Großraumbüro Angestellte Mitarbeiter Stress am Arbeitsplatz, Berlin.

Kabinett beschließt Wachstumspaket 49 Maßnahmen zur Rettung der Konjunktur

Stand: 17.07.2024 14:29 Uhr

Das Kabinett hat sich auf das sogenannte Wachstumspaket verständigt. Geplant sind etwa steuerliche Entlastungen, mehr Anreize arbeiten zu gehen und bessere Abschreibungsbedingungen für Firmen. Die Schwerpunkte im Überblick.

Das Kabinett hat am Mittwoch ein 31-seitiges Strategiepapier zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland beschlossen. 49 Einzelmaßnahmen sollen helfen, Deutschland attraktiver für Unternehmen und Investoren sowie ausländische Fachkräfte zu machen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner sagte, neue Spielräume im Haushalt entstünden nur durch mehr wirtschaftliches Wachstum. Einige Pläne sind sehr konkret, andere schwammig und unklar, wie sie umgesetzt werden sollen. Bei einigen Maßnahmen gab es Ampel-intern bereits Kritik. Auch könnte der Bundesrat einige Maßnahmen bremsen.

Wirtschaftswachstum

Mit der sogenannten Wachstumsinitiative soll vor allem das Wachstumspotenzial der deutschen Wirtschaft gestärkt werden. Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP setzt darauf, dass das Maßnahmenbündel im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von rund einem halben Prozentpunkt führt. Das wären 26 Milliarden Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung. Ökonomen sind skeptisch, ob dies erreicht werden kann.

Anreize für mehr Beschäftigung

Die Regierung will Menschen dazu bringen, freiwillig mehr und länger zu arbeiten. So werden etwa die Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung den Beschäftigten, die schon eine Rente beziehen, künftig direkt als Lohn ausgezahlt. Bei einem Durchschnittslohn sind das laut Koalition jeden Monat etwa 250 Euro mehr netto. Überstunden werden steuerlich begünstigt, und es sollen Anreize geschaffen werden, damit Arbeitgeber ihren Beschäftigten eine Prämie zahlen, wenn sie ihre Arbeitszeit ausweiten. Dies gilt für Vollzeitbeschäftigte. Kritiker mahnen, es müssten vor allem Frauen stärker in den Arbeitsmarkt integriert werden. Sie arbeiten aber oft in Teilzeit.

Im Bürgergeld soll es eine Anschubfinanzierung geben. Wenn Langzeitarbeitslose mit einem Job aus dem Bürgergeldbezug herauskommen, dürfen sie im ersten Jahr nun deutlich mehr von ihrem Verdienst behalten, ohne dass das etwa auf das Wohngeld angerechnet wird.

Arbeitskräfte

Besonders kritisch wurde in den vergangenen Tagen diskutiert, dass die Ampel-Koalition Anreize für ausländische Fachkräfte stärken will, nach Deutschland zu kommen. Sie sollen in den ersten drei Jahren nach der Ankunft steuerlich entlastet und so langfristig an Deutschland gebunden werden. In den ersten drei Jahren werden 30 Prozent, 20 Prozent und zehn Prozent des Bruttolohns steuerfrei gestellt.

Kritiker monieren, dies sei ungerecht und könnte bei den Landtagswahlen im Osten Parteien an den Rändern des politischen Spektrums stärken. Gleichzeitig soll es Geflüchteten erleichtert werden, hier zu arbeiten und so frühzeitig auf eigenen Füßen zu stehen. Wenn die Ausländerbehörde innerhalb von zwei Wochen nicht anders entscheidet, gilt die Arbeitserlaubnis als erteilt.

Kalte Progression

Der Einkommenssteuertarif soll entsprechend der Inflationsentwicklung für 2025 und 2026 angepasst werden, damit die Steuerbelastung der Menschen nicht weiter steigt. So sollen Steuerzahler um insgesamt 23 Milliarden Euro entlastet werden. Der Kinder- und Grundfreibetrag für 2024 und 2025 wird erhöht und das Kindergeld steigt Anfang 2025.

Bürokratieabbau

Praxischecks zum Abbau von bürokratischen Hürden sollen für alle Ministerien der Bundesregierung verbindlich werden. Zudem soll die europäische Lieferkettenrichtlinie noch in dieser Legislaturperiode so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden.

Der Datenschutz wird entschlackt. Ein Datenschutzbeauftragter wird erst ab 50 Beschäftigten in Firmen vorgeschrieben, anstatt bisher ab 20 Mitarbeitenden. Bei der Exportkontrolle soll vor allem dem Mittelstand das Geschäft erleichtert werden - mit mehr Personal und vereinfachten Verfahren.

Geplante Investitionen

Das Ampel-Bündnis will mehr Raum für private Investitionen schaffen - etwa mit einer beschleunigten Abschreibung von Investitionen und einer höheren Forschungszulage. So soll die sogenannte degressive AfA (Absetzung für Abnutzung) bis 2028 verlängert werden und der Satz von 20 auf 25 Prozent steigen. Zudem soll es rückwirkend ab Anfang Juli und bis Ende 2028 eine Sonderabschreibung für gewerblich genutzte E-Autos geben - bis zu einem erhöhten Listenpreis von dann 95.000 Euro.

Ferner soll die staatliche Förderbank KfW Instrumente bekommen etwa zur Unterstützung des Ausbaus von Produktionskapazitäten. Hier soll es um Bundesgarantien gehen und um zinsverbilligte Kredite. Außerdem soll es einen Eigenkapital-Transformationsfonds geben, der einen besonderen Fokus auf Mittelstand und Handwerk legt.

Energiepreise

Für den Wirtschaftsstandort will die Koalition sichere, saubere und bezahlbare Energie ermöglichen. Um die Wirtschaft zu entlasten, soll das im November beschlossene Strompreispaket verstetigt und ausgeweitet werden. "Wir senken die Stromsteuer für die jetzt Begünstigten dauerhaft auf das EU-Minimum und wir verlängern die Strompreiskompensation bis 2030", heißt es dazu.

Um Stromkunden oder die Wirtschaft nicht zu überlasten, sollen Netzkosten gesenkt und Netzentgelte stabilisiert werden.