Wegweiser für Geldpolitik US-Job-Boom bekommt erste Risse
Das Tempo des Stellenzuwachses in den USA hat etwas nachgelassen. Das dürfte die US-Notenbank Fed aber nicht daran hindern, die Zinsen kräftig zu erhöhen.
Die US-Wirtschaft hat im August mehr Arbeitsplätze geschaffen als erwartet. Außerhalb der Landwirtschaft kamen 315.000 Stellen hinzu, wie das Arbeitsministerium heute in Washington mitteilte. Ökonomen hatten im Schnitt mit 298.000 neuen Stellen gerechnet.
Allerdings zeigen sich erste leichte Abschwächungsanzeichen des Job-Booms in den USA. So wurde das Stellenplus im Juli und vor allem in Juni deutlich um insgesamt 107.000 Stellen nach unten revidiert. Das starke Stellenplus von mehr als 500.000 im Juli hat sich als Ausreißer erwiesen.
Warum die Arbeitslosenquote steigt
Zudem stieg die Arbeitslosenquote von zuvor 3,5 Prozent auf nunmehr 3,7 Prozent. Dies ist allerdings noch immer ein Niveau, das in etwa der von der US-Notenbank Fed angestrebten Vollbeschäftigung entspricht. "Nicht wenige Ökonomen warnen schon seit längerem, dass die Arbeitslosigkeit deutlich ansteigen müsse, um auch die Preise weiter nach unten zu bringen", betonte jüngst Jürgen Molnar, Kapitalmarktstratege RoboMarkets.
Hinzu kommt: Der Grund für die gestiegene Arbeitslosenquote ist nicht etwa eine Abschwächung der US-Wirtschaft und damit eine geringere Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften. Vielmehr interessierten sich deutlich mehr Arbeitnehmer als im Juli für eine Arbeitsaufnahme, wie die Commerzbank-Ökonomen Christoph Balz und Bernd Weidensteiner in einer ersten Reaktion auf die US-Daten herausstreichen. "Dies ist der Grund, warum die Arbeitslosenquote zugelegt hat."
Insgesamt zeichne der Bericht das Bild eines leichten Tempoverlusts bei der Beschäftigung, erklären die Commerzbank-Experten. Trotzdem bleibe ein Stellenzuwachs von über 300.000 für diese Phase des Konjunkturzyklus doch weiterhin kräftig.
Freie Fahrt für kräftigen US-Zinsschritt?
"Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Notenbank diese leichte Beruhigung am Arbeitsmarkt zum Anlass nimmt, die Leitzinsen im September nur um 50 Basispunkte zu erhöhen", so die Ökonomen Weidensteiner und Balz.
"Für die US-Notenbank steht das Signal auf Grün, am 21. September mit einer kräftigen Leitzinserhöhung fortzufahren", meint auch Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Die Zahl offener Stellen sei äußerst hoch, die Arbeitslosenquote weiterhin sehr niedrig und der Lohndruck unverändert groß.
Dem Fed Watch Tool der CME Group zufolge ist die Wahrscheinlichkeit für einen Zinsschritt von 75 Basispunkten auf der nächsten Fed-Sitzung am 21. September nach den US-Arbeitsmarktdaten gesunken: Aktuell rechnen 60 Prozent der Marktteilnehmer mit einer solch kräftigen Zinserhöhung; vor den US-Arbeitsmarktdaten waren es noch 70 Prozent gewesen.
Dow und DAX im Aufwind
Die erste Reaktion der Märkte auf die Veröffentlichung des US-Arbeitsmarktberichts fällt positiv aus. Der deutsche Aktienindex DAX baut seine Kursgewinne aus und steigt über die Marke von 12.900 Punkten. An der Wall Street zieht der US-Leitindex Dow Jones zur Handelseröffnung um 0,4 Prozent auf 31.770 Punkte an.
Der Dollar, der zuvor seit Wochen wegen der Aussicht auf kräftig steigende US-Zinsen im Aufwind war, verliert auf breiter Front. Im Gegenzug steigt der Euro wieder über die Dollar-Parität. Als Parität wird ein Austauschverhältnis von eins zu eins zwischen zwei Währungen bezeichnet.
Powells Prioritäten sind klar
Wie nachhaltig diese Kursreaktionen sind, bleibt allerdings abzuwarten. Experten bezweifeln, dass die leichte Abschwächung der Aufwärtsdynamik auf dem US-Jobmarkt die Fed dazu bringen könnte, von ihrem Plan einer deutlichen Straffung der Geldpolitik abzurücken. "In den letzten Wochen wurden viele Anstrengungen unternommen, um 75 Basispunkte auf den Tisch zu legen", unterstreicht Craig Erlam vom Broker Oanda.
Fed-Chef Jerome Powell hatte nicht zuletzt auf der Notenbanker-Konferenz in Jackson Hole vergangene Woche mehr als deutlich gemacht, dass die Inflationsbekämpfung und nicht etwa das Wachstum der US-Wirtschaft für ihn oberste Priorität hat.