Tech-Boom und kein Ende Neue Rekorde bei Nasdaq und S&P 500
Wieder mal retteten die wenigen hochbewerten Technologieschwergewichte den Börsentag an der Wall Street. Bei ruhigem Handel trotzen sie schwer zu interpretierenden Jobdaten, als ob nichts gewesen wäre.
US-Anleger sind nach der Feiertagspause nach altbekannten Muster an den Markt zurückgekehrt. Während sich der Dow Jones, der Leitindex der Standardwerte, erneut schwer tat und am Ende nur leicht um 0,17 Prozent höher schloss bei 39.375 Zählern schloss, ging die Rekordjagd der Technologieaktien weiter.
An der Nasdaq und beim marktbreiten S&P-500-Index, der ebenfalls viele Tech-Aktien enthält, wurden hingegen wieder Rekorde erzielt. Am Donnerstag waren die US-Börsen wegen des Feiertages Independence Day geschlossen geblieben.
Genauer genommen waren es erneut eine Handvoll hochbewerterer Top-Schwergewichte wie Apple, Microsoft, Amazon oder Alphabet. Nachdem zuletzt KI-Platzhirsch Nvidia die Nasdaq quasi im Alleingang zu neuen Höhen geführt hat, sind es aktuell die "altbekannten Verdächtigen", die die Indizes nach oben treiben.
Der Index der Technologiebörse Nasdaq schoss letztlich bei 18.352 Punkten um 0,9 Prozent höher, der Auswahlindex Nasdaq 100 ging bei 20.391 Zählern aus dem Handel, ein Plus von 1,02 Prozent. Der S&P-500-Index gewann 0,54 Prozent auf 5.567 Punkte, knapp unter der neuen Bestmarke von 5.570 Punkten.
"Einen Tag nach einem Feiertag ist es auf dem Markt sehr ruhig, und morgen ist Wochenende. Ich glaube nicht, dass die Büros sehr stark besetzt sind, also passiert nicht viel", sagte Portfoliomanager Robert Pavlik vom Vermögensverwalter Dakota Wealth.
Abseits der Tech-Häuser standen neue Daten vom Arbeitsmarkt im Zentrum der Diskussion. Wie schon im Vormonat erschlossen sich auch die Juni-Zahlen vom US-Arbeitsmarkt dem Beobachter nicht auf den ersten Blick.
Zwar schuf die US-Wirtschaft 206.000 neue Arbeitsplätze, erwartet worden waren nur 190.000 neue Stellen, so dass der Arbeitsmarkt weiter keinerlei Schwäche zeigt. Allerdings wurde der Vormonatswert von 272.000 kräftig auf 218.000 nach unten revidiert.
Zudem fielen die als besonders inflationstreibend geltenden durchschnittlichen Stundenlöhne mit einem Zuwachs von 0,3 Prozent niedriger aus als im Vormonat, als die Rate bei plus 0,4 Prozent lag. Experten hatten genau dies erwartet. Schließlich stieg die getrennt ermittelte Arbeitslosenquote auf 4,1 Prozent zum Vorjahr, nach 3,9 Prozent im Vormonat.
Aus Sicht von Börsianern mehrten sich unter dem Strich die Anzeichen für eine von der Notenbank auf dem Weg zu einer Zinswende erhofften Abkühlung des Arbeitsmarkts. "Der Schlüssel liegt hier in der Tatsache, dass sich die Lohnentwicklung abkühlt, und das macht diesen Bericht aus Sicht der Märkte zu einem respektablen Ergebnis", sagte Ökonom Peter Cardillo von Spartan Capital Securities. "Wenn es im nächsten Monat so weitergeht und die Stundenlöhne nicht steigen, dann werden wir meiner Meinung nach im September eine Zinssenkung und im Dezember noch eine weitere erleben."
Für Coinbase-Aktionäre war der Tag alles andere als ruhig. Die Aktie hatte zunächst einen Kursrutsch von über sechs Prozent zu verkraften, erholte sich danach aber stetig wieder. Am Ende schloss das Papier noch gut ein halbes Prozent leichter. Als Belastung für die Handelsplattform für Kryptowährungen erwies sich die anhaltende Talfahrt des Bitcoin, der ein Tief seit Ende Februar erreicht hatte.
Die Verluste begründeten Experten unter anderem mit einer Mitteilung des Insolvenzverwalters der gescheiterten Kryptobörse Mt.Gox. Diese hatte angekündigt, eine große Anzahl von Bitcoin-Token (BTC) an geschädigte Gläubiger zu übergeben. Die Geschädigten warten seit Jahren auf eine Erstattung ihrer Coins. Dies könnte zu einer Angebotsschwemme führen.
Nach dem durchwachsen ausgefallenen US-Arbeitsmarktbericht haben die Anleger an der Frankfurter Börse am Nachmittag Kasse gemacht. Zudem zog sich so mancher Investor vor der zweiten Runde der Parlamentswahl in Frankreich zurück, deren Ausgang offen ist. Die Märkte fürchten besonders wegen drohender Haushaltsrisiken des hoch verschuldeten Nachbarlandes eine Regierungsübernahme durch die Rechtsparteien, die in der ersten Runde der Abstimmung stärkste politische Kraft geworden waren.
"Wir rechnen mit einem Parlament ohne echte Mehrheit und damit deutlich schwierigeren weitreichenden politischen Entscheidungen in Frankreich, darauf ist der Markt aber vorbereitet", sagt Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck.
Der DAX schloss am Ende bei 18.475 Punkten nur mit einem leichten Plus von 0,14 Prozent. In der Spitze war der deutsche Leitindex zuvor schon bis auf 18.650 Punkte oder knapp ein Prozent gestiegen. Der MDAX der mittelgroßen Werte gewann 0,74 Prozent auf 25.728 Punkte.
Gestern hatte der DAX seine jüngste Erholung fortgesetzt, wenn auch ebenfalls mit gebremstem Tempo. Er stieg um 0,4 Prozent auf 18.450,48 Punkte, nachdem er zur Wochenmitte bereits um rund 1,2 Prozent nach oben geklettert war. Im Wochenvergleich ergibt sich trotzdem ein Zuwachs von knapp 1,3 Prozent.
Schon im Vorfeld der für die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) besonders bedeutenden Juni-Daten vom Arbeitsmarkt hatten die Anleger heute zugegriffen. Ein Zinssenkungsschritt nach unten für die Septembersitzung sei bereits mit rund 80 Prozent eingepreist, so die Experten von Index Radar. Zudem setzte die US-Technologiebörse Nasdaq ihren Rekordlauf unbeirrt fort. In diesem Umfeld haben die Bären (Verkäufer) insgesamt einen schweren Stand.
Der Euro baute derweil seine Gewinne im US-Handel nach den auch am Devisenmarkt als eher schwächer eingestuften Jobdaten aus und wurde zuletzt bei 1,0840 Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0824 (Donnerstag: 1,0800) US-Dollar fest.
Das britische Pfund reagierte mit Gewinnen auf den Erdrutschsieg der Labour-Partei in der Parlamentswahl. Zuletzt wurden 1,2816 Dollar bezahlt. Schon im Vorfeld wurde allerdings mit einer klaren Niederlage der konservativen Tories gerechnet, so dass die Schwankungen überschaubar waren.
Viele Stimmen gingen jedoch auch an die rechtspopulistische Partei Reform UK, deren Vorsitzender Nigel Farage einst den Brexit maßgeblich vorangetrieben hatte. US-Präsidentschaftskandiadat Donald Trump gratulierte Farage, der erstmals einen Parlamentssitz errang. Den Labour-Wahlsieger Starmer erwähnte er nicht.
Wenig optimistische Signale kamen zuvor von der deutschen Industrie, die jedoch am Markt nicht beachtet wurden: Die Produktion ist im Mai überraschend eingebrochen. Industrie, Bau und Energieversorger stellten zusammen 2,5 Prozent weniger her als im Vormonat, teilte das Statistische Bundesamt mit.
"Eine weitere Hiobsbotschaft von der Industrie", kommentiert Jens-Oliver Niklasch, Ökonom bei der LBBW. "Es scheint, als sei eine Wende zum Besseren weiter entfernt denn je." Deutschland erlebe das zweite Jahr Stagnation in Folge.
Unter den Einzelwerten setzen Conti-Aktien ihren Lauf von gestern fort und stehen erneut an der DAX-Spitze. Gestern hatte das Papier des Hannoveraner Autozulieferers und Reifenherstellers bereits 9,5 Prozent zugelegt, heute waren es weitere 3,7 Prozent. Auf Wochensicht ergibt sich damit ein Plus von rund 15 Prozent.
Grund ist ein Analystentreffen gestern, auf dem sich das Management zum weiteren China-Geschäft zuversichtlich geäußert hatte. Auch das Auto-Margenziel wurde beibehalten, obwohl es von einigen Marktteilnehmern als ambitioniert erachtet wird.
Auch Infineon waren im DAX nach guten Samsung-Zahlen gesucht. Rheinmetall und Deutsche Börse, die zu den bisherigen Gewinnern im Index gehören, tendieren nach Gewinnmitnahmen etwas leichter und stehen am Index-Ende. Münchener Rück litten weiter unter den voraussichtlich zu erwartenden hohen Schäden von Hurrikane "Beryl", der derzeit in der Karibik ungewöhnlich früh in der Saison seine zerstörerischen Kreise zieht.
Aktuell erreicht der Sturm eine beliebte Touristenregion an der Küste Mexikos. Der Wirbelsturm traf am Freitag beim Badeort Tulum mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 160 Stundenkilometern auf die Küste der Halbinsel Yucatán, wie das Nationale Hurrikan-Zentrum der USA (NHC) mitteilt.
DHL hält auch unter dem neuen Postgesetz an den operativen Gewinnzielen für das Brief- und Paketgeschäft in Deutschland fest. "Bezüglich der Ziele ändert sich (..) nichts", sagte DHL-Chef Tobias Meyer. "Wir hatten immer das Ziel, dass dieser Unternehmensbereich mehr als eine Milliarde Euro verdienen muss", betonte er. Dieses Ziel für den operativen Gewinn (Ebit) bestehe weiter. Anders ließen sich Investitionen in den Universaldienst zur flächendeckenden Versorgung der Bürger und in die ökologische Nachhaltigkeit nicht stemmen.
Der Bundesrat hatte am Mittag grünes Licht für das neue Postgesetz gegeben, das unter anderem auch mehr Wettbewerb vorsieht. Die Deutsche Post ist Marktführer in der Bundesrepublik. Der Briefversand in Deutschland wird sich nach den Meyers Worten von Anfang kommenden Jahres an nicht so stark verlangsamen wie es eine Gesetzesnovelle ermöglicht. Die Laufzeit von Briefen - also die Dauer bis zur Ankunft beim Empfänger - werde sich "nicht schlagartig" im Januar verändern, sondern es werde einen graduellen Übergang geben, sagte er mit Blick auf die Novelle des Postgesetzes
Der angeschlagene Batteriehersteller Varta befindet sich in Gesprächen mit Porsche über ein mögliches Investment des Sportwagenbauers im Geschäftsbereich für großformatige Lithium-Ionen-Zellen (V4Drive) mittels einer Mehrheits-Beteiligung an der V4Drive Battery GmbH. Die Parteien befänden sich laut Varta in der ersten Phase einer Abstimmung über die Dokumentation für eine solche Transaktion. Die V4Drive Battery GmbH ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Varta AG.
Der Chipanlagenbauer Aixtron hat nach einem Ergebnis- und Umsatzrückgang im zweiten Quartal seine Jahresprognosen gesenkt. Der Vorstand erwartet nun einen Umsatz von 620 bis 660 Millionen Euro. Bisher hatte Aixtron 630 bis 720 Millionen Euro erwartet. Die Umsatzerlöse im zweiten Quartal beliefen sich vorläufigen Zahlen zufolge auf rund 132 Millionen Euro nach 173,5 Millionen Euro im Vorjahr. Das vorläufige operative Ergebnis (Ebit) fiel auf 13 Millionen Euro von 44,6 Millionen Euro.
Steigende Chippreise infolge der starken Nachfrage nach Künstlicher Intelligenz (KI) beflügeln weiter das Ergebnis von Samsung. In seinem Quartalsausblick für die Monate April bis Juni geht der Marktführer für Speicherchips, Smartphones und Fernsehern davon aus, dass sich der operative Gewinn im Jahresvergleich um mehr als das Fünfzehnfache gesteigert hat. Der Gewinn aus den Kerngeschäften werde sich voraussichtlich auf 10,4 Billionen Won (etwa 7 Milliarden Euro) belaufen, hieß es. Im zweiten Quartal des vorigen Jahres waren es 670 Milliarden Won.