Eine Frau steht an der Tür einer Kirche in New York.

Migranten in New York "Zu ängstlich, um einkaufen zu gehen"

Stand: 02.02.2025 15:46 Uhr

In New York leben etwa eine halbe Million illegale Einwanderer. Bisher konnten sie sich in der Stadt sicher fühlen. Doch seit Trump wieder Präsident ist, geht die Angst bei ihnen um. Das spürt auch Pastorin Lea Matthews.

Pastorin Lea Matthews steht erleichtert vor ihrer Kirche auf der Upper West Side und bedankt sich. Dass so viele Menschen am Morgen geholfen haben, macht sie glücklich. "Heute war unsere erste Hilfsaktion seit Trump wieder im Amt ist. Und wir wussten  nicht, ob die Menschen kommen würden oder ob sie zu ängstlich sind."

Bei Matthews' wöchentlicher Hilfsaktion in der St. Paul and St. Andrew Church können sich illegale Einwanderer mit dem Nötigsten versorgen. So wie Manuel aus Nicaragua. Er lebt erst seit zwei Monaten mit seiner Familie in New York - ohne Papiere. "Sie geben uns hier Kleidung und manchmal auch Schuhe. Wir haben ja noch keinen festen Job", sagt er.

124 Familien sind diesmal gekommen, viel mehr als sonst. Sie alle sind verunsichert, weil sie von den Razzien gegen illegale Einwanderer gehört haben. "Bei dem, was da gerade alles unter Präsident Trump passiert, haben wir Angst und sind besorgt. Wir wissen nicht, was kommt. Wir beten zu Gott, dass alles gut geht und sie den guten Migranten hier in diesem Land Jobs geben", sagt Manuel.

Tipps für den Fall plötzlicher Verhaftung

Besonders viele der Familien haben auch juristische Fragen. Deswegen sind bei Matthews' Hilfsaktionen auch Anwälte dabei. Zudem wurde jeder im Team geschult - sie alle klären Familien wie die von Manuel über ihre Rechte auf und geben ganz konkrete Tipps.

"So müssen zum Beispiel Eltern, die Kinder an öffentlichen Schulen haben, Karten ausfüllen, wer ihr Kind von der Schule abholen darf", erklärt Matthews. "Wir sagen den Eltern, schreibt da auch noch andere Familienmitglieder oder Freunde rein. Am besten die, die US-Staatsbürger sind - damit sie die Kinder im Fall einer Katastrophe abholen können."

Mit Katastrophe meint die Pastorin die plötzliche Verhaftung eines Elternteils. Eigentlich undenkbar in einer Stadt wie New York. Als sogenannte Sanctuary City bietet sie den fast 500.000 illegalen Migranten Zuflucht und schützt sie vor Abschiebungen.

Immer rigoroseres Vorgehen

Seit Trump im Amt ist, gehen Beamte der US-Einwanderungsbehörde aber immer rigoroser vor. Bei ihren Razzien gegen kriminelle Illegale verhaften sie gleich alle, die sie antreffen.

Der von Trump neu ernannte Grenzschutzbeauftragte Tom Homan verteidigt dieses Vorgehen bei CNN: "Wenn wir einen Kriminellen finden, ist er meist mit anderen zusammen. Und auch wenn diese anderen keine Straftaten begangen haben, sind sie illegal im Land und werden auch verhaftet. Denn wir werden das Einwanderungsrecht durchsetzen."

Viele illegale Einwanderer, die in New York leben, bemühen sich schon seit Jahren um eine Aufenthaltsgenehmigung. Hector Arguinzones aus Venezuela hat fast zehn Jahre gekämpft, bis er als Flüchtling anerkannt wurde. Seine Erfahrungen teilt er jetzt mit anderen - auch er hilft regelmäßig bei Pastorin Matthews' Hilfsaktionen in der Kirche.

Noch nie hat er die Stimmung unter den Einwanderern so angespannt erlebt. "Zum ersten Mal sehen wir die Menschen so ängstlich, dass sie nicht mal rausgehen, um ihre Kinder zur Schule zu bringen oder im Supermarkt einzukaufen."

Nur noch wenige Gewissheiten

Matthews und ihr Team versuchen alles, damit wenigstens ihre Kirche ein sicherer Zufluchtsort für Migranten bleiben kann. Doch auch das scheint nicht mehr gewiss.

Vergangene Woche hat Trump seine Beamten angewiesen, auch an besonders sensiblen Orten wie Kirchen und Schulen Migranten ohne gültige Papiere festzunehmen - das war mehr als zehn Jahre lang nicht erlaubt.

Wie würde Matthews reagieren, wenn die Beamten vor ihrer Kirche auftauchen? Es gebe nicht eine Minute am Tag, zu der sie nicht darüber nachdenke. In die Kurzwahlliste ihres Handys hat sie die Telefonnummern von sieben Anwälten abgespeichert.

Sie will auf jedes Szenario vorbereitet sein. "Es ist schwierig", sagt Matthews. Man wolle sich auf alle rechtlichen Szenarien vorbereiten - aber die Rechtslage ändere sich gerade grundlegend.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 31. Januar 2025 um 05:51 Uhr.