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Neue US-Außenpolitik Bange Blicke auf die Sicherheitskonferenz
Über der Münchner Sicherheitskonferenz schwebt vor allem die Frage: Wie positioniert sich die neue US-Regierung? Die Ankündigung von Ukraine-Verhandlungen war ein Paukenschlag. Die Europäer müssen sich auf schwierige Tage einstellen.
Immer und immer wieder hat Donald Trump im Wahlkampf betont, er werde den russischen Angriffskrieg in der Ukraine innerhalb von 24 Stunden beenden. Inzwischen spricht der US-Präsident davon, dass das bald passieren werde.
Kurz vor der Münchner Sicherheitskonferenz telefonierte er mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin und danach mit Ukraines Staatschef Wolodymyr Selenskyj und teilte anschließend mit, er habe mit Putin den "unverzüglichen" Beginn von Verhandlungen über die Zukunft der Ukraine verabredet. Auch solle es ein Treffen mit Putin in Saudi-Arabien geben.
Weitere Details blieben unklar, nicht zuletzt die wichtige Frage, wer alles an diesen Gesprächen beteiligt sein soll. Bekannt ist nur, dass Außenminister Marco Rubio, der Nationale Sicherheitsberater Mike Waltz, Trumps Nahost-Sonderbeauftragte Steve Witkoff sowie der Direktor des Auslandsgeheimdienstes CIA, John Ratcliffe, die Ukraine-Verhandlungen leiten sollen.
"Trump will die Ukraine unterstützen"
Rubio ist auf der Münchner Sicherheitskonferenz dabei und auch Vizepräsident J. D. Vance - und sie haben in der Vergangenheit unterschiedliche Haltungen in der Ukraine-Politik formuliert.
Während Vance weiteren Ukraine-Hilfen skeptisch gegenüberstand, sprach sich Rubio dafür aus. Ein Zeichen dafür, dass die Regierung unter Trump keine einheitliche Linie verfolgt? "Nein", sagt James Carafano, Außenpolitik-Experte von der Trump-nahen Heritage Foundation. Es sei niemand eingestellt worden, um dem Präsidenten zu sagen, was er in Sachen Ukraine tun solle.
Es gebe im Oval Office keine Debatte über die Ukraine-Politik zwischen Isolationisten und Gemäßigteren. "Diese Debatte findet nicht statt, weil der Präsident in dieser Frage bereits eine Entscheidung getroffen hat", so Carafano. Und die sei, die Ukraine zu unterstützen.
Trump habe sich zur Ukraine bekannt. Der Präsident habe zwar noch keine neuen Hilfspakete angekündigt, aber er sei fest entschlossen, die bereits beschlossenen - ziemlich umfangreichen - zu erfüllen. Weitere Pakete würden sich auch danach richten, was die Russen tun würden, erklärte Carafano.
Ansagen in Richtung Kiew
Allison McManus vom überparteilichen Politikinstitut Center for American Progress, CAP, sagt dagegen, Trump habe zuletzt einige besorgniserregende Kommentare abgeben - zum Beispiel, dass es möglich sei, dass die Ukraine eines Tages russisch sei.
Trump sage, er wolle eine Einigung zur Beendigung des Krieges erzielen, aber das könne vieles bedeuten, so McManus. Es bestehe auch die Möglichkeit, dass die USA eine Vereinbarung mit dem russischen Präsidenten Putin über den Kopf des ukrainischen Präsidenten Selenskyj hinweg treffen könnten. Bedingungen, unter denen die Ukraine ihr gesamtes Territorium zurückbekomme, halte sie jedenfalls für schwer vorstellbar, sagt McManus.
In diesem Sinne hat sich auch der neue Verteidigungsminister der USA geäußert. Bei seinen ersten Gesprächen mit NATO-Verteidigungsministern in Brüssel erklärte Pete Hegseth, es sei klar, dass die Ukraine nicht Mitglied der NATO werde. Unrealistisch sei, dass die Ukraine sämtliche Gebiete zurückbekomme, die seit 2014 von Russland besetzt oder völkerrechtswidrig besetzt wurden.
Und die Europäer?
Zuletzt hatte Trump Ukraine-Hilfen an den Zugriff auf Rohstoffe geknüpft, unter anderem seltene Erden. Sein Finanzminister Scott Besent bekräftigte das nach einem Treffen mit Selenskyj am Mittwoch und forderte ein Wirtschaftsabkommen zwischen beiden Ländern als Gegenleistung für weitere Ukraine-Hilfen.
Trump stellt aber auch Forderungen an die EU: "Die Europäische Union sollte viel mehr zahlen, als sie es tut. Es betrifft sie mehr als uns. Wir haben einen Ozean dazwischen. Die Europäische Union sollte gleichziehen", hat Trump mehrfach betont.
Sein Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz sagte auf NBC, Trump werde den Krieg beenden, Sicherheitsgarantien lägen dann ganz klar bei den Europäern.
Finanzielle Forderungen
Auch bei den Verteidigungsausgaben für die NATO dürften die Vertreter der US-Regierung ihren Standpunkt in München klar machen, so wie es US-Verteidigungsminister Hegseth gerade auch in Brüssel getan hat: Die Mitglieder müssen mehr einzahlen.
Trump hat schon erklärt, dass ihm das Zwei-Prozent-Ziel, das Deutschland inzwischen erreicht hat, nicht genug ist. McManus erwartet, dass Vance und Rubio in München betonen werden, dass es bei dem Ansatz der USA nicht um Isolationismus gehe, sondern um Pragmatismus, dass Präsident Trump Entscheidungen treffe, die dem amerikanischen Volk zu Gute kämen.
Wahrscheinlich würden sie auch betonen, dass sie nach wie vor gerne Partnerschaften mit anderen Ländern aufrechterhalten, so lange sie "fair" sind - "fair nach der Definition der USA", so McManus.
Es muss kein einträchtiges Treffen werden
Es gibt viele weitere Konfliktpunkte zwischen den USA und den Europäern: zum Beispiel Trumps Idee, Palästinenser aus Gaza umzusiedeln. Bisher ein Plan, aber der US-Präsident hat seit seinem Amtsantritt vor dreieinhalb Wochen auch schon auf zahlreichen anderen Gebieten Fakten geschaffen.
Sie alle machen der Welt seine America-First-Agenda deutlich: Ausstieg aus dem Weltklima-Abkommen, Ausstieg aus der Weltgesundheitsorganisation, das Einfrieren von Entwicklungshilfegeldern - und Zölle auf Stahl- und Aluminium-Importe in die USA.
James Carafano von der Heritage Foundation erwartet, dass Vizepräsident Vance und Außenminister Rubio in München keine großen Erklärungen dazu abgeben, sondern vielmehr den Europäern aufzeigen werden, was sie aus US-Sicht falsch machen.
Und er zählt auf: zu viel Regulierungspolitik. Dass die Europäer nicht hart genug gegen China vorgehen. Dass sie nicht auf zuverlässige, erschwingliche und vorhandene Energie setzen, sondern auf den in Teilen "dummen" Green New Deal. Das würden Vance und Rubio anprangern, so Carafano. "Es würde mich nicht überraschen, wenn es in München nicht besonders gut läuft."