Blick auf das Hamburger Rathaus
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Hamburg-Wahl Warum die SPD stark bleibt - und die AfD einstellig

Stand: 03.03.2025 06:49 Uhr

Die meisten Hamburger sind mit ihrem rot-grünen Senat zufrieden. Warum verlieren SPD und Grüne trotzdem Stimmen? Von welcher Altersgruppe profitiert die CDU? Und warum bleibt die AfD deutlich schwächer als anderswo?

Eine Analyse von Holger Schwesinger

Mit knapp 33,5 Prozent klar stärkste Kraft - ein Ergebnis, von dem die SPD im Bund derzeit nur träumen kann. Was hat sie in Hamburg besser gemacht als auf Bundesebene? Im Kern sind es zwei Punkte: Sie hatte den richtigen Spitzenkandidaten und sie hat in den vergangenen Jahren eine Politik gemacht, die bei den meisten Hamburgern ankam - nicht nur im eigenen politischen Lager.

Der Blick ins Detail: In Hamburg regiert derzeit eine Koalition von SPD und Grünen. 61 Prozent sind zufrieden mit deren Arbeit. Das ist ein sehr guter Wert, vor allem im Vergleich mit den 17 Prozent, die mit der Bundesregierung vor der Wahl vergangene Woche zufrieden waren.

Auch von den Anhängern der Linken und der CDU sind 54 bzw. 44 Prozent zufrieden mit dem Senat - wie die Landesregierung in Hamburg heißt. Und selbst 16 Prozent der AfD-Anhänger stellen ihm ein gutes Zeugnis aus - überraschend viele, wenn man bedenkt, dass wir von einer rot-grünen Landesregierung reden.

Bild: Umfrage, Landtagswahlen, Zufrieden mit der Landesregierung | Schleswig-Holstein ’22 75,0 | Hamburg ’20 66,0 | Mecklenburg-Vorpommern ’21 64,0 | Hamburg ’25 61,0 | Bremen ’23 41,0 | Thüringen ’24 39,0 | Berlin ’23 24,0 | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

Der Wohnungsmarkt ist ein Problem - auch für die SPD

Rot-Grün hat also vieles richtig gemacht. Warum verliert die SPD dann im Vergleich zu 2020 trotzdem fast sechs Prozentpunkte? In den Umfragen, die infratest dimap im Auftrag der ARD durchgeführt hat, finden sich dafür mehrere Erklärungen. Zum einen kann sich keine Landtagswahl - das zeigt die Wahlforschung seit Langem - völlig vom Bundestrend abkoppeln. Und der ist für die SPD derzeit ausgesprochen negativ.

Doch die Verluste der SPD sind auch durch konkrete Probleme in Hamburg zu erklären. Zwar blickt man in dem wohlhabenden Stadtstaat insgesamt deutlich weniger pessimistisch auf die aktuelle Lage als in anderen Bundesländern. Doch gerade bei Themen, auf die eine Landesregierung großen Einfluss hat, sehen viele Hamburgerinnen und Hamburger eine negative Entwicklung.

47 Prozent sagen, in der Verkehrspolitik habe es negative Entwicklungen gegeben, bei der Wohnungspolitik sind es sogar 62 Prozent. Zwar bescheinigen Experten Hamburg gerade in der Wohnungsbaupolitik durchaus Erfolge. Das ambitionierte Ziel, jährlich 10.000 neue Wohnungen zu genehmigen, hat der Senat zuletzt aber nicht mehr erreicht. Und die Bausenatorin stellt die SPD.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, „In diesem Bereich hat sich die Situation in Hamburg in den letzten fünf Jahren verschlechtert.“ | Wohnungspolitik 62,0 | Verkehrspolitik 47,0 | Schulpolitik 33,0 | Sozialpolitik 29,0 | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

SPD bei Kompetenzen weiter vorne

Bei den Kompetenzzuschreibungen - also bei der Frage, welcher Partei die Wählerinnen und Wähler in einem bestimmten Themenfeld die besten Lösungen zutrauen - verliert die SPD. Allerdings sind die Verluste hier nirgendwo dramatisch. Und weiterhin liegt sie überall (mit Ausnahme der Umweltpolitik) vor allen anderen Parteien.

Bei Themen, die den Wählerinnen und Wählern derzeit besonders wichtig sind, bekommt die SPD aber zunehmend Konkurrenz von einer anderen Partei. Doch dazu später mehr.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, Zufriedenheit mit der politischen Arbeit von Peter Tschentscher | Alle [unzufrieden] 23,0 ([zufrieden] 66,0) | SPD-Wählende [unzufrieden] 3,0 ([zufrieden] 92,0) | Grünen-Wählende [unzufrieden] 12,0 ([zufrieden] 76,0) | CDU-Wählende [unzufrieden] 38,0 ([zufrieden] 56,0) | Linke-Wählende [unzufrieden] 27,0 ([zufrieden] 56,0) | AfD-Wählende [unzufrieden] 63,0 ([zufrieden] 25,0) | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

Lob für SPD-Spitzenkandidat - auch von CDU-Anhängern

Die richtige Entscheidung hat die Hamburger SPD - im Gegensatz zur Bundes-SPD - auf alle Fälle mit der Wahl ihres Spitzenkandidaten getroffen. Wenn in Hamburg der Bürgermeister direkt gewählt werden würde, würde Peter Tschentscher haushoch gewinnen.

Und auch seine politische Arbeit allgemein wird gut bewertet - übrigens mehrheitlich auch von Anhängern der Oppositionsparteien CDU und Linke. Dass Peter Tschentscher für die SPD erneut für das Amt des Ersten Bürgermeisters antritt, stand aber auch nie infrage.

Verloren hat die SPD übrigens besonders stark bei älteren Wählerinnen und Wählen - der Gruppe, bei der die CDU besonders stark hinzugewonnen hat.

"Klima-Höhenflug" der Grünen vorbei

Die Grünen haben im Vergleich zur Wahl 2020 im selben Maß verloren wie die SPD und liegen laut Auszählung vom Wahlabend mit 18,5 Prozent jetzt nur noch auf Platz 3 - hinter der CDU.

Bei den Grünen muss man das Ergebnis allerdings relativ sehen, denn der Ausreißer war eher die Wahl 2020. Damals konnten sie ihr Ergebnis verdoppeln und kamen auf 24,2 Prozent. Das hatten sie hauptsächlich der Tatsache zu verdanken, dass ihr "Kernthema" Umwelt und Klimaschutz vor Corona im Zentrum der politischen Debatte stand. Damals gingen Hunderttausende auf die Straße, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren.

Heute spielt Klimaschutz bei Wahlen hingegen keine zentrale Rolle mehr. In Hamburg sagen nur noch zwölf Prozent, es sei für sie das wahlentscheidende Thema. Es wurde verdrängt von anderen Themen, bei denen den Grünen keine derart herausragende Kompetenz wie bei der Umweltpolitik zugeschrieben wird. Und in mehreren Themenfeldern - vor allem bei den Themen Wohnungspolitik und Migration - verlieren die Grünen im Vergleich zu 2020 deutlich an Kompetenzzuschreibung.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, Welches Thema spielt für Ihre Wahlentscheidung die größte Rolle? | 2025 0,0 | Sicherheit und Ordnung 23,0 | Wohnen 18,0 | Wirtschaftswachstum 17,0 | Klima 12,0 | Bildung 11,0 | 2020 0,0 | Umwelt, Klima 21,0 | Verkehr 16,0 | Bildung 16,0 | Soziale Sicherheit 16,0 | Wohnen, Mieten 16,0 | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

Fegebank kommt bei Älteren besser an

Von der guten Bewertung des Senats profitieren die Grünen zudem deutlich weniger als die SPD. An deren Bewertung hat sich zwischen 2020 und 2025 kaum etwas geändert, die Arbeit der Grünen im Senat wird hingegen deutlich schlechter bewertet als vor fünf Jahren.

Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Fegebank bekommt in Umfragen zwar gute Werte, reicht aber nicht an die von SPD-Spitzenkandidat Tschentscher heran. Interessant in diesem Zusammenhang: Die höchsten Zustimmungswerte erreicht die Grünen-Politikerin Fegebank nicht - wie man vielleicht vermuten könnte - in den jungen Altersgruppen, sondern bei denen, die bereits im Rentenalter sind. Die Hamburg-Wahl bestätigt einen Trend, der sich auch bei der Bundestagswahl gezeigt hatte: Den ehemals "jungen" Grünen laufen vor allem die ganz jungen Wähler davon - zum großen Teil in Richtung Linke.

CDU gewinnt hinzu - nach Negativrekord von 2020

Großer Gewinner der Wahl ist die CDU, die mit 19,8 Prozent diesmal zweitstärkste Kraft wird. Zu verdanken hat sie diesen Erfolg vor allem älteren Wählerinnen und Wählern. In allen Altersgruppen oberhalb von 45 legt sie zweistellig zu, bei den jüngeren deutlich weniger. Der Bundestrend hat der CDU deutlichen Rückenwind gegeben.

Auch bei der CDU muss man das Ergebnis aber in Relation sehen. Denn 2020 fuhr sie bei der Hamburg-Wahl mit 11,2 Prozent eines der schlechtesten Ergebnisse ein, das die CDU in der Geschichte der Bundesrepublik jemals bei einer Landtagswahl bekommen hat. 70 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger sagten damals, die CDU habe kein passendes Programm für eine moderne Großstadt wie Hamburg.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, CDU-Stimmanteile in Altersgruppen im Vergleich zu 2020 | Alle 20,0 (11,0) | 16 - 24 Jahre 11,0 (6,0) | 25 - 34 Jahre 11,0 (8,0) | 35 - 44 Jahre 16,0 (10,0) | 45 - 59 Jahre 24,0 (11,0) | 60 - 69 Jahre 24,0 (11,0) | 70 und älter 29,0 (19,0) | Infratest-dimap. 02.03.2025, 23:31 Uhr

25 Prozent glauben, die CDU würde es besser machen

Und heute? Echte Wechselstimmung hin zur CDU gibt es nicht. Nur 25 Prozent sagen, ein CDU-geführter Senat könnte die Aufgaben besser lösen. Auch bei den Kompetenzzuschreibungen hat sich bei ihr nicht viel verändert im Vergleich zu 2020.

Einen tatsächlich erkennbaren Trend nach oben gibt es nur bei den Bereichen Flüchtlingspolitik und Wirtschaft, wo die CDU aber weiter deutlich hinter der SPD liegt. Zugute kommt der CDU, dass mehrere Themen, bei denen ihr auch in Hamburg vergleichsweise viel Kompetenz zugeschrieben wird, derzeit als besonders wichtig angesehen werden - darunter Wirtschaft und Sicherheit.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, Ansichten über Grüne und CDU | „Die Grünen machen den Autofahrern in der Stadt das Leben einfach zu schwer.“ 0,0 | Alle 52,0 | CDU-Wählende 84,0 | „Ich finde es gut, dass sich die CDU für die Interessen der Autofahrer einsetzt.“ 0,0 | Alle 41,0 | CDU-Wählende 79,0 | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

41 Prozent loben Einsatz der CDU für Autofahrer

Im Hamburger Wahlkampf hatte die CDU auch stark auf das Thema Verkehr gesetzt. Eigentlich eine gute Strategie, denn Verkehrspolitik ist in Großstädten fast immer ein Thema, das die Menschen bewegt. In Hamburg sind sich alle Parteien (außer der AfD) hier in einem Punkt einig: Der Öffentliche Nahverkehr soll ausgebaut werden. Die CDU setzt dabei - ähnlich wie SPD und Grüne - vor allem auf neue U- und S-Bahn-Strecken.

Bewusst anders positioniert hat sie sich aber beim Thema Autoverkehr, den vor allem die Grünen einschränken wollen. 41 Prozent der Hamburger finden es gut, dass sich die CDU für die Interessen der Autofahrer einsetzt. Das Problem: Wirklich gezogen hat das Thema nicht. Zwar geben in Umfragen viele Hamburger an, dass sie die Verkehrspolitik für wichtig halten. Wahlentscheidend war sie dann aber nur für sieben Prozent von ihnen - und selbst bei den CDU-Wählenden waren es kaum mehr.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, Zufrieden mit der politischen Arbeit von Dennis Thering | Alle 22,0 | CDU-Wählende 60,0 | SPD-Wählende 19,0 | Grünen-Wählende 14,0 | Linke-Wählende 11,0 | AfD-Wählende 9,0 | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

SPD-Kandidat im CDU-Lager ähnlich gut bewertet

Auch der Spitzenkandidat der CDU, Dennis Thering, zieht nicht wirklich. Nur 22 Prozent sind mit seiner politischen Arbeit zufrieden. Bitter sind für Thering dabei auch die Aussagen der eigenen Wähler: Zwar bescheinigen 60 Prozent der CDU-Anhänger Thering gute Arbeit. Sein SPD-Konkurrent Tschentscher kommt im CDU-Lager mit 56 Prozent aber fast auf den gleichen Wert.

Diese Dinge erklären, warum die CDU zwar hinzugewinnt, man aber nicht wirklich von einem strahlenden Sieg sprechen kann. Von den 47,2 Prozent, die Ole von Beust bei der Wahl 2004 für die Hamburger CDU geholt hatte, ist Thering weit entfernt.

AfD-Positionen zur Migration in Hamburg wenig erfolgreich

Den Trend zur Polarisierung, der sich zuletzt bei vielen Wahlen gezeigt hatte, gibt es in Hamburg nicht. Zwar gewinnt am äußersten rechten Rand die AfD auch in Hamburg hinzu, allerdings weniger als Vorwahlumfragen angedeutet hatten. Mit 7,5 Prozent bleibt sie deutlich unter dem Ergebnis von 20,8 Prozent, das sie bei der Bundestagswahl erzielt hat.

Der Hauptgrund dafür: Ihr Wahlkampfthema Migration zieht in liberalen Großstädten nur bedingt. Das hatte sich auch bei der Sachsen-Wahl 2024 in Dresden und Leipzig gezeigt. Für eine 1,9-Millionen-Stadt wie Hamburg, in der man schon wegen des Hafens seit Jahrhunderten gewohnt ist, mit Menschen aus aller Welt zusammenzuleben, gilt das erst recht.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, Wahlergebnisse der AfD | 2015 6,1 | 2020 5,3 | 2025 7,5 | Infratest-dimap. 02.03.2025, 23:55 Uhr

Völlig andere Werte als in Sachsen und Thüringen

Die AfD setzt seit Langem bewusst auf dieses Thema - und auf die Ängste der Menschen. Vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen im vergangenen Herbst sagten fast 60 Prozent der Wahlberechtigten, sie finden es gut, dass die AfD den Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen stärker begrenzen will. In Hamburg sind es 33. Und während in Sachsen und Thüringen Migration für knapp 20 Prozent der Menschen wahlentscheidend war, sind es in Hamburg nur neun Prozent.

Doch die AfD setzt noch auf ein zweites Thema: Sicherheit und Ordnung. Und das dürfte erklären, warum sie im für sie generell schwierigen Pflaster Hamburg zulegen kann. Denn dieses Thema war für die Hamburgerinnen und Hamburger bei der Wahl noch wichtiger, als Wohnen oder Wirtschaftswachstum. Und für AfD-Anhänger war es mit weitem Abstand das wichtigste Thema.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, AfD-Wählende: Welches Thema spielt für Ihre Wahlentscheidung die größte Rolle? | Sicherheit und Ordnung 48,0 | Flüchtlinge 35,0 | Wirtschaftswachstum 8,0 | Wohnen 5,0 | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

Drogenproblem dürfte Einfluss auf AfD-Ergebnis haben

Nun gibt es natürlich vieles, was unter den Bereich Sicherheit und Ordnung fällt: Die Angst vor Terror oder Kriminalität genauso wie die Sorge vor einer Verwahrlosung des eigenen Wohnviertels. In Hamburg dürfte auch die Situation rund um den Hauptbahnhof eine große Rolle spielen.

Dort hat sich eine offene Drogenszene ausgebreitet - mit der einhergehenden Kriminalität und dem für jedermann sichtbaren Elend. Und der AfD werden in Hamburg nur bei zwei Themen tatsächlich in größerem Maß Kompetenzen zugesprochen: in der Flüchtlingspolitik und eben bei der Kriminalitätsbekämpfung.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, Kompetenzen der AfD | Asyl- und Flüchtlingspolitik [ ] 13,0 ([Vgl. 2020] +7,0) | Kriminalitätsbekämpfung [ ] 13,0 ([Vgl. 2020] +6,0) | soziale Gerechtigkeit [ ] 8,0 ([Vgl. 2020] +5,0) | Bildungspolitik [ ] 7,0 ([Vgl. 2020] +5,0) | Wirtschaft [ ] 6,0 ([Vgl. 2020] +4,0) | bezahlbarer Wohnraum [ ] 6,0 ([Vgl. 2020] +4,0) | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

AfD-Spitzenkandidat früher bei der Schill-Partei

Menschen, die schon länger in Hamburg leben, dürften hier ein gewisses Déjà-vu haben: Anfang der 2000er-Jahre konnte in Hamburg schon mal eine rechtspopulistische Partei Erfolge verzeichnen, die im Wahlkampf stark auf die Bekämpfung der Kriminalität und der offenen Drogenszene gesetzt hatte: die Schill-Partei. Sie wurde bei der Wahl 2001 mit 19,4 Prozent drittstärkste Kraft. Neben dem Gründer Ronald Schill spielte auch Dirk Nockemann eine wichtige Rolle in dieser Partei, der heutige Spitzenkandidat der AfD.

Die Koalition, an der die Schill-Partei beteiligt war, blieb den Hamburgern allerdings vor allem wegen ihres unrühmlichen Endes in Erinnerung, als Innensenator Schill versuchte, den Ersten Bürgermeister Ole von Beust mit dessen Homosexualität zu erpressen. Die Schill-Partei versank danach in der Bedeutungslosigkeit.

Linke setzt SPD unter Druck

Die Linke ist in Hamburg - für westdeutsche Verhältnisse - traditionell stark. Bei der Wahl vor fünf Jahren kam sie auf 9,1 Prozent. Dieses Ergebnis konnte sie nun nochmal um gut zwei Prozentpunkte steigern. 53 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger sagen, in einer Stadt wie Hamburg mit großen sozialen Unterschieden sei die Linke besonders wichtig.

Die Linke hat sich auch in Hamburg bewusst als Gegenpol zu den anderen Parteien positioniert - sowohl generell mit einem klassisch auf soziale Themen ausgerichteten Profil, als auch bei einzelnen Themen. So fordert sie etwa die Wiedereinführung der Straßenbahn anstelle des Baus neuer U-Bahn-Linien.

An einem Punkt wird deutlich, warum die Linke für die SPD ein Problem ist. Fragt man die Wahlberechtigten, wem sie am ehesten zutrauen, das drängende Wohnungsproblem zu lösen, kommt die Linke inzwischen auf fast denselben Wert wie die SPD - mit stark steigender Tendenz. Beim Thema Soziale Gerechtigkeit sieht es ähnlich aus.

Bild: Umfrage, Bürgerschaftswahl Hamburg 2025, Welcher Partei trauen Sie am ehesten zu, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen? | 2011 [SPD] 56,0 ([Linke] 9,0) | 2015 [SPD] 51,0 ([Linke] 13,0) | 2020 [SPD] 39,0 ([Linke] 20,0) | 2025 [SPD] 31,0 ([Linke] 27,0) | Infratest-dimap. 02.03.2025, 16:34 Uhr

BSW und FDP spielen in Hamburg keine Rolle

Vor allem die Grünen geraten durch den Erfolg der Linken unter Druck, das zeigen der Blick auf die Wählerwanderung und die Altersgruppen. Prozentual am meisten verloren haben die Grünen bei den Wählergruppen unter 35. Und in diesen Gruppen hat die Linke am meisten dazugewonnen. Ein Trend, der sich schon bei der Bundestagswahl deutlich gezeigt hatte

Bei keiner anderen Partei dürfte der Einfluss der Bundespolitik derzeit eine ähnlich große Rolle spielen wie bei der Linken. Das zeigt sich daran, dass ihre Aufholjagd in den Umfragen erst Anfang Februar begann - nach der umstrittenen Abstimmung im Bundestag, bei der die Union in Kauf nahm, nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit zu bekommen.

Der Vollständigkeit halber noch ein Blick auf die kleineren Parteien: Am stärksten schneidet hier die liberal ausgerichtete Partei Volt ab, die auf etwa drei Prozent kommt. FDP und BSW sind in Hamburg derzeit bedeutungslos.

Hinweis zur Auszählung in Hamburg
Wegen des komplizierten Wahlrechts gibt es in Hamburg am Wahlabend nur eine vereinfachte Auszählung - auf diesen Zahlen basiert dieser Text. Die eigentliche Auszählung aller Stimmen beginnt in Hamburg erst am Montag. Die Zahlen können sich deshalb noch etwas ändern.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. März 2025 um 20:00 Uhr.