Viessmann-Deal Hoffnung für Wärmepumpen-Käufer
Der Verkauf des Wärmepumpen-Geschäfts von Viessmann in die USA wirft Fragen auf: Macht Deutschland den gleichen Fehler wie einst bei der Solarindustrie? Und was bedeutet die Milliardenübernahme für Hausbesitzer?
Die Klimasparte mit dem Wärmepumpengeschäft ist "das wirtschaftliche Herz der Viessmann Group" - so steht es auf der Unternehmenswebseite des hessischen Familienunternehmens. Doch ausgerechnet dieses "Herz", das für 85 Prozent des Umsatzes steht, wird nun für zwölf Milliarden Euro an den US-Konzern Carrier Global verkauft. Was steckt dahinter?
Auf den ersten Blick kommt der Deal überraschend, boomt doch der Markt für Wärmepumpen - vor allem in Deutschland und Europa. Global wurden im vergangenen Jahr elf Prozent mehr Wärmepumpen abgesetzt, heißt es von der Internationalen Energieagentur (IEA). In Europa wuchs der Wärmepumpenmarkt um 40 Prozent. Für Deutschland verzeichnete der Verband der Heizungshersteller BDH einen Anstieg der Verkaufszahlen um mehr als die Hälfte.
Warum Viessmann jetzt Kasse macht
Warum also schlägt Viessmann ausgerechnet jetzt sein Wärmepumpen-Geschäft los? "Aus Unternehmensperspektive ist es womöglich der optimale Zeitpunkt zu verkaufen", erklärt Wettbewerbsökonom Jens Südekum gegenüber tagesschau.de. Schließlich habe das starke Wachstum des Wärmepumpenmarktes auch die asiatischen Hersteller auf den Plan gerufen.
Diese drängten nun zunehmend auf den deutschen Markt, was wiederum die Profitmargen der deutschen Hersteller unter Druck setzen dürfte. "Die zwölf Milliarden Euro, die Viessmann jetzt von Carrier Global erhält, hätten sie in naher Zukunft wahrscheinlich nicht mehr bekommen", betont der Ökonom vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf.
Preise für Wärmepumpen dürften rapide sinken
Insofern kann der Viessmann-Deal auch als positives Signal für Verbraucher gesehen werden: Er ist ein Fingerzeig, dass selbst Insider künftig mit deutlich sinkenden Wärmepumpen-Preisen rechnen. Der Denkfabrik Agora Energiewende zufolge sehen Vertreter der Wärmepumpenindustrie bis 2030 ein realistisches Kostenminderungspotenzial von 40 Prozent.
Das magische Wort in diesem Zusammenhang lautet "Skaleneffekte": Durch stark steigende Stückzahlen lassen sich die Kosten pro hergestellter Wärmepumpe enorm drücken. Dabei spielen die asiatischen Hersteller eine zentrale Rolle: Konzerne wie Daikin, Panasonic und Mitsubishi aus Japan oder auch LG und Samsung aus Südkorea haben langjährige Erfahrung in der Herstellung von Klimaanlagen und riesige Produktionskapazitäten. "Wärmepumpen werden sich noch mehr zu einem Standardserienprodukt entwickeln. Das ist aber nicht die Art Ware, die typischerweise in Deutschland produziert wird", erklärt Ökonom Südekum.
Schwindender Wettbewerbsvorteil deutscher Hersteller
Bislang verfügen die deutschen Hersteller hierzulande noch über einen großen Wettbewerbsvorteil. Dieser beruht auf dem guten Marktzugang über die Installateure, die ihr Handwerk eben auf Geräten von Viessmann, Buderus und Vaillant gelernt haben und bislang auch nur den Einbau dieser Produkte anbieten.
Doch dieser Vorteil ist ein vergänglicher: Die Handwerker hierzulande dürften sich dem Druck der Kunden nicht entziehen können, ihnen künftig auch günstigere asiatische Wärmepumpen einzubauen, für die unter Umständen auch kürzere Lieferzeiten bestehen, sind Experten überzeugt.
Parallelen zum Ausverkauf der Solarindustrie nach China?
Ökonom Südekum sieht hinsichtlich der Zukunft des Standorts Deutschlands dennoch einen Wermutstropfen an dem Deal: "Ich finde es ein Stück weit bedauerlich, dass die Familie Viessmann die Kontrolle jetzt abgegeben hat. Viessmann hätte ja auch sagen können, wir versuchen aus eigener Kraft, der 'grüne Champion' für die Wärmewende in Deutschland zu werden. Die Firma hätte sicherlich keine Probleme gehabt, sich einen starken Partner und Kapital für die nötige Ausweitung der Produktionsmengen zu besorgen."
Während einige Politiker jetzt bereits vor einem "Ausverkauf" der deutschen Wärmepumpentechnologie ins Ausland warnen und dabei Parallelen zur deutschen Solarindustrie ziehen, sieht Südekum die Lage differenzierter: Bei der Solarindustrie sei damals nicht nur die Produktion nach China abgewandert, sondern auch der gesamte Bereich der Forschung und Entwicklung.
"Dieser Fehler sollte jetzt nicht noch einmal gemacht werden", warnt Südekum. "Die Wärmepumpe von morgen sollte in Deutschland entwickelt werden." Dafür brauche es aber auch ein gewisses Maß an Produktion hierzulande, denn Forschung und Entwicklung geschehe nicht im luftleeren Raum. "Darauf sollte die Bundesregierung achten."
Jens Südekum ist Universitätsprofessor für Internationale Volkswirtschaftslehre des Düsseldorfer Instituts für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität.
Die "08/15"-Wärmepumpe wird aus Asien kommen
Dann könnten deutsche Hersteller auch künftig mit gewissen Wettbewerbsvorteilen gegenüber den asiatischen Konzernen locken, etwa indem sie qualitativ bessere Wärmepumpen oder auch Wärmepumpen für spezielle Lösungen herstellen.
Eines ist aber auch klar: Die "08/15"-Wärmepumpe dürfte in den kommenden Jahren deutlich günstiger werden - und immer seltener aus deutscher Produktion stammen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich in den Kellern und an den Außenseiten der Häuser hierzulande auch Wärmepumpen japanischer und südkoreanischer Hersteller breit machen werden. Die Konkurrenz aus Asien ist nicht aufzuhalten - davon zeugt nicht zuletzt der Viessmann-Deal.