EU zur US-Zollentscheidung Erstmal abwarten
Die USA verschonen die EU vorerst mit Strafzöllen. In Brüssel mag man aber noch nicht jubeln. Erst soll abgewartet werden, ob die Ausnahme an Bedingungen geknüpft ist. Die deutsche Wirtschaft ist optimistischer.
Die frohe Botschaft kam wie gerufen: Pünktlich zum Auftakt des EU-Gipfels traf die Nachricht aus Washington ein, dass die USA die Staaten der Europäischen Union von den am Freitag in Kraft tretenden Strafzöllen auf Aluminium und Stahl ausnehmen wollen. Die Last-Minute-Verhandlungen waren also von Erfolg gekrönt. Jubelstimmung mochte in Brüssel dennoch nicht aufkommen. Stattdessen: Abwarten. Die EU respektiere die US-Entscheidung, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk als Gipfelorganisator. Die Staats- und Regierungschefs wollten darüber aber erst diskutieren. Ihre Herangehensweise werde "im Detail" erst heute vorgestellt.
Ausnahmen unter Bedingungen?
Unter den Gipfel-Teilnehmern gibt es Befürchtungen, dass die USA die Ausnahmeregelung nur unter Bedingungen gewähren wollen. "Wenn die Annahme einer Ausnahme für die EU eröffnet ist, muss die Frage beantwortet werden, ob diese Ausnahme an Bedingungen geknüpft ist", sagte der belgische Regierungschef Charles Michel. Luxemburgs Regierungschef Xavier Bettel bezeichnete die Nachrichten aus Washington als "eher positiv". Es müsse nun aber noch die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump abgewartet werden.
In den am Abend veröffentlichten ersten Schlussfolgerungen blieb bei der Reaktion auf die US-Zölle ein Platzhalter. In der Passage davor bekräftigt die EU ihr Engagement "für ein offenes und regelbasiertes, multilaterales Handelssystem mit der Welthandelsorganisation WTO im Kern". Der Gipfel sei der festen Überzeugung, "dass der freie und faire Handel einer der stärksten Wachstumsmotoren ist" und Millionen Arbeitsplätze erhalte.
Gesprächsbedarf: EU-Gipfel in Brüssel
Vorsichtiger Optimismus
Bei der Bundesregierung in Berlin herrschte vorsichtiger Optimismus. "Mit Erleichterung nehmen wir die Ankündigung der US-Regierung zur Kenntnis, vorerst keine Strafzölle gegen die Europäische Union verhängen zu wollen", sagte Finanzminister Olaf Scholz. "Denn Protektionismus ist der falsche Weg. Der freie Handel ist eine Grundlage für unseren Wohlstand." Deshalb sollte es das Anliegen sein, die Handelsbarrieren in der Welt auszuräumen und nicht neue Hürden aufzustellen.
Erleichtert sich Vertreter der deutschen Wirtschaft: "Das ist eine gute Nachricht für den transatlantischen Handel: sowohl für den Wirtschaftsstandort Deutschland als auch für die USA", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Strafzölle hätten der deutschen Wirtschaft erhebliche Absatzeinbußen beschert und keinem einzigen Unternehmen geholfen, weder diesseits noch jenseits des Atlantiks.
Ein "kleiner Etappensieg"
Und dem Präsidenten des Außenhandelsverbandes BGA, Holger Bingmann, fiel "ein großer Stein vom Herzen". Das Ausnehmen der EU von den "unsinnigen" US-Strafzöllen sei ein Sieg der Vernunft, zumindest vorläufig. Nun gelte es weiterhin Überzeugungsarbeit in Richtung US-Regierung zu betreiben, dass Protektion in die Sackgasse führe. "Fairen Handel erreichen wir nur, wenn wir die Zölle auf beiden Seiten des Atlantiks beseitigen."
DIHK-Präsident Eric Schweitzer sprach von einem "kleinen Etappensieg". Noch sei die Gefahr eines Handelskrieges nicht gebannt. Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) sprach von einem ersten guten Signal und einer Atempause. Langfristig brauche es Lösungen, die auf den Prinzipien der Welthandelsorganisation WTO fußten.
Strafzölle gegen China
Während der Handelskonflikt für die EU erstmal entschärft ist, trifft es China hart. Die Trump-Regierung verhängte milliardenschwere Strafzölle gegen das Land. Unter schweren Vorwürfen unfairer Handelspraktiken und des Diebstahls geistigen Eigentums unterzeichnete Trump ein entsprechendes Dekret. Das Paket werde Zölle und andere Maßnahmen im Volumen von etwa 60 Milliarden US-Dollar enthalten, sagte Trump. Die USA reagierten damit auf "unfaire Handelspraktiken" Chinas, hieß es aus dem Weißen Haus. Die Maßnahmen sollten sich gegen Industriesektoren richten, in denen Peking den "Technologietransfer durch amerikanische Unternehmen erzwingt".
China ist zudem von den US-Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumimporte betroffen, die an diesem Freitag in Kraft treten. In einer ersten Reaktion äußerte sich die Führung in Peking enttäuscht über die Entscheidung. Man wolle keinen Handelskrieg, aber jetzt werde man mit Gegenmaßnahmen reagieren.