone und von Telefónica Deutschland mit seiner Marke O2. Außerdem gibt es sogenannte virtuelle Netzbetreiber, die für ihr Mobilfunkgeschäft Kapazitäten der etablierten Anbieter nutzen und dafür Miete zahlen. So ein virtueller Netzbetreiber ist die United-Internet-Tochter 1&1 bisher gewesen. 2019 entschied sich Firmenchef Dommermuth aber dafür, auf eigenen Beinen zu stehen und an einer Frequenzauktion teilzunehmen. Die Firma ersteigerte Nutzungsrechte für 1,1 Milliarden Euro, um auf gewissen Frequenzen selbst funken zu dürfen.
Der Machtkampf zwischen der schwedischen Gewerkschaft IF Metall und dem US-Autobauer Tesla greift auf weitere Staaten über. Gestern kündigte die finnische Gewerkschaft AKT an, sie werde ab 20. Dezember keine Elektro-Autos des Konzerns von Elon Musk mehr für die Verschiffung nach Schweden verladen. Hafenarbeiter in Schweden, Norwegen und Dänemark haben bereits entsprechende Schritte vollzogen oder angekündigt. Damit kann Tesla faktisch keine Autos mehr nach Schweden verschiffen.