Gerhard Karner spricht auf einer Pressekonferenz in Villach.

Konsequenzen aus Villach-Anschlag Minister fordert "anlasslose Massenüberprüfung"

Stand: 17.02.2025 15:40 Uhr

Nach dem Anschlag in Villach diskutiert Österreich über Konsequenzen. Innenminister Karner schlägt vor, Flüchtlinge pauschal zu überwachen. Experten warnen vor Verfassungsbruch, Priorität sollten andere Maßnahmen haben.

Nach dem Terroranschlag in Villach, bei dem am Samstag ein 23-jähriger Syrer einen 14-Jährigen getötet und fünf Menschen teils schwer verletzt hat, nimmt die innenpolitische Debatte in Österreich an Fahrt auf. Alle Parteien fordern nun rasche Maßnahmen.

Der konservative ÖVP-Innenminister Gerhard Karner, bekannt für seine harte sicherheitspolitische Linie, ist ihnen einen Schritt voraus. Er kündigte bereits gestern an, jetzt massenhaft und auch ohne Anlass Menschen zu überwachen.

Überwachung von Afghanen und Syrern

"Und wenn ich sage anlasslose Massenüberprüfung, dann gibt es natürlich spezielle Zielgruppen", erklärte Karner. "Das sind eben Asylberechtigte, wie wir es in den letzten Wochen auch sehen mussten, auch anderswo in Europa, mit syrischem oder afghanischem Hintergrund." Das wolle Karner erreichen durch die Überwachung von Unterkünften, die überwiegend von Fremden bewohnt würden, stellte das Innenministerium später klar.

Juristen sehen Probleme

Die Überwachung von Menschen aufgrund ihrer Herkunft ist allerdings auch in Österreich nicht ohne Weiteres möglich, wenden Verfassungsjuristen wie Heinz Mayer ein: "Wenn ich bestimmte Menschen wegen ihrer äußeren Erscheinung, wegen ihrer Herkunft, wegen ihrer Ethnie oder sprachlichen Zugehörigkeit nur allein deshalb überprüfe, ausschließlich die, dann ist das eine rassische Diskriminierung nach der Rechtsprechung und nicht zulässig."

Möglich sei das nur, wenn man die Verfassung ändere, so Mayer. Und dafür braucht es eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Terrorismus-Experten sind sich nicht einig, wie viel die Massenüberwachung überhaupt bringen kann.

Peter Neumann vom King's College in London kann der Idee grundsätzlich etwas abgewinnen. "Dass man sagt: Wenn uns da etwas durch die Lappen gegangen ist, wenn wir da einen Typus nicht auf dem Radar hatten, dann sollten wir vielleicht jetzt schnellstmöglich andere ähnliche Personen anschauen."

Radikalisierung auf Plattformen wie TikTok

Die Ursache für die Radikalisierung junger Menschen auch in Österreich sieht Neumann allerdings in den unbegrenzt verfügbaren radikalen Inhalten auf Plattformen wie TikTok. Das sieht auch die Terror-Expertin Daniela Pisoiu vom Österreichischen Institut für internationale Politik so. Sie plädiert dafür, bei den Plattformen anzusetzen, statt bei möglichen Tätern.

Sie verweist auch auf Einflüsse wie den Krieg im Gazastreifen. "Die Ursachen von Radikalisierung sind nicht eine ethnische Herkunft oder eine Religion. Es gibt einen Prozess, den wir eigentlich sehr gut kennen." Die Politik, insbesondere die Außenpolitik, spiele eine sehr wichtige Rolle. "Und eben diese Influencer, diese sogenannten Entrepreneurs, die wirklich Karriere machen, indem sie Personen rekrutieren und radikalisieren", ergänzt sie.

ÖVP fordert schon lange Messenger-Überwachung

Wie mit Plattformen wie TikTok umgegangen werden soll, darüber diskutiert die Politik nicht. Erneut ins Licht rückt lediglich die Messenger-Überwachung. Die fordert die ÖVP schon lange - und bringt sie auch jetzt wieder ins Spiel. Das könnte die laufenden Gespräche über eine mögliche Regierungsbildung beeinflussen. Aus der SPÖ kommen nun nach dem Anschlag in Villach Signale, strengere Maßnahmen mitzutragen.

In Villach selbst hingegen steht die Trauer im Vordergrund. Dort ist für morgen Abend ein Gedenkmarsch angekündigt. Die Stadt hat eine Trauerwoche ausgerufen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 16. Februar 2025 um 18:06 Uhr.